Glanzstücke von gestern und Erbstücke von morgen

Neue Ausstellung in der Feuerbacher Stadtteilbibliothek erzählt von 30 Jahren Kreativkursen im Burgenlandzentrum

Ruth Walter-Santura, li., und Sybille Fricker. Fotos: Susanne Müller-Baji Bild 1 von 1: Ruth Walter-Santura, li., und Sybille Fricker. Fotos: Susanne Müller-Baji

Das Burgenlandzentrum steht für Bücherei, Galerie, Pflegeheim, Kirche und für vieles mehr. Weniger bekannt ist aber, dass es hier auch eine Reihe von Kreativkursen gibt.

Jetzt stellt die Ausstellung “30 Jahre Burgenlandzentrum” in der Stadtteilbibliothek die kunstfertigen Ergebnisse vor, weist aber auch darauf hin, dass mit der Umgestaltung der Lutherkirche zur Behinderteneinrichtung die Zukunft dieser Angebote wieder offen ist. Dreh- und Angelpunkt der Ausstellung ist die Feuerbächerin Sybille Fricker: Sie unterrichtet nicht nur seit langem Porzellan- und Aquarellmalerei vor Ort, das Burgenlandzentrum ist auch Teil ihrer Familiengeschichte: “Das hier war der großmütterliche Garten”, sagt sie mit Blick aus dem Fenster des Bücherei-Saals: “Und das dort war das Grundstück meiner Schwiegereltern.” Doch wie es oft – die Grundstücke waren im Alter nicht mehr zu bewirtschaften und wurden zugunsten des Bauprojektes aufgegeben. Was wegen der damit verbundenen Erinnerungen vor allem den Kindern und Enkeln sehr schwer gefallen sei. Hinzu kam: Das Burgenlandzentrum war bei seiner Fertigstellung 1983 bei weitem nicht unumstritten.

Allerdings erwies es sich über die Jahrzehnte als echter Mittelpunkt im Stadtbezirk. Und im so genannten “kreativen U” siedelten sich bald die Kreativangebote an, die ihre Schaffensvielfalt nun einen Stock höher, in der Bücherei, präsentieren: Die Schnitzgruppe des Seniorendienstes Stuttgart zeigt ihre Holzarbeiten – von der asiatischen Maske bis zur abstrahierten Weihnachtskrippe. Zur Vernissage waren überdies Beispiele aus der Polsterwerkstatt zu sehen – Erbstücke von gestern, die mit ihren neuen Bezügen in neuem Glanz erstrahlen.

Erbstücke von gestern erstrahlen mit neuen Bezügen in neuem Glanz - dank der Polsterwerkstatt im Burgenlandzentrum. Fotos: Susanne Müller-BajiDazu kommen die Arbeiten aus den beiden Kursen von Sybille Fricker: Elf Jahre lang hat sie Aquarellmalerei im Burgenlandzentrum unterrichtet und immer neue Herausforderungen für “ihre” Maler gefunden –  wie jetzt zu sehen ist: Mal traf man sich zum Malen im Affenhaus der Wilhelma, mal waren es Papiertragetaschen, die zu Höchstleistungen inspirierten: “Weg von den gängigen Landschaften und Blumenstillleben”, lautete die Devise. Die Kursteilnehmer hatten sich ursprünglich der konventionellen Ölmalerei verschrieben gehabt, da wurde das oft experimentelle Arbeiten mit der Dozentin zum spannenden Kunst-Abenteuer. Mittlerweile geht man künstlerisch zwar getrennte Wege, doch die gewachsenen Freundschaften pflegt man weiterhin. 

Bereits seit 27 Jahren unterrichtet Sybille Fricker überdies Porzellanmalerei – eine Technik mit ganz eigenen Gesetzen: Die Farben müssen sehr gleichmäßig aufgetragen werden und verändern sich zudem während des Brennens. “Viele der Teilnehmer hatten zuvor auch keine künstlerische Ausbildung”, erzählt die Dozentin. Beim Rundgang ist nichts davon zu bemerken: Fische tummeln sich gekonnt, für die Enkel sind Kinderteller entstanden und wer “sein” Motiv erst gefunden hat, hat sich über die Jahre oft ein ganzes Service selbst gestaltet. 

Gemeinsam ist man älter geworden – die Begeisterung für das kreative Gestalten ist geblieben und vielleicht fast noch stärker geworden. Das ist auch etwas, was Büchereileiterin Ruth Walter-Santura beobachtet hat, die über die Jahre die Ergebnisse immer wieder ausgestellt hat: Die Kurse und Angebote seien für Senioren mehr als ein Hobby, sie sind ein Lebensinhalt, erzählt sie. Allerdings blickten die Kreativangebote nun in eine ungewisse Zukunft: Mit der Aufgabe der Lutherkirche im Burgenlandzentrum und ihrer Umgestaltung in eine Behinderteneinrichtung, ist unklar, ob den Gruppen die Kursräume weiterhin zur Verfügung stehen. Sybille Fricker und Ruth Walter-Santura hoffen es – schon im Hinblick auf eine möglichst große Angebotsvielfalt im Burgenlandzentrum.

Info: Die Ausstellung zu “30 Jahre Burgenlandzentrum” ist bis 31. Oktober in der Stadtteilbibliothek Feuerbach, Sankt-Pöltener-Straße 29, zu sehen. Geöffnet ist dienstags, donnerstags und samstags von 10 bis 13 Uhr, dienstags und freitags von 14 bis 19 Uhr und mittwochs und donnerstags von 14 bis 18 Uhr. Hier kann man auch Näheres zum Porzellanmalkurs erfragen; ein Einstieg ist wieder ab Mitte Januar möglich. Informationen zur Schnitz- und Polsterwerkstatt des Seniorendienstes gibt es unter Telefon 85 66 018.


Von Susanne Müller-Baji
Veröffentlicht am 02.10.2013