Feurige Feuerbachnacht

Die lange Einkaufsnacht und 10. Feuerbacher Kulturnacht am Samstag machten in vielerlei Hinsicht Lust auf mehr

Stefanie Fleschutz feuerte den Feuerbachern mit ihrer Feuershow am Grazer Platz kräftig ein. Fotos: S. Müller-Baji, feuerbach.de Bild 1 von 19: Stefanie Fleschutz feuerte den Feuerbachern mit ihrer Feuershow am Grazer Platz kräftig ein. Fotos: S. Müller-Baji, feuerbach.de

Noch ist es früh für eine Kulturnacht, auch wenn einige Einrichtungen schon ihre Pforten geöffnet haben: Im Sozialkaufhaus Fairkauf zaubert schon der Quacksalber Dr. Marrax. Und in der Friedenskirche hat sich bereits der Gospelchor 'Rejoyce' warmgesungen.

Die evangelisch-methodistische Gemeinde ist schon seit Anfang an mit dabei und feiert also ebenfalls ihre 10. Kulturnacht“. Zu Beginn hatte es auch Ausstellungen und anderes in der Kirche gegeben, aber der Gospelchor, ein offenes Angebot auch für Nicht-Gemeindemitglieder, habe sich klar als Renner herauskristallisiert, erklärt Pastor Gerhard Bauer. “Das Tolle ist, dass Sänger dazugekommen sind, die ursprünglich als Zuhörer da waren.”

Illuminierte Stuttgarter StraßeNun aber hinüber zur Stuttgarter Straße, wo der Ortsbus als Shuttle seine Runden zieht. Er ist für die jenseits der Bahnlinie gelegenen Kulturorte wichtiger denn je, wie an diesem Abend noch öfter anklingen wird: “Wir hatten überlegt, vom Bahnhof aus zu Fuß in die Hohnerstraße zu gehen, erzählt ein Mitfahrer in Sachen Kulturnacht, “aber man kommt vor lauter Baustelle ja gar nicht auf die andere Seite”. Doch auch die Busfahrt führt nun in unbekannte Gefilde: Zum Haltepunkt Tiefbunker rangiert der Fahrer gekonnt durch sonst unzugängliche Winkel – “hier war ich noch nie!” staunt der Passagier. Er verrät noch, dass er später noch unbedingt zu Organix will, "da gibt's heut Sonderpreise – ist doch auch schön." 

Oben in der Hohnerstraße liegt in den frühen Abendstunden ein Schwerpunkt der Kulturnacht: Im “zwischenKunst Schauraum” gibt es die Ausstellung “Schwaben - angekommen im Südwesten”, die ein Multikulti-Ländle feiert und in der Fotograf Wolf-Peter Steinbeißer etwa dokumentiert, was Einwanderer aus ihrer jeweiligen Heimat mitgebracht haben. Außerdem wird es später ein Harfenkonzert geben. Einen Stock tiefer laden Eva und Georges Recordon zum Atelierrundgang: Sie präsentiert expressive Mischtechniken mit viel Rot, er hat hingegen in seinen Fotografien verblüffende nächtliche Impressionen festgehalten. Für beide ist es die erste aktive Teilnahme an der Kulturnacht: “Ich finde es toll, wie sich die Kultur in Stuttgart entwickelt hat, sagt Georges Recordon, “wir freuen uns, dass wir ein Teil davon sein dürfen”. 

Mit Fortschreiten der Kulturnacht ist Entscheidungsfreude Trumpf, weil die meisten Veranstaltungen leider wieder zwischen 19 und 20 Uhr beginnen. Zwei der Mitreisenden im Shuttlebus haben die Krimi-Lesung mit Autor Frank Rebitschek bei Tinten-Toner-Tanken ins Auge gefasst, oder eine Meditation zu Werken von Künstlerin Antje Hassinger – noch sind sie sich uneins. Andere sind auf dem Weg ins Produktionszentrum, wo es an diesem Abend experimentellen Tanz gibt: “Keine Ahnung, was das ist”, sagt eine Feuerbacherin: “Aber das ist doch der Sinn der Kulturnacht, dass man mal was Neues ausprobiert, oder?”

Im Gemeindesaal von St. Josef beginnt ein Kontrastprogramm zum quirligen Treiben draußen: “Was mir das Leben erzählt” heißt die “Begegnung für Sprecher, Flöte, Klarinette und Zuspielung”, die Kantor Detlef Dörner eigens für die Kulturnacht aus Eigenkompositionen und Texten des chinesischen Dichters Tao Yuan-ming zusammengestellt hat: Die mitten im Zuschauerraum  positionierten Musiker lassen einen abstrakten, wunderbar dreidimensionalen Klangraum entstehen, in die hinein Sprecher Johannes Lange von der Sehnsucht nach der Heimat rezitiert.

Foto re.: Bei 'GoVocal' in der Bismarckschule.


Einige Straßen weiter rauscht indessen das Leben: Schnäppchen werden bei der langen Einkaufsnacht gejagt, in der Bücherei heizt die Rockabilly-Formation “Snake-Bite” ein. Erwartungsvoll schart sich das Publikum auf der Stuttgarter Straße um Stefanie Fleschutz: “Die ist richtig cool!” erklärt ein Pimpf fachkundig: “Die jongliert mit Feuer”. Dann legt sie los und zeigt die plakative Seite der Einkaufsnacht: Spektakuläre Feuerschweife und Lichteffekte, wabernde Nebel, dramatische Musik, alles da. Und auch sonst ergänzen sich Business, Small Talk, Ausstellungen, Comedy, Weinverkostung, Märchenlesung, musikalische Einlagen und natürlich auch die Einkaufsnacht-Schnäppchen wunderbar, wie sich in den Geschäften entlang der Stuttgarter Straße zeigt. Die Gäste können sich kaum satt sehen an den Illumination und den einfallsreichen Dekorationen vor und in den Geschäften. Das Treiben der Einkaufsnacht reicht von der Buchhandlung Schairer über Charisma Moden und Café Trölsch sowie dem Dreh- und Angelpunkt um die Kreuzung Stuttgarter-/ Grazer Straße bis hin zu Vita-Zentrum Glotz, schlafstatt und dem Organix Biomarkt. Das Wetter spielt mit und die kulinarischen Appetit-Häppchen munden und so wurde die Geschäftsstraße einmal mehr zur Flaniermeile. 

Und mit einem Mal ist schon wieder Zeit für die so genannte „Nachtschicht“, also für die Veranstaltungen, die zu vorgerückter Stunde stattfinden. Im Satyagraha-Kulturzentrum setzen Sängerin Margarete E. Klotz und Pianistin Hildegund Treiber mit ihrem Melodramen-Programm einen hinreißenden Schlusspunkt: Gerade segelt Friedrich Schillers “Handschuh” knitz und voller musikalischer Anspielungen in die Löwen- und Tigergrube. Und im Retzinadiko, der grieschischen Taverne, könnten die konnte man bei landestypischen Klängen, natürlich live und zum Mitsingen und Tanzen ausklingen lassen.

So verklingt die 10. Feuerbacher Kulturnacht und die 6. lange Einkaufsnacht und entlässt die Gäste mit viel Vorfreude auf das kommende Jahr in die Frühlingsnacht.



Susanne Müller-Baji / feuerbach.de

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Veröffentlicht am 11.04.2016