Herrin der Bienen: Emmi Laich

Die Imkerei ist nicht nur für den Honig gut. Aus unserer neuen Reihe „Regionale Schätze“

Emmi Laich mit ihrem Honig. Alle Fotos: Susanne Müller-Baji Bild 1 von 5: Emmi Laich mit ihrem Honig. Alle Fotos: Susanne Müller-Baji

Imkerschleier? Fehlanzeige! Ein wenig Rauch und behutsamen Bewegungen reichen Emmi Laich: „Wenn ich bei den Bienen bin, dann bin ich richtig bei den Bienen“, sagt sie gewinnend.

Die Imkerin ist Herrin über einen  Garten im Gewann Walpenreute mit mehreren Bienenstöcken und über drei weitere Standorte ihrer Bienenvölker – insgesamt derzeit um die 640 000 emsige Mitarbeiterinnen. Und die haben in den vergangenen, schwül-warmen Tagen gute Arbeit geleistet und zahlreiche Waben mit Honig gefüllt.

Schon die Beschäftigung mit dem goldfarbenen Naturprodukt ist fast eine Wissenschaft für sich: Der cremig gerührte Wiesenhonig ist eine echte Wohlfühlleckerei, neutral, weich, süß. Anders der frische Lindenblüten- und Akazienhonig, der auf der Zunge ein wahres Geschmacksfeuerwerk entfacht: Eine gerade noch zu erahnende Säure, ein feines Blütenaroma und ein überraschender Abgang. Und schließlich der schwere Waldhonig, mit seinem Geschmack nach Karamell und Malz.

Was sollte man beim Einkauf beachten? Honig ist ein echtes Naturprodukt, sagt Emmi Laich “und man kann den Bienen ja kaum vorschreiben, wo sie hinfliegen sollen”: Mindestens 50 Prozent müsse aber der Anteil der auf dem Etikett angegebenen Sorte sein, der Wasseranteil darf in den meisten Fällen 18 Prozent nicht überschreiten. Schwierig sei, dass beim Massenprodukt Honig oft nicht ausreichend gekennzeichnet wird, wo das Produkt genau herkommt. Was ist mit Bio-Honig? Manche Imker führten das Bio-Siegel, manche, die fast genau so Honig gewännen, dagegen nicht. Emmi Laich empfiehlt, den “Imker seines Vertrauens” zu finden und am besten vor Ort zu kaufen.

Die Beschäftigung mit Bienen hat für sie eine lange Geschichte: Schon auf dem elterlichen Hof im heimischen Südtirol hatte sie die Völker ihres früh verstorbenen Onkels übernommen. Im Ländle erwachte das Interesse für die Imkerei dann erneut – mit der Übernahme des Stückles im Gewann Walpenreute: “Eigentlich war mein Mann dran schuld: Als wir das Stückle besichtigt haben, sagte er: Da würden auch gut ein paar Bienen herpassen.” Emmi Laich hat sich das nicht zweimal sagen lassen. Ihr Wissen vermittelt die Imkerin gerne weiter: Besuchergruppen und Schulklassen sind bei ihr und in den Gärten den Bienenzüchtervereins Stuttgart (Link legen: www.imkervereinstuttgart.de) willkommen.

2008 hatte ein Bienensterben in einigen Teilen Deutschlands für einen Aufschrei gesorgt. Tatsächlich geht die Bedeutung der Bienen weit über die bloße Honigerstellung hinaus: “Über 80 Prozent unserer Landwirtschaft hängen von der Bestäubung durch die Bienen ab”, sagt Emmi Laich. Denn ohne Bestäubung gibt es auch keinen Ertrag: kein Obst, kein Gemüse und auch keine Futterpflanzen. Unsere gesamte Kulturlandschaft würde sich ohne die Biene grundlegend verändern. Deshalb gibt es seither auch einen Runden Tisch von Landwirten und Imkern, der auch dafür sorgen soll, dass die Bienenvölker keinen Schaden durch den Einsatz von Pestiziten nehmen.

