Zehn Jahre Seniorpartner

Seit einem Jahrzehnt macht das Projekt „STARTklar“ Hauptschüler fit für die Zukunft – und seine Arbeit wird immer wichtiger

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„Friseurin und Mechaniker“ – das scheinen noch immer die gängigen Berufe zu sein, in die es Hauptschüler zieht. Nicht so an der Feuerbacher Bismarckschule und an der Zuffenhäuser Hohensteinschule:

Hier streben die Abschlussklassen ganz unterschiedliche Ziele an – der Berufswegeplanung und dem Projekt STARTklar sei Dank. Das wurde vor zehn Jahren von der Abteilung Integration der Landeshauptstadt Stuttgart als “Maßnahme zur Förderung der Chancengleichheit von Jugendlichen mit Migrationshintergrund” initiiert. Die Idee dahinter: Menschen, die lange und erfolgreich im Berufsleben gestanden haben, geben im Ruhestand als “Seniorpartner” ihr Wissen weiter und bereiten Hauptschüler praxisorientiert und individuell auf den Berufseinstieg vor. 60 Seniorpartner zählt STARTklar derzeit in Stuttgart, und das Projekt – mehrfach ausgezeichnet und von anderen Kommunen übernommen – feierte am 27. Mai mit einem Festakt Stuttgarter Rathaus seinen runden Geburtstag.

Doch nach der Feier ist vor dem Tagesgeschäft: Inzwischen trafen die Köpfe hinter dem Feuerbacher STARTklar zusammen und erörterten, wie sich das Projekt entwickeln soll. Denn den Hauptschulen schwimmen weiterhin die Felle davon, zumal jetzt auch die Schulempfehlung entfällt und die Eltern ihre Kinder lieber auf den weiterführenden Schulen sehen. Der Versuch der Werkrealschule hingegen gilt bei vielen Fachleuten als gescheitert: Zu offensichtlich war hier der Versuch, einer traditionellen Schulform einfach einen klangvolleren Namen zu geben. Und tatsächlich schließt die Werkrealschule der Zuffenhäuser Hohensteinschule spätestens bis 2017, womit auch das dortige Projekt STARTklar endet: “Das ist sehr schade, weil damit auch ein gewachsenes und sehr erfolgreiches Vorhaben ausläuft”, bedauert Schulleiter Ulrich Bierbaum.

Umso wichtiger wird STARTklar in der Feuerbacher Bismarckschule – es ist dann der einzige Standort im Stuttgarter Norden. Wichtig ist das Projekt auch für Gewerbe, Handel und Handwerk: Hier kommt man direkt in Kontakt mit möglichen Bewerbern – und so mancher, der mit seinen Noten nicht punkten könnte, überzeugt doch noch durch Auffassungsgabe und Geschicklichkeit. Außerdem ist die Zahl der Abbrecher ist bei den durch STARTklar vorbereiteten Azubis deutlich geringer als sonst. Abseits der gängigen und häufig überlaufenen Berufszweige gibt es übrigens Ausbildungsberufe, in denen die Hauptschüler gute Chancen haben. Doch noch immer wissen die Eltern viel zu wenig darüber. “Wenn die Eltern nur den Beruf Kfz-Mechaniker für Jungen kennen, dann wird der Sohn eben Kfz-Mechaniker”, weiß Lehrerin Ilaria Schütze, die die Berufswegeplanung an der Bismarckschule betreut.

Dabei werden früh die Neigungen und Schwächen der einzelnen Schüler ermittelt, damit gezielt gefördert werden kann. In Zusammenarbeit mit den “Bildungspartnern” – bei der Bismarckschule sind dies die Firmen Bosch und Porsche, sowie das Richard-Bürger-Heim und die Betriebe des Gewerbe- und Handelsvereins Feuerbach (GHV) – werden darüber hinaus entsprechende Berufsfelder aufgezeigt. Ab Klasse 8 kommen dann die Seniorpartner von STARTklar zum Zug, helfen bei den Bewerbungen, beraten bei Vorstellungsgesprächen und motivieren zum Teil auch später noch, wenn es in der Ausbildung nicht rund läuft.

Tobias Rehder, Inhaber der Feuerbacher Firma Türenmann engagiert sich schon seit Jahren im Projekt Startklar und wirbt intensiv für den Beruf des Schreiners. Er ist davon überzeugt, dass sich so mancher Schüler mit den traditionellen Ausbildungsberufen gut beraten ist. Zumal Handwerk und Gewerbe bei entsprechender Eignung gute Aufstiegschancen bieten. “Ich halte es für falsch, dass wir junge Leute aus Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit hierher ‘importieren’, um unsere Ausbildungsplätze zu besetzen, während bei uns Jugendliche auf die weiterführenden Schulen drängen, wo sie von ihren Fähigkeiten her gar nicht hingehören”, sagt er.

Rehder und die anderen Köpfe der Feuerbacher Initiativen wollen sich deshalb in Zukunft besser vernetzen und verstärkt auch den Eltern Berufe vorstellen. Angedacht ist etwa, dass Azubis als “Ausbildungsbotschafter” ihre früheren Schulen besuchen und dort von ihren Erfahrungen berichten. Unter dem Arbeitstitel “Unsere Bildungspartner stellen sich vor” plant man in der Bismarckschule überdies eine Eltern-Schüler-Veranstaltung mit Messecharakter, und hat auch schon einen Zeitpunkt ins Auge gefasst: Nach den Herbstferien soll es soweit sein, damit man zuvor bei den Elternabenden noch einmal dafür werben kann.

Info: Wer sich für das Ehrenamt des Seniorpartners interessiert, kann Kontakt aufnehmen unter Telefon 216-2630 oder E-mail Claudia.Grimaldi@stuttgart.de.
Weitere Informationen zu STARTklar gibt es auch in unserer Ausbildungsbörse


Von Susanne Müller-Baji
Veröffentlicht am 10.06.2014