Heiße Tage am Kotzenloch

Sigrid Ramges Krimi spielt zwischen Feuerbach und Mallorca

Foto: Susanne Müller-Baji Bild 1 von 1: Foto: Susanne Müller-Baji

Die letzte Fußball-Weltmeisterschaft haben die meisten von uns noch recht lebhaft in Erinnerung – spannende Live-Übertragungen für die einen, leergefegte Straßen und Plätze für alle anderen.

Was, wenn jemand gerade diese Situation für ein Verbrechen nutzen würde? Autorin Sigrid Ramge hat den Gedanken weitergesponnen und setzt dabei wieder auf ihre bewährte Ermittlerin Irma Eichhorn. Die hat eben noch vergnügt das Feuerbacher Weinblütenfest besucht und wird unvermittelt mit einem Banküberfall und drei Toten konfrontiert: zwei Menschen und eine Katze. Raubdezernat oder Mordkommission – das Kompetenzgerangel in der Behörde ist eröffnet. Und über allem hängt eine schwül-heiße Unwetterstimmung sowie, aus Tätersicht beschrieben, Richard Wagners wahnsinniger Walkürenritt.

Es ist bereits der dritte Schwabenkrimi für Sigrid Ramge, nach “Tod im Trollinger” und “Cannstatter Zuckerle” und auch für dieses Buch hat sie sich wieder zwei Aufgaben gestellt: Der Weinbezug der Landeshauptstadt zwischen Hängen und Reben ist wieder unverkennbar. Außerdem führen die Ermittlungen wieder in ein fremdes Land: Nach Tunesien und Ägypten in den ersten beiden Bänden geht es dieses Mal nach Mallorca, wo es zum Showdown kommt.

Nordlicht Irma Eichhorn, vom Vorgesetzten liebevoll “Eichhörnle” genannt, scheint ihr anfängliches Fremdeln gegenüber dem wilden Süden abgelegt zu haben. Dafür bekommt sie Besuch von der recht anstrengenden Mutter, die zudem im siebten Himmel schwebt, während die eigene Fernbeziehung auf Sparflamme köchelt. Lesenswert machen dieses Buch die diversen Wahlverwandtschaften, allesamt Verbindungen zu den vorhergegangen Fällen, wie die altersweiße Oma Katz oder der Mops Nutella. Man muss zwar nicht unbedingt die beiden vorangegangenen Bände gelesen haben, aber es ist doch schon zu wissen, wie es dazu kam.

Von der aus Thüringen stammenden und seit Jahrzehnten in Zuffenhausen ansässigen Autorin stammen auch die Jugendbücher „Wanjiko und die schwarzen Störche“ und „Strahlenkinder“; eine Kurzgeschichte wurde mit dem Kinder- und Jugendliteraturpreis „Eberhard“ des Landkreises Barnim ausgezeichnet. Lange Jahre hat sie auch eine Schreibwerkstatt des Studium Generale der Uni Stuttgart geleitet. Dass eine “Reingeschmeckte” in Stuttgart ermittelt, ist so ein Kunstgriff, wie Sigrid Ramge ihn sicher auch den Schreibanfängern vermittelt hätte: Die Kriminalbeamtin kann so ihre Umgebung intensiver hinterfragen. Und aus den Antworten erfahren selbst Alteingesessene noch Interessantes, sei es über den Lemberger Wein, den Feuerbacher Höhenweg oder die eigenwillige Namensgebung der Mergelgrube Kotzenloch.

Ohne der Geschichte vorgreifen zu wollen: Einmal lässt Irma Einhorn ihr geschulter Ermittlerblick allerdings gewaltig im Stich – und das ist die Schwäche dieses Buches. Wer aber weniger auf den Überraschungseffekt aus ist als auf solide Unterhaltung mit Lokalkolorit, der kommt allemal auf seine Kosten. Zeit zu lesen bleibt genügend: Zwei Jahre hat sich Sigrid Ramge jeweils zwischen ihren Krimis Zeit gelassen. Und die erzählt entspannt, dass es auch beim vierten Schwabenkrimi so sein soll.

Info: „Lemberger Leiche“ ist im Silberburg-Verlag erschienen, ISBN 978-3-8425-1217-7. Sigrid Ramge stellt ihr Buch am Donnerstag, 22. November, um 19.30 Uhr in der Feuerbacher Bücherei im Burgenlandzentrum, St.-Pöltener-Straße 29, vor. 2013 sind weitere Lesungen in Zuffenhausen geplant: Am Dienstag, 26. Februar, um 19.30 Uhr im Saal des Lernstudios der Conrad-Vaut-Bücherei in der Zuffenhäuser Burgunderstraße 32.
Angedacht ist ferner eine Lesung in Rot, im Luise-Schleppe-Haus, Kornwestheimer Straße 30, der Termin steht hier aber noch nicht fest.

Von Susanne Müller-Baji


Das Buch ist im Buchhandel sowie in Feuerbach in der Buchhandlung Schairer erhältlich.
Veröffentlicht am 22.11.2012