Bienen sind übrigens ein wirklich erstaunliches Völkchen: Im Laufe ihres nur 50 bis 60 Tage dauernden Lebens übernehmen die Insekten unterschiedliche Funktionen: Jungbienen halten den Stock sauber, pflegen die Brut, schwitzen das Wachs für die Waben aus und verbauen es. Später bewachen Sie den Stock, bis sie als Flugbienen dann Wasser, Blütenstaub und Nektar herbeischaffen oder den Stock verteidigen. Je nachdem, wo gerade Not an der Biene ist, können diese Aufgaben auch wechseln: Ist es sehr heiß, müssen zum Beispiel mehr Arbeiterinnen Wasser transportieren. “Und alte Bienen können dann wieder verstärkt im Stock, in der Pflege eingesetzt werden”, weiß die Imkerin. Die Drohnen hingegen sind nur für die Fortpflanzung der Königin wichtig und spielen ansonsten so gut wie keine Rolle.

Die Imkerei erfahre mittlerweile wieder verstärkt Interesse, erzählt Emmi Laich. Der Bienenzüchterverband habe im vergangenen Jahr Kurse für Jungimker angeboten und der Zuspruch sei erfreulich groß gewesen. So engagiert, wie Emmi Laich ist, versteht es sich fast von selbst, dass sie selbst auch einer Anzahl von Neulingen mit Rat und Tat zur Seite steht. Sie wirft einen prüfenden Blick in den Stock: Wo ist bei all dem eigentlich die Königin ge-blieben? Dann Aufatmen: Alle sind an Ort und Stelle - die Königin trägt hier nicht Krone, sondern einen weißen Punkt. Die Farbe der Markierung wechselt alle jedes Jahr, damit die Imker wissen, wie alt die Königin ist.

Wie oft wird Emmi Laich gestochen? “Es kommt vor, aber nicht so oft, wie man annehmen würde.” Daheim in Südtirol habe sie mit der Art der “Italienischen Biene” zu tun gehabt, erzählt sie: “Die sind ein ganz anderes Kaliber, angriffslustiger, da geht nichts ohne Schleier”. Sie sei verblüfft gewesen, als sie die hiesigen Bienenarten kennen gelernt hat: Ruhig, kaum aus der Ruhe zu bringen. Und genauso fleißig wie im Sprichwort, wie der  wunderbare Honig der Imkerin belegt.


Von Susanne Müller-Baji


Wissenswertes rund um den Honig:

  • Der Name “Honig” stammt aus dem Indogermanischen, wo er als Farbbezeichnung für einen “goldfarbenen” Ton auftaucht.
  • Höhlenmalereien belegen, dass schon die Steinzeitmenschen Honig als Nahrungsmittel kannten. Er wurde außerdem bei der Bärenjagd als Köder eingesetzt. 
  • Hausbienen wurden vermutlich seit 7000 vor Christus in Anatolien gehalten. Viertausend Jahre später galt Honig den alten Ägyptern als Quell der Unsterblichkeit: Er wurde auch den Pharaonen als Grabbeigabe mitgegeben. Hippokrates (um 460 bis 370 vor Christus) lehrte, daß Honigsalben Fieber senken und Honigwasser die Leistung der Olympia-Sportler steigere. Auch der Koran erwähnt die Heilwirkung des Honigs.
  • Nur 20 Prozent des in Deutschland verbrauchten Honigs stammt aus heimischer Erzeugung. Während billiger Honig heute vielfach aus Asien oder Südamerika importiert wird, sind die Bienen von unschätzbarem Wert für die heimische Landwirtschaft: Schätzungen besagen, dass 80 bis 90 Prozent des Ernteertrags auf die Bestäubung durch Honigbienen zurückgehen.
Veröffentlicht am 07.08.2012