Feuerbach - So etwas gibt es nicht oft: ein Verein mit ständig wechselnden Mitgliedern, aber die Anzahl der Mitglieder ist seit nun 40 Jahren konstant. Die Lösung: Mitglieder sind immer die Eltern der bis zu maximal 18 Kinder, die in dem idyllisch am Heimberg gelegenen, eigenverwalteten Kindergarten betreut werden.
So kommt es zu Kuriositäten wie der Mitgliedschaft eines Elternpaars, welches insgesamt sechs Kinder am Heimberg hatte und deshalb 16 Jahre lang zum Verein gehörte.
Doch normalerweise endet die Mitgliedschaft schneller, nämlich
spätestens dann, wenn aus dem Kindergarten- ein Schulkind wird. „Der
Wechsel hält den Verein zum einen jung, auf der anderen Seite gehen
Erfahrungswerte nicht verloren“, erklärt Vorstand Frank Dierolf den
Vorteil dieser Politik.
Apropos Politik: Angefangen hat alles 1972. Heiße
Grundsatzdiskussionen der damals noch jungen Alt-68er über alternative
Erziehungskonzepte und über demokratische, freiheitliche und
antiautoritäre Erziehungsstile führten in Feuerbach zur Vereinsgründung.
Am Anfang war es nur ein unbewohntes Holzhaus
Eltern nahmen erstmals das Projekt Kindergarten selbst in die Hand.
Am 25. Juli 1972 fand die konstituierende Mitgliederversammlung statt.
Der erste Vorstand wurde gewählt. Ein unbewohntes Holzhaus am Heimberg
wurde gemietet, renoviert und ausgebaut.
Los ging es mit zwölf Kindern und der Erzieherin Eva Hausch im September. 1974 fand dann das erste Elternfest statt, das seitdem eine regelmäßige und gern gesehene Veranstaltung im Verein ist.
Julia Raudenbusch und Kurt Gramberg sind zwei Feuerbacher, die selbst einst im Kindergarten am Heimberg betreut wurden und mittlerweile ihre eigenen Kinder dort hinschicken. „Für mich waren der Wald und die Natur schön, man ist ja viel draußen. Toll ist auch die Nähe zu den Eltern, nicht nur zu den eigenen, sondern dass man eben auch mit andern Erwachsenen etwas zu tun hat“, erinnert sich Kurt Gramberg. Für ihn war es nur logisch, dass seine Kinder dieselben Erfahrungen machen dürfen. „Es ist zwar teilweise sehr intensiv, was den Eltern abverlangt wird, aber das Gestaltende ist sehr spannend. Man führt ja zusammen mit anderen quasi ein Unternehmen“, sagt Gramberg.
Jeder hat eine Aufgabe
Die Aufgaben sind klar verteilt: Manche Eltern sind im Vorstand,
manche machen den Einkaufsdienst, alle drei Wochen ist Elternabend, alle
zwei Monate müssen die Eltern für alle kochen. Die Möglichkeiten, bei
der Erziehung der eigenen Kinder mitzuwirken, lässt die Eltern diese
Mehrarbeit und die etwas höheren finanziellen Beiträge problemlos
akzeptieren. „Wir finden das alles gut, sonst würden wir uns ja nicht
freiwillig darauf einlassen“, sagt Vorstand Sven Seuffert-Uzler
pragmatisch, und seine Kollegin Britta Bihlmaier betont die Vorteile:
„Durch den ständigen Austausch mit den Erziehern weiß man immer, wo sein
Kind steht. Es gibt keine Überraschungen.“ In städtischen Kindergarten
würden die Kinder eher einfach so mitgezogen. „Bei uns wird auf alle
Stärken und Schwächen eingegangen. Durch den besseren Quotienten
Erzieher/Kinder gibt es hier viel mehr Zeit für den Einzelnen.“ Und auch
die Eltern selbst wachsen durch den engen Kontakt ebenfalls zu einer
Gemeinschaft zusammen. Gemeinsame Frühstücke, wöchentliche Ausflüge und
das Einspringen, wenn eine Erzieherin ausfällt, aber auch die
Vorbereitung auf die Feste bringen Eltern und Kinder zusammen.
Zwei Dinge liegen dem Verein in diesem Jahr besonders auf dem Herzen. Einerseits wird im Rahmen einer Mutterschaftsvertretung eine neue Erzieherin gesucht, andrerseits ist man auf der Suche nach Ehemaligen. „Uns fehlen die Adressen der ersten Jahre. Dabei wollen wir doch für unser großes 40er-Fest am 15. September gerne alle einladen, für die der Heimberg ein Zuhause geboten hat“, sagt Seuffert-Uzler.
Mit frdl. Genehmigung der Nord-Rundschau