Tiefbunker Feuerbach:

Spuren des Kalten Krieges

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Feuerbach - Über den Vorplatz beim Feuerbacher Bahnhof hasten täglich tausende Menschen. Viele Pendler sind darunter auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstelle. Sie ahnen nicht, über was sie hinweg laufen.

Denn wenige Meter unter ihren Füßen befindet sich der Feuerbacher Tiefbunker. Rund 1000 Personen könnten in dem Luftschutzraum im Ernstfall untergebracht werden.

Hinter einer dicken Eisentür an der Zufahrtsstraße zur einstigen Firma Schoch am Wiener Platz führt eine Treppe in diese Unterwelt. Der Schutzraum wurde ab 1940 in Feuerbach gebaut und von 1971 bis 1974 komplett renoviert: „Es war der erste Bunker, der für den Kalten Krieg umgerüstet wurde“, sagt Rolf Zielfleisch. Niemand kennt sich in diesem Untergrund besser aus als der Vorsitzende des Vereins Schutzbauten Stuttgart. 

Einblicke in die Feuerbacher Unterwelt
Nun öffnet er zum ersten Mal für die Lange Nacht der Museen den Tiefbunker beim Bahnhof. „Eigentlich wollten wir uns an der Feuerbacher Kulturnacht beteiligen, aber dann wurde diese wegen der Terminüberschneidung mit der Stuttgarter Museennacht vom 17. März auf den 21. April verlegt“, sagt Zielfleisch. Doch alles war für den 17. März vorbereitet, eine Band war bereits gebucht, also hielt der Verein am Termin fest.

Deshalb bekommen nun die Besucher der Langen Nacht der Museen die Gelegenheit, in die Unterwelt hinabzusteigen und den Bunker aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Während die tristen Gänge und die aneinander gereihten Ruhezellen sonst eher an die Kulisse eines surrealen Katastrophenfilmes erinnern, wird es am Samstag in einer Woche wohl eher bunt im Bunker zugehen. „Wir haben über ein Jahr ganz verschiedene Exponate aus der Wirtschaftswunder-Zeit zusammengetragen“, berichtet Rolf Zielfleisch.

Wer die Bunker-Treppen hinabsteigt und durch die dicke Stahltür tritt, blickt in eine Vitrine. Hinter der Scheibe befindet sich in einer kleinen Nische eine Lambretta. Daneben steht eine Schaufensterpuppe, die im Stil der 1950er Jahre mit rot gepunktetem Kleid ausstaffiert wurde. „Kalter Krieg und Petticoat“ heißt passend dazu die Ausstellung. Vor dem NSU-Motorroller liegt ein aufgeklappter Picknick-Koffer mit buntem Plastikgeschirr und ein Italienreiseführer.

Auf dem Nierentisch steht eine Schale Fischli
Die Deutschen entdeckten damals den Gardasee als Sommerdomizil. Es wird das gezeigt, was das Leben in den 1950er Jahren bestimmte. Auf dem Nierentischchen stehen eine Schale Fischli und Salzstängel, in der Küche halten Elektrogeräte wie der Starmix Einzug. „Wohlstand für alle“ heißt das Motto. Ludwig Erhard ist auf einem Foto mit dicker Zigarre und seinem gleichnamigen Buch in der Hand zu sehen. Werbefilme und Polizeiuniformen aus den 50er Jahren werden gezeigt und natürlich ein Fußball-Nationaltrikot von 1954. Das Wunder von Bern ist als Live-Mitschnitt der legendären Fußballreportage zu hören: „Wir sind wieder wer.“

Wer Lust hat, darf einen Blick durchs Schlüsselloch wagen. Seidenstrümpfe, Büstenhalter und Aufklärungsbücher von Beate Uhse sind im Schlafzimmer der 50er Jahre zu sehen, genauso wie ein Jesus-Bild: „Das war die Doppelmoral“, sagt Zielfleisch. Einen Fernseher von damals haben die Ausstellungsmacher auch ausgegraben. Außerdem sind Werbefilme zu sehen, und die „Roadrunners“ spielen Rockabilly bei der langen Nacht im Feuerbacher Tiefbunker. Zu den „Oldies but Goldies“ wird Toast Hawaii und Kartoffelsuppe gereicht.

 

Von Georg Friedel
Mit frdl. Genehmigung der Nord-Rundschau

Veröffentlicht am 07.03.2012