Alles blickdicht, alles gelb gestrichen: Die Vitrine am Durchgang zur Grazer Straße, die Glastüren zur Burgenlandgalerie:
Das Staunen war bei den Passanten groß, als sich die Kunststudenten Helene Meier und Beni Herr schon vor rund einem Monat daran machten, die Galerieräumlichkeiten des Feuerbacher Kunstvereins für ihr extrem zeitaufwendiges Projekt vorzubereiten. Denn es ist einmal nicht die übliche Werkschau mit Bildern oder Plastiken, die am heutigen Freitag eröffnet, sondern ein Gesamtkunstwerk, das Vitrinen, Ausstellungsraum und ganz Feuerbach in Beziehung setzt.
Auch abseits der gelben Scheiben wurde der Stadtbezirk Zeuge merkwürdiger Vorgänge im Namen der Kunst: Bürger wurden an verschiedenen Stellen in Feuerbach interviewt und gefilmt. Die Fragen: Was halten Sie von Feuerbach? Kennen Sie den Kunstverein? Was würden Sie in der Galerie als Nächstes ausstellen? Die Antworten sind aufschlussreich, ja, größtenteils sogar eine Liebeserklärung an Feuerbach. Völlig zu Recht entschloss sich nun auch der Bezirksbeirat, das ungewöhnliche Projekt mit einer Finanzspritze zu bezuschussen.
Das Ergebnis ist rundum sehenswert: Im Friseur-Salon haben Meier und Herr die Menschen interviewt, vor dem eigenen Ladengeschäft, an der Festhalle, nahe des Burgenlandzentrums. Und die Befragten sind sich fast alle einig: “Feuerbach hat alles, da muss man gar nicht mehr woanders hin”, sagt der eine. “Feuerbach hat einen dörflichen Charakter, ist aber nah an der Stadt”, ergänzt eine andere. Dafür allgemeine Ahnungslosigkeit was den Feuerbacher Kunstverein angeht: “Schon mal gehört, aber Näheres weiß ich nicht.” Oder: “Nö, keine Ahnung.” Die dritte Frage aber hat alle überrascht, allen voran die beiden Kunststudenten selbst. Aber dazu später mehr.
Die Interviews werden nun jedenfalls als Video-Projektion in der Burgenlandgalerie gezeigt, und wer zuvor wenig oder nichts über den Kunstverein wusste, wird nun mit einem Mal zum Teil eines Kunstwerks. Damit ist klar, wie es zum Ausstellungstitel “Transmembran” gekommen ist. Denn die Wände des Galerieraumes werden quasi durchlässig: Kunst verlässt ihren angestammten Raum und reicht in den Stadtbezirk hinein. Und Feuerbacher werden Teil des Kunstraums. Gerade wie die gelb gestrichenen, blickdichten Scheiben, das dahinter zuckende Stroboskop-Licht und die weiteren Elemente.
Wie um alles in der Welt das alles zusammenhängt? Das Geheimnis hier zu lüften, würde den Kunstgenuss schmälern. Nur so viel: Alls wird erklärt Ein Aha-Effekt ist garantiert. Schon zur Eröffnung führten Helene Meier und Beni Herr durch die Burgenlandgalerie und lösten dabei das Rätsel um den zweiten Teil des Ausstellungstitels: “Turn Up the Volume”. Auch zu den weiteren Öffnungszeiten, so versprechen die beiden Künstler, werde stets einer von ihnen anwesend sein und gerne die Fragen der Besucher beantworten.
Was auf den ersten Blick so experimentell wirkt, ist also sehr viel niederschwelliger als gedacht: Auf ihre Kosten kommen alle, die ihren Stadtbezirk und damit ja auch ihre Galerie mal mit ganz anderen Augen sehen wollen. Einer der Interviewten hat es übrigens bei seinem Interview bereits vorweg genommen und, ohne es zu ahnen, die Idee von “Transmembran” in Worte gefasst: Er würde in der Burgenlandgalerie keine normalen Bilder ausstellen, sondern als Besucher am liebsten selbst Teil eines Gesamtkunstwerks werden. Die Künstler konnten es kaum fassten, wie Beni Herr erzählt: “Unglaublich, wir standen da und hatten Gänsehaut.”
Info: “Transmembran” ist bis Sonntag, 14. Oktober, in der Burgenlandgalerie, Eingang St. Pöltener-Straße 29 zu besichtigen. Geöffnet ist dienstags bis samstags von 15 bis 18 Uhr und sonntags von 11 bis 18 Uhr. Am letzten Ausstellungstag, 14. Oktober, findet ab 15 Uhr ein Kunstcafé mit den beiden Künstlern statt. Es erscheint ein Katalog zum Kunstraum.
Von Susanne Müller-Baji