Doppelt gefeiert

1 Paar, 2 runde Geburtstage und viele Mitwirkende bei einem Theaterstück anlässlich zweier Kirchenjubiläen in Feuerbach

Die Darsteller in ihren historischen Kostümen. Fotos: Privat, S. Müller-Baji Bild 1 von 1: Die Darsteller in ihren historischen Kostümen. Fotos: Privat, S. Müller-Baji

Anlässlich zweier freikirchlicher Jubiläen bringen Monika und Reinhard Herrmann ein musikalisches Theaterstück um den englischen Kirchengründer John Wesley auf die Bühne der Feuerbacher Festhalle.

Der Blick in den Terminkalender zeigte Monika und Reinhard Herrmann schon Anfang 2011, dass große Ereignisse ihren Schatten vorauswerfen: Die evangelisch-methodistische Kirche Feuerbach (EmK), der beide angehören, wird 2013 150 Jahre alt, und 100 wird der Neckarverband des “Bundes christlicher Posaunendienste” dem der Ehemann in stellvertretender Funktion vorsteht. “Uns war gleich klar, das müssen wir zusammen feiern”, erzählt Monika Herrmann, die schon mit der Feuerbacher Gemeinde groß geworden ist. Die Planungen nahmen ihren Anfang.

Was so spontan begann, kommt am 19. Oktober als historisches Theaterstück um Kirchengründer John Wesley auf die Bühne, mit eigenem Stück, eigener Musik und einer großen musikalischen Besetzung: “Die Anmeldungen laufen noch”, sagt Reinhard Herrmann, doch er rechnet mit regem Zuspruch auch von Seiten seiner Musiker: Rund 400 Bläser umfasse der Neckarverband, für mehr als 200 Bläser reiche der Platz in der Festhalle nicht – doch auch das würde ja einen beeindruckenden Rahmen ergeben.

Monika und Reinhard Herrmann mit dem VeranstaltungsplakatDoch der Reihe nach: Den anfänglichen Gedanken, gemeinsam ein Musical aufzuführen, verwarf das Organisatorenteam schnell wieder: “Das wäre eine Nummer zu groß gewesen”, so Monika Herrmann. Also entschloss man sich zu einem Theaterstück mit vom Neckarverband beigesteuertem musikalischem Rahmen. Das ist praktisch, weil Bläser und Schauspieler so separat proben können. Zudem muss man keine ausgebildeten Musical-Sänger “einkaufen” und die Gesamtumsetzung liegt ganz in der Hand der Gemeindemitglieder.

Weil sich kein passendes Theaterstück fand, wurde man selbst aktiv: Hartmut Handt, EmK-Pastor im Ruhestand, machte aus dem Buch “Lösegeld für einen kleinen Kaminkehrer” von Dave und Neta Jackson eine Bühnenfassung. Kantor Hartmut Finkbeiner komponierte die Musik, die moderne Anklänge mit den Chorälen von Charles Wesley, dem Bruder des Kirchengründers, verbindet.

Das Stück beschreibt die Lebenswirklichkeit der Bergarbeiter im englischen Newcastle um das Jahr 1750 und auch John Wesley spielt eine Rolle. Hauptperson ist ein kleiner Junge, der von seinen Eltern an einen Schornsteinfeger und damit in die Kinderarbeit verkauft wird, Reinhard Herrmann spielt übrigens den Vater. Der Titel “Raus aus dem Kamin” soll das Ringen um die Freiheit des Jungen verdeutlichen, ist aber auch als zeitgemäße Aufforderung an die Kirchengemeinden und an jeden einzelnen zu verstehen, erzählt Monika Herrmann: “Auch wir müssen raus aus der Enge unserer Konventionen”.

Erste Fotos von der Kostümprobe zeigen eindrucksvolle Kostüme wie aus einem Historienfilm, die Männer tragen Zopf und Dreispitz und Gehrock, die Frauen Hauben und Schürze: Aus der spontanen Idee ist längst ein großes Theaterprojekt geworden. “Ehrgeizig” beschreibe es aber nicht recht, sagt Monika Herrmann: “Natürlich wollen wir, dass es gut wird, aber vor allem sollen die Gemeindemitglieder etwas zusammen bewirken”. Mit dem Projekt, so freut sie sich, sei auch das Gemeinschaftsgefühl gewachsen – und es trägt bis heute: „Es gab nie einen Moment, wo wir gezweifelt haben oder wo wir nicht mehr weitermachen wollten“, sagt das Ehepaar begeistert – und macht sich gleich wieder an die Vorbereitungen.

Info: “Raus aus dem Kamin!” wird am Samstag, 19. Oktober, um 18 Uhr in der Feuerbacher Festhalle aufgeführt. Dort findet am Sonntag, 20. Oktober, um 10.30 Uhr auch der Festgottesdienst statt, der 150 Jahre EmK Feuerbach und 100 Jahre Neckarverband im Bund christlicher Posaunenchöre Deutschlands feiert. Weitere Informationen gibt es unter www.emk-feuerbach.de



INFO

Die evangelisch-methodistische Kirche 
Die EmK geht auf John Wesley (1703 - 1791) zurück, einen anglikanischen Priester im englischen Oxford, der den sozialen Gedanken in seiner Kirche nicht verwirklicht sah. Mit den Gleichgesinnten seines „Holy Club“ studierte er das Neue Testament, fastete, besuchte Gefangene, Kranke und Arme und spendete, was er nicht zwingend zum eigenen Lebensunterhalt brauchte. Die neue Bewegung wurde wegen ihres durchstrukturierten Tagesablaufs als “Methodisten” verspottet, erfuhr aber großen Zuspruch und wurde bald von der anglikanischen Kirche ausgeschlossen. Mit zurückgekehrten Auswanderern kam sie nach Deutschland, wo sie heute zu den evangelischen Kirchen gezählt wird, nicht aber dem landeskirchlichen Steuersystem angehört. Der deutsch-amerikanische Prediger J. Ph. Schnatz hielt erste Versammlungen in Feuerbach ab, 1914 entstand dann die Friedenskirche in der Burgenlandstraße 106.


Von Susanne Müller-Baji
Veröffentlicht am 23.09.2013