Die Wolfskehlen sind los...

In Feuerbach wird die Fasnet schwäbisch-alemannisch und mit viel Rumms gefeiert

Die Wolfskehlen. Fotos: Susanne Müller-Baji Bild 1 von 5: Die Wolfskehlen. Fotos: Susanne Müller-Baji

Hauer, schwere Schellengurte und Stäbe mit allerlei Fellschwänzen zum „Necken“ der Passanten: Wenn die Wolfskehlen (und die Schaffles und die Waschweiber und die Gassafeger und die First Guggenband) auf den Plan treten, liegt Schabernack in der Luft!

Die Woflskehlen sind die erste von mehreren Gruppen der Narrenzunft Feuerbach. Ersonnen hat sie Zunftmeister Moritz Paysan, und ihm liegen Masken im Blut: Sein Vater, der unlängst verstorbene Klaus Paysan, hatte eine viel beachtete Sammlung afrikanischer Masken und Artefakte zusammengetragen. Und er selbst kommt in seiner Arbeit als Restaurator mit den wertvollen Kultgegenständen aus vergangenen Tagen in Berührung. Klar, dass sein Herz da der alemannischen Fasnet mit ihren Hexen- und Geisterhäs gehört.

Schon früh hatte er begonnen, eigene Varianten zu ersinnen, 1992 riefen er, seine Frau Jutta Sailer-Paysan und zwei weitere Mitstreiter die Feuerbacher Wolfkehlen ins Leben. Seit 1998 ist die Feuerbacher Narrenzunft eingetragener Verein, hat heute rund 60 Mitglieder und verzeichnet stetig Zuwachs, wie Paysan erklärt. Ob bei der Narrenmesse in St. Josef oder beim Straßendapp – Fasnet ohne die Hästräger ist heute nicht mehr vorstellbar.

Paysan selbst tritt dabei als die Symbolfigur „Bock“ auf, unverkennbar mit dem Sprungstab, mit dem er wahre Bockssprünge unternimmt. Seine Häs spielt auf eine alte Feuerbacher Tradition an: Im Flecken gab es zwischen 1839 und ca. 1920 Faschingsumzüge, bei denen man ein von einem Ziegenbock gezogenes Wägelchen mitführte. Andererseits sei es in mittelalterlichen Fasnetumzügen und sogar bei den katholischen Fronleichnamsprozessionen üblich gewesen, das Teufelsdarstellungen mitgelaufen seien, berichtet er. Die Parallelen – Hörner, Hufe, Fell – liegen auf der Hand. Die Häs mit ihren echten Bockshörnen ist Kameruner Stülpmasken nachempfunden, hier zeigt sich der Einfluss der väterlichen Maskensammlung, ebenso in den Rasseln aus Kameruner Lianenfrüchten.

Das Rudel, die Wolfskehlen, gehören der Brauchtumsgruppe des „Wilden Mannes“ an. Also zu den Häs, die bei den Umzügen Richtig Stimmung machen. Ihre Masken haben einige immer wiederkehrende Merkmale, wie die geschnitzten Hauer, anderes – wie Bart oder Augenbrauen – ist individuell gestaltet. Viele der Masken stammen übrigens aus Moritz Paysans eigener Werkstatt. Das Häs wird durch eine Filz-Gewandung in gedämpftem Rot-Gelb vervollständigt, das Bezug auf die farblich wechselnde Mergelschichten am Feuerbacher „Horn“ nimmt.
Eine eigenständige Häs-Gruppe ist die des Schaffle, die sich auf einen in Eugen Geigers Buch „Was in Feuerbach die Amseln pfeifen“ beschriebenen Gelegenheitsarbeiter und Lebenskünstler bezieht, der im Feuerbach des 19. Jahrhunderts lebte. Von ihm sind manche Streiche und „Lebensweisheiten“ überliefert, die der bärenstarke und stets weinselige Schaffle von sich gegeben haben soll, weshalb er in der Feuerbacher Fasnet mit knitzem Grinsen und roter Knollennase dargestellt wird. Typisch Feuerbach sind auch seine bemalten Beinkleider, die den Wengerter und den Steinbrecher, sowie die beiden Symboltiere Biber und Talkrabb zeigen.
Die  Motive von Weinranken umrahmt, „schließlich trank der Schaffle lieber Wein als Hustensaft“, wie es auf dem Internetauftritt der Feuerbacher Narren (Link) heißt. Außerdem trägt der Schaffle einen Wurstzipfel am Stecken.

Eine reine Frauengruppe ist die Gilde der Waschweiber, mit ihren weißen Hauben, Waschbrettern und Eimern. Sie sind eventuell ein Verweis auf die Geschichte des benachbarten Botnangs, das lange als Wäscherdorf bekannt war: Hier ließen über die Jahrhunderte hinweg wohlhabende Stuttgarter Familien ihre Wäsche machen.  Schließlich sind auch noch zwei weiterer Gruppen erwähnenswert: Der Narrensamen, also der närrische Nachwuchs und die vereinseigene Trommlergruppe Gassafeger, die hauptsächlich beim Kneipendapp zum Einsatz kommt.

Bleibt noch die First Guggen Band Stuttgart zu erwähnen, die entgegen des allgemeinen Namens ebenfalls ein echtes Feuerbacher Gewächs ist. Sie hört man schon, lange bevor man sie und ihre grün-schwarze Aufmachung kommen sieht: Schön laut, schön schräg und mit wuchtigem Wummern sorgt sie für den Geräuschteppich, aus dem die Feuerbacher Fasnet ist.


Von Susanne Müller-Baji
Veröffentlicht am 08.02.2013