Der Marsch

durch lokale Interessengebiete

Derzeit kein Vorzeige-Grundstück: Das ehemalige Fahrion-Areal war eine der Stationen, die Bezirksvorsteherin Andrea Klöber und Werner Wölfle auf ihrer Tour ansteuerten. Foto: Friedel Bild 1 von 1: Derzeit kein Vorzeige-Grundstück: Das ehemalige Fahrion-Areal war eine der Stationen, die Bezirksvorsteherin Andrea Klöber und Werner Wölfle auf ihrer Tour ansteuerten. Foto: Friedel

Feuerbach. Bürgermeister Werner Wölfle tritt in die Fußstapfen seines Vorgängers. Sein erster Gang durch die Stadtbezirke führte ihn nach Feuerbach, um sich vor Ort zu informieren.

Werner Wölfle wandelt als Verwaltungsbürgermeister auf Klaus-Peter Murawskis Spuren. Bereits in seiner Wahlrede hatte er verkündet, dass er in seiner neuen Funktion im Rathaus ein besonderes Augenmerk auf die Stadtbezirke legen wolle. Dazu gehören auch die mehrstündigen Fußmärsche, um mit Vertretern vor Ort über aktuelle Projekte und Probleme in den Stadtbezirken zu sprechen. Der ins Staatsministerium gewechselte Murawski hatte als erster grüner Bürgermeister in Stuttgart damit begonnen. Wölfle will an diesem Brauch festhalten.

Seine erste Besichtigungstour führte ihn am Dienstag nach Feuerbach. Auf dem Wilhelm-Geiger-Platz traf er sich mit der Feuerbacher Bezirksvorsteherin Andrea Klöber, den örtlichen Bezirksbeiräten und Vertretern verschiedener Vereine und Initiativen. Vier Orte hatten sie ausgewählt, die sie Wölfle zeigen wollten. Erste Station war das ehemalige Krankenhaus-Areal. Auf dem zirka 20 000 Quadratmeter großen Hanggelände zwischen der Wiener und Stuttgarter Straße entsteht ein neues Quartier. 166 Wohnungen sind dort geplant. Herzstück des Wohngebiets soll die "Mitte der Generationen" mit einer Begegnungsstätte der Samariterstiftung werden. Betreutes und barrierefreies Wohnen ist in 31 Appartements vorgesehen. In dem zentral gelegenen Gebäude werden außerdem eine städtische Kindertagesstätte und Appartements für eine Wohngruppe des Behindertenzentrums Stuttgart sowie weitere Mietwohnungen untergebracht. Die Wohnungen seien voraussichtlich schneller bezugsfertig als vorgesehen, sagte Bezirksvorsteherin Andrea Klöber. Ein wichtiges Detail des so genannten Feuerbacher Balkons hängt allerdings noch in der Luft, nämlich die Frage, wer die Betriebskosten des im Nordteil des Geländes geplanten Aufzugs übernimmt. Der öffentliche Lift soll das Wohngebiet mit der Stadtbahnhaltestelle Föhrich barrierefrei verbinden. Das Siedlungswerk habe signalisiert, es werde die Baukosten übernehmen, allerdings müsse ein Betreiber gefunden werden. "Ich nehme von hier mit, dass es ein dringender Wunsch des Stadtbezirks ist, dass man eine Lösung findet", sagte Werner Wölfle. Trotz der Verdichtung sei das neue Wohnquartier aus seiner Sicht ein Gewinn. Nächster Halt war vor dem Leibniz-Gymnasium. Dort ging es unter anderem um die Pläne, die beiden Feuerbacher Gymnasien zu einem Schulzentrum zusammenzuführen. Es gebe bereits vielfältige Kooperationen beider Schulen, besonders bei den Fremdsprachen: "Wir haben zum Beispiel einen gemeinsamen bilingualen Zug eingerichtet", sagte Otto Fischer, Schulleiter des Leibniz-Gymnasiums, die eine noch weitergehende Zusammenarbeit der Feuerbacher Gymnasien und die damit verbundenen räumlichen Veränderungen zum Ziel habe. Wichtig sei aber bei künftigen Planungen auch, den Raumbedarf der nahe gelegenen Bismarckschule im Auge zu behalten. "Trotzdem ist das Thema Schulcampus ein heißes Eisen", betonte Direktor Fischer. "Denn mit etwa 1200 Schülern wären wir in Zukunft das größte Gymnasium in ganz Stuttgart." Dennoch wäre der Standort nach Ansicht von Wölfle ideal für ein Schulzentrum geeignet, vor allem weil die Bildungseinrichtungen so nah beieinander liegen.

Danach ging"s weiter zum ehemaligen Fahrion-Areal an der Steiermärker Straße. Dort würde die Stadt gerne eine Schulsporthalle bauen. Sie bräuchte dafür einen Teil der Fläche, doch die Grundstücksverhandlungen mit dem Eigentümer gestalten sich sehr schwierig. Die Vorstellungen darüber, was die Fläche kosten soll, gehen auseinander. "Der Preis ist noch nicht gefallen", sagte Wölfle. Letzte Station der Besichtigungstour war das Hallenbad Feuerbach. Die Schwimmhalle habe Charme, man sollte sie so erhalten, dass sie nicht zerfällt. Die Stadt würde sich freilich "finanziell verlupfen", sagte Wölfle, wollte man aus dem 50 Jahre alten Gebäude ein modernes städtisches Bad machen.

CDU-Bezirksbeiratssprecher Martin Wöhr konterte: "Ich bin von ihrem Statement nicht überzeugt." Er werde weiterhin dafür streiten, dass dieses Kleinod mit den HAP-Grieshaber-Scheiben grundlegend saniert werde. Auch über die künftige Nutzung des Schoch-Areals gingen die Meinungen in der Abschluss-Besprechung im Rathaus auseinander. Bei der Beseitigung der Altlasten sei die Stadt in der Pflicht, sagte Wölfle. Reiner Götz von den Feuerbacher Grünen befürchtet, dass die rund acht Millionen Euro, die es koste, das Gelände von Altlasten zu befreien, dazu führe, dass ein großer finanzieller Druck bei der Vermarktung der Fläche entstehe.

"Wenn lediglich die Verwertungskosten der Fläche in den Vordergrund gestellt werden würden, wäre eine städtebauliche Chance vertan", meinte Wölfle. Aus seiner Sicht sollte man an dieser Stelle den architektonischen Charme von Alt und Neu nicht aus den Augen verlieren. Er sei "kein Freund der vereinigten Hüttenwerke. Man könnte dort auch etwas interessantes Neues hinstellen", sagte der Feuerbacher CDU-Bezirksbeirat Hansjörg Mackh und plädierte für den Abriss der Schoch-Gebäude. Für Wölfle hat der Stadtbezirksrundgang aber vor allem eines gezeigt: "Feuerbach hat unheimlich viel Potenzial in der Innenentwicklung." Auch wenn die Kommunalpolitiker vor Ort "dicke Bretter" zu bohren hätten, sei es sehr wichtig "dranzubleiben und sich nicht entmutigen zu lassen".


Von Georg Friedel
Mit frdl. Genehmigung der Nord-Rundschau
Veröffentlicht am 10.10.2011