Rund um die Uhr:

Drei Generationen sind mit der Zeit gegangen

KLaus Kohler ist stolz auf die mechanische Pendeluhr, ein Erbstück seines Großvaters Gottfried Kohler. Foto: Leonie Hemminger Bild 1 von 1: KLaus Kohler ist stolz auf die mechanische Pendeluhr, ein Erbstück seines Großvaters Gottfried Kohler. Foto: Leonie Hemminger

Sie tickt noch ganz richtig. Die mechanische Pendeluhr, die der Feuerbacher Uhrmacher Gottfried Kohler vor mehr als 100 Jahren als Meisterstück angefertigt hatte, zeigt auch heute noch die korrekte Uhrzeit an.

"Sie ist ein sehr robustes Werk. Im Monat hat sie eine Abweichung von fünf bis sechs Sekunden", sagt Klaus Kohler, der Enkel des Firmengründers von "Juwelier Kohler". Sichtbar stolz erklärt er die Mechanik des alten Stücks, zeigt Pendel, Gewicht und die verschiedenen Ziffernblätter für Stunden, Minuten und Sekunden. Es ist die einzige Uhr, die in dem Drei-Generationen-Betrieb je selbst angefertigt wurde.

In diesem Jahr feiern Klaus und seine Frau Renate Kohler das 100-jährige Bestehen des Familienbetriebs. Schon als kleiner Junge schaute der Uhrmachermeister Klaus Kohler seinem Großvater und dem Vater in der Feuerbacher Werkstatt über die Schultern. Heute beugt er sich selbst über Ankerzapfen, Feder und Unruhe, wie Teile eines Uhrsystems genannt werden. Vor nunmehr 30 Jahren übernahm er den Betrieb an der Stuttgarter Straße aus den Händen seines Vaters, der zuvor 58 Jahre die Geschäfte geleitet hatte. Zeitgleich stieg Klaus Kohler auch in das Geschäft "Juwelier Lenz" in Weilimdorf ein.

"Am Beruf des Uhrmachers hat mich schon immer die Präzision, die Feinheit der Teile und das handwerkliche Geschick fasziniert", sagt der 58-Jährige. Kaum ein anderes Gerät laufe schließlich über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg ununterbrochen. Zudem sei jede Uhr anders und das Reparieren daher immer wieder aufs Neue spannend. Für ihn sei immer klar gewesen, dass er eines Tages in die Fußstapfen von Großvater und Vater treten wolle.

"Der Grundgedanke jeder Generation war immer: Unsere Firma ist nicht das wichtigste, aber nach der Familie das zweitwichtigste", erklärt Kohler. Jeder der drei Männer habe ganz verschiedene Probleme zu bewältigen gehabt. Der Großvater Gottfried etwa musste die Firma durch zwei Weltkriege bringen. "Er hat Schmuck und Uhren bei uns im Garten vergraben, um Waren da zu haben, als das Geschäft wieder los ging", erinnert sich der Enkel. Der Vater Walter baute den Laden dann aus, bezog einen Neubau und erweiterte das Sortiment um Schmuck. Und Klaus Kohler selbst? "Ich habe das Geschäft modernisiert und versuche, es fit zu halten für die heutige Zeit."

Seit von 1970 an die elektronischen, batteriebetriebenen Uhren in Mode kamen, habe sich die Arbeit der Uhrmacher deutlich gewandelt, sagt Kohler. Zwischendurch seien mechanische Uhren "fast tot gewesen". Heute beobachtet er aber, dass immer mehr Menschen Freude an den alten, mechanischen Uhren zurückgewinnen. Häufig habe er Kunden, die die antiken Uhren ihrer Großväter von ihm reparieren ließen. Die handwerkliche Arbeit seiner Berufsgruppe habe dadurch sogar wieder zugenommen. "Die Leute wollen wieder eine Uhr, die tickt, sie wollen Leben in ihr", weiß der stellvertretende Landesinnungsmeister. Bei jungen Menschen beobachtet er, dass auch sie wieder vermehrt Wert auf eine schöne Armbanduhr legen, nachdem ihnen eine Weile die Zeitanzeige auf ihrem Handy auszureichen schien.

 

Von Leonie Hemminger
Mit frdl. Genehmiguzng der Nord-Rundschau

Veröffentlicht am 10.10.2011