"Trading down" stoppen, Flanierlust wecken, Attraktivität steigern:

Politik und Handel planen die "Stuttgarter Straße 2.0"

Gestaltungsvorschläge wie hier zum Grazer Platz von GHV Feuerbach und Ranger Design wurden im Feuerbacher Bezirksrathaus bereits vorgestellt. Fotos u. Images: Ranger Design, aus der Broschüre Bild 1 von 1: Gestaltungsvorschläge wie hier zum Grazer Platz von GHV Feuerbach und Ranger Design wurden im Feuerbacher Bezirksrathaus bereits vorgestellt. Fotos u. Images: Ranger Design, aus der Broschüre "Evolution Stuttgarter Straße"

Die Feuerbacher wissen seit jeher, was sie an der Stuttgarter Straße haben, gilt sie doch als wahrscheinlich längste Einkaufsstraße aller Stuttgarter Stadtbezirke und (nach der Königsstraße) als wohl zweitlängste der gesamten Stadt.

Zweifellos ist sie zudem auch nach wie vor eine der attraktivsten Stuttgarts. Doch beunruhigt ein Trend Politik und Handel gleichermaßen, der sich schon seit längerem schleichend abzeichnet: Das sogenannte "Trading-down" bezeichnet in der Raumplanung den für ein Stadtteilzentrum typischen Entwicklungstrend vom vollständigen Angebot mit pulsierendem Leben zu zunehmenden Leerständen inklusive ausbleibender Kundschaft (Begriffserklärung Wikipedia). Genau das passiert in der Stuttgarter Straße, leise - und kontinuierlich. Das Aussterben von, nennen wir's mal "Läden mit Substanz und/oder Tradition", ist dabei für viele wohl einer der drückendsten Steine im Schuh. Dass neue Läden mit einer gewissen Qualität sich immer noch ansiedeln, kann man nicht verneinen, jedoch muss man - so sind sich Politik und Handel einig - die Stuttgarter Straße grundsätzlich neu gestalten, um ein gesundes Gleichgewicht im Einzelhandel zu bewahren und auch irgendwo "konkurrenzfähig" zu bleiben. Schon seit langem treibt das Thema 'Zukunft der Stuttgarter Straße' deshalb das Bezirksrathaus, Bezirksbeiräte, Fraktionen, den GHV und den Einzelhandel vor Ort herum. Es geht den Verantwortlichen darum, diese "Trading-down-Spirale" zu durchbrechen und die Stuttgarter Straße wieder insgesamt aufzuwerten und attraktiver zu gestalten - für Fußgänger, Besucher, dem Handel und Gewerbe - oder besser; für den ganzen Stadtbezirk.

Die 'Dringlichkeit zur Veränderung' schafft überraschende Eintracht
"Eine solch lange Einkaufsstraße mit - noch - zahlreichen inhabergeführten Läden ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal - immer mehr solcher Läden sterben einfach aus.", meint Bezirksbeirat Christian Musse von den Feuerbacher Grünen. Als einer der Vertreter des Feuerbacher Bezirksbeirats freut er sich aber über die neu entstandene parteiübergreifende Einigkeit, diesem negativen Trend entgegenzuwirken. "Unsere Anträge sind erstmal nur grundlagenschaffend, die Details kommen dann noch. Jedoch sind sie ein wichtiger einleitender Schritt. Die Stadt Stuttgart hat uns für dieses Vorhaben Geldmittel reserviert. Diese werden aber nicht bis in alle Ewigkeit für uns verfügbar bleiben, eine gewisse Dringlichkeit bestand also, uns zu einigen und die Beschlüsse möglichst rasch in die Wege zu leiten. Die Dringlichkeit besteht aber auch danach fort - oder besser 'jetzt erst recht', und ich hoffe, dass die Bereitschaft bei allen Beteiligten weiterhin stark bleibt, dieses für Feuerbach so wichtige Projekt in die Tat umzusetzen.", so Musse.

Ein wichtiger Aspekt, der in den beiden Beschlüssen aufgenommen wurde, ist die Sperrung der Stuttgarter Straße an Samstagen für den Straßenverkehr - dem Haupteinkaufstag in Feuerbach mit der größten Besucherfrequenz. Die Samstagssperrung war seit längerem schon eine der zentralen Forderungen der Feuerbacher Grünen und soll nun einen Kompromiss zwischen dem Konzept einer "reinen Fussgängerzone" und der Vermeidung von Staus und Verstopfungen von Ausweichrouten wie der Oswald-Hesse-Straße und der Wiener Straße darstellen.
Die auch bei Bürgern aus Nachbarstadtbezirken beliebte Feuerbacher Haupteinkaufsmeile soll von der Kreuzung Feuerbacher-Tal-Straße bis zur Grazer Straße zudem mit baulichen und strukturellen Maßnahmen erneuert, verbessert und angepasst werden.

