Gegenseitige Bereicherung

Beim bhz Stuttgart arbeiten mittlerweile vier Flüchtlinge in „Ein Euro-Jobs“

Zwei der Flüchtlinge. Foto: bhz Bild 1 von 1: Zwei der Flüchtlinge. Foto: bhz

Unabhängig von ihrem Status dürfen Flüchtlinge gemeinnützige Ein-Euro-Jobs annehmen und maximal 20 Stunden in der Woche arbeiten. Das bhz Stuttgart ist dem Aufruf des Stuttgarter Sozialamts gefolgt.

Die Beschäftigung von vier Flüchtlingen in verschiedenen Einrichtungen des diakonischen Trägers der Behindertenhilfe erweist sich als Gewinn für beide Seiten.

Im „Diesel 28“, dem Kreativatelier des bhz in Feuerbach, wird gesägt, gehämmert, gemalt und gehobelt. Tische richten, beim Sägen und Schleifen helfen, die Beschäftigten in ihrer Arbeit unterstützen: Das ist die Aufgabe von Ramin aus dem Iran. Gleich gegenüber, im ebenfalls vom bhz betriebenen Feuerbacher Tafelladen, werden Salatköpfe, Erdbeeren und Bananen ausgepackt, verdorbene Ware ausgesondert und der Rest in Verkaufskisten sortiert. Mit Eifer dabei: Constantz aus Kamerun. Der einzige Unterschied zwischen den beiden und den anderen Mitarbeitenden und ehrenamtlichen Helfern ist: Sie sprechen noch nicht besonders gut Deutsch, verständigen sich noch überwiegend mit Händen und Füßen, denn sie sind erst seit Herbst vergangenen Jahres in Deutschland.

Beide leben in der benachbarten Flüchtlingsunterkunft Borsigstraße. Sie seien froh, in Frieden und Freiheit zu sein, erklären beide, aber dennoch sei der Tag ohne Arbeit eintönig, das Zusammenleben vieler Menschen auf relativ engem Raum bisweilen anstrengend. Deshalb haben sie sich gleich gemeldet, als die Sozialarbeiterin in der Unterkunft fragte, wer beim bhz in der Nachbarschaft arbeiten wolle. Nach einer Kennenlernphase, während der beide Seiten feststellten, dass diese Zusammenarbeit passt, sind sie im „Diesel 28“ beziehungsweise Tafelladen beschäftigt und erhalten vom Sozialamt 1,05 Euro pro Arbeitsstunde ausbezahlt.

Die Arbeit beim bhz sehen die beiden sehr positiv, denn sie helfe, den Kopf zu sortieren. Abends seien sie jetzt zwar müde, vor allem aber zufrieden, weshalb sie nachts besser schlafen könnten. Und sie haben auch schon einiges gelernt: Zum Beispiel, wie man einen Stuhl baut, oder wie die deutschen Sitten und Essgewohnheiten sind. Das Wichtigste aber für sie: Deutsch lernen. Und da erfordert das gemeinsame Arbeiten, sich verständlich zu machen und sich somit auch die Sprache schneller anzueignen.Ihre Erfahrungen haben Ramin und Constantz bereits auch gewinnbringend in der Flüchtlingsunterkunft einbringen können: Einige Gemeinschaftsräume sind nun nicht mehr kahl, sondern mit bunten Bildern und den bemalten Schindeln aus dem Kreativatelier geschmückt, und neulich haben alle Bewohner dort gemeinsam gekocht und gefeiert – unter Beteiligung der Nachbarschaft.Zwischen den beiden Flüchtlingen und den Menschen mit Behinderung, die sie in ihrer Arbeit unterstützen, herrscht mehr als nur gegenseitiger Respekt: „Das sind gute Leute“, sagt Constantz über die bhz-Beschäftigten. Und Ramin empfindet die gegenseitige Aufmerksamkeit und den offenen Umgang miteinander wie Frieden.

Am Anfang habe es schon eine gewisse Skepsis gegeben, besonders wegen der Sprachbarriere und möglicher Konflikte aufgrund der unterschiedlichen kulturellen Prägungen, berichtet Michael Hermsdorf, Gruppenleiter in der Feuerbacher Tafel. Die Bedenken haben sich jedoch nicht bewahrheitet, im Gegenteil: Das seien „super Mitarbeiter, wir sind dankbar, dass sie hier sind“. Und Jürgen Krist, Gruppenleiter im „Diesel 28“ ergänzt: „Es geht ihnen nicht um das Geld, sondern die sozialen Kontakte. Dieses Engagement ist spürbar und kommt an.“ Deshalb habe ihre Arbeit nicht nur positive Auswirkungen auf die Stimmung in der Flüchtlingsunterkunft, sondern auch auf die Arbeitsatmosphäre beim bhz.

Insgesamt vier Stellen hat das bhz beim Sozialamt beantragt, genehmigt bekommen und besetzt. Neben der Dieselstraße und dem Tafelladen kommen Flüchtlinge auch beim Familienentlastenden Service, dem FELS, zum Einsatz. „Sind die Stellen genehmigt, müssen sich die Träger selbst auf die Suche machen“, erklärt Leonie Seidel, beim bhz für Sozialwirtschaft und den Einsatz der Flüchtlinge verantwortlich. „Wir haben uns überlegt, welche Aufgaben wir Flüchtlingen geben können und uns dann gezielt auf die Suche gemacht. Es muss von beiden Seiten passen“, betont sie, dann entstehe für alle Beteiligten eine win-win Situation: „Einer von ihnen, der beim FELS arbeitet, hat am 1. Juni das freiwillige Soziale Jahr beim bhz begonnen“, berichtet Seidel.Auch Ramin und Constantz hoffen, dass ihnen der Job beim bhz weiterhilft, ihre beruflichen Ziele zu verwirklichen. Ramin, der im Iran schon den Bachelorabschluss in IT- Wissenschaften erworben hat, will ein Masterstudium draufsatteln, und Constantz, in seiner Heimat in der Autozulieferung tätig, hat sich zum Ziel gesetzt, Altenpfleger zu werden.
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Veröffentlicht am 14.06.2016