Endzeitstimmung im Sozialkaufhaus

„Komitee Komplett“ führt „Push Up 1-3“ auf. Weitere Vorstellungen an den Novemberwochenenden

Fotos: Susanne Müller-Baji Bild 1 von 2: Fotos: Susanne Müller-Baji

Das Ensemble „Komitee Komplett“ inszeniert im Fairkauf „Push Up 1-3“ von Roland Schimmelpfennig, drei düstere Episoden um die Kampfzone Arbeitsplatz und um verpasste Chancen – Vorstellungen sind an allen Novemberwochenenden geplant.

Charon und Gefährtin tragen Regenmantel und Gummistiefel – und den düsteren Blick derer, denen kein menschlicher Abgrund fremd ist: Das Ende ist gekommen; zumindest wenn es nach der neuen Produktion “Push Up 1-3” des Feuerbacher Ensembles “Komitee Komplett” geht. Darin erwarten die Bühnencharaktere gleich zwei unangenehme Überraschungen: Sie finden sich unversehens auf der Fähre hinüber ins Totenreich wieder – und sie werden dabei überdies mit dem großen Konflikt ihres Lebens konfrontiert.

Der Trockennebel wabert und eine Art Laufsteg markiert als abstrakte Fähre den Weg über den Hades: Denkbar düster geht es in “Push Up 1-3” zu, wenn auch deutlich dialog-lastiger als im letztjährigen Stück “Hauptsache Arbeit” von Sibylle Berg. Doch auch hier führt letztendlich der Arbeitsplatz die Akteure in den Abgrund – dieses Mal nicht als übermächtige Maschinerie, sondern als Ausgangsort für drei Begegnungen mit gewaltigem Sprengpotential. “Die meisten Menschen führen ein Leben in stiller Verzweiflung”, zitiert die Einladung dazu den amerikanischen Schriftsteller und Philosophen Henry David Thoreau (1817 - 1862), von dem auch der stimmige Satz stammt: “Die Wege, auf denen man Geld gewinnen kann, führen fast ausnahmslos abwärts”.

Und abwärts geht es für alle drei Paarungen: Da sind zum Beispiel “Sabine” (Ricarda Hessel) und “Angelika” (Heike Ullrich-Bonilla Torres): Beide sind Spitzenkräfte ihres Fachs und sich dabei so ähnlich, dass sie im Grunde beste Freundinnen sein müssten. Gäbe es nicht “den Kramer” – Chef der einen und Ehemann der anderen. Es liegt Eifersucht in der Luft, gekränkte Eitelkeit, das Streben nach der ganz großen Karriere – und im Grunde gewinnt keine.

Der Wert der Arbeit zieht sich dabei durch alle Episoden, gerade so wie die verpasste Chance, mit dem Gegenüber und vor allem mit sich selbst Frieden zu schließen: Denn in jedem Dialog gibt es den Punkt, an dem eine Hand zur Versöhnung ausgestreckt und ausgeschlagen wird. Aus den potentiellen Freundinnen, dem zukünftigen Brautpaar, den guten Kollegen werden erbitterte Feinde – buchstäblich bis in den Tod. Gerade wie in der griechischen Tragödie, bei der es ebenfalls kein Entrinnen gibt. Oder doch? Letztendlich bleibt unklar, ob nach dem Aussteigen das Totenreich oder vielleicht doch noch eine zweite Chance wartet.

Seit März haben die Laien-Mitglieder von “Komitee Komplett” unter der Leitung von Regisseur Markus Klemenz die anspruchsvollen Episoden erarbeitet. Das Ergebnis ist insgesamt nicht ganz so stark wie seine Vorgänger, reiht sich aber immer noch elegant in die Reihe ein – darunter Urs Widmers “Topdogs” etwa oder Ingrid Lausunds “Hysterikon”: Allesamt Stücke, die zum Nachdenken über den Stellenwert von Arbeit und Konsum einladen – und gerade auch deshalb so passend für den Aufführungsort Sozialkaufhaus sind.

Info: „Push Up 1-3” wird an allen Novemberwochenenden im Feuerbacher Fairkauf, Steiermärkerstraße 53, aufgeführt: Die Vorstellungen beginnen samstags um 20 Uhr und sonntags um 18 Uhr. Eintrittskarten können bei www.komitee-komplett.de (link legen) reserviert werden oder unter Telefon 0177/51 04 696 (ab 19 Uhr).


Susanne Müller-Baji
Veröffentlicht am 03.11.2014