Die beiden Anträge dieser "großen Koalition XXL" aus CDU, Bündnis 90 /Die Grünen, SPD, Freie Wähler und SÖS-Linke-PluS sollen nun die Grundlagen bilden und die grundsätzliche Struktur vorgeben, in die sich das ganze Vorhaben bewegen soll. Ein Antrag von der FDP hat es nicht geschafft und wurde abgelehnt. Jedoch bleibt es spannend, denn auch die Stadt Stuttgart hat noch ein Wörtchen mitzureden und wird ihrerseits diesen Dienstag, den 12. Februar 2019, im Bezirksrathaus ihre Pläne präsentieren (Infos dazu siehe unten).

Wünsche sind formuliert, Pläne liegen in den Schubladen
Die beiden vom Bezirksbeirat beschlossenen Anträge sehen als grundlegende Vorgaben für die Maßnahmen folgendes vor (gekürzte stichwortartige Zusammenfassung):
- Sperrung der westlichen Stuttgarter Straße ab der Kreuzung Feuerbacher-Tal-Straße und Stuttgarter Straße bis zur Kreuzung Grazer Straße für den Straßenverkehr. Die Sperrung erfolgt immer Samstags. Die Sperrung erfolgt von 8:00 bis 15:30.
- Der Belag der Gehwege und der Straße soll als eine Fläche mit einem neuen Belag einheitlich gestaltet werden
- Es soll der Platzcharakter der Kreuzung Stuttgarter Straße / Grazer Straße ("Grazer Platz") hervorgehoben werden
- Das Befahren der Stuttgarter Straße als ausgewiesene Vorrangstraße wird aktuell nicht deutlich verengt und bezüglich der Geschwindigkeit (vorerst) nicht eingeschränkt
- Zur Absicherung für die Fußgänger sind links bzw. rechts teilw. Pfosten als Abgrenzung vorgesehen. Ebenso werden nach wie vor die seitlichen Parkflächen in der Stuttgarter Straße erhalten und gekennzeichnet, um die notwendige Erreichbarkeit zu den Geschäften zu gewährleisten
- Im Bereich der Stuttgarter Straße und den umliegenden Straßen soll ein besseres Parkplatzangebot geprüft werden, die bestehenden Einbahnstraßenregelung der Straßen, die die Stuttgarter Straße kreuzen, sollen im Zuge dessen überprüft werden
- Die Bürgerbeteiligung an der beschriebenen Umgestaltung Stuttgarter Straße spielt für die Planer in der Annahme der Maßnahmen eine maßgebliche Rolle und sollen den Bürgern in zwei Bürgerveranstaltungen vorgestellt werden.

Sie können die beiden beschlossenen Anträge mit allen weiteren Einzelheiten, Begründungen und weiteren Maßnahmen hier einsehen oder herunterladen (pdf):
ANTRAG 1
ANTRAG 2


Der GHV Feuerbach hat zusammen mit Ranger Design seinerseits ebenfalls seine Vorstellung der Erneuerungsmaßnahmen der Stuttgarter Straße in konkrete Pläne gefasst und dem Bezirksbeirat bereits als Entwurfskatalog vorgestellt. Die durchaus interessanten Variationen reichen von der Einebnung von Gehwegen und Strassen über die Neugestaltung der Beleuchtung bis hin zum Bau von Pavillons, Sitzbänken oder sogar kleinen Emporen (etwa für Kleinkunst). Immer gegenwärtig ist der Fokus auf die Neugestaltung des Grazer Platzes und der Kreuzung Klagenfurter-/Stuttgarter Straße mit dem historischen Hirschbrunnen, die ebenfalls einen stärkeren Platzcharakter bekommen soll.

Sie können die Broschüre "Evolution Stuttgarter Straße" mit den Gestaltungsvorschlägen von GHV Feuerbach und Ranger Design hier einsehen oder herunterladen (pdf)


Diesen Dienstag, 12. Februar, wird zudem Herr Wallisch vom Stuttgarter Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung im Feuerbacher Bezirksrathaus die eigenen Pläne der Stadt Stuttgart zu dem Vorhaben präsentieren (die uns noch nicht vorliegen). Alle Feuerbacher Bürger sind herzlich eingeladen, bei der Sitzung dabei zu sein sowie den Verantwortlichen und Planern Fragen zu stellen.

(Bilder: Gestaltungsvorschläge aus der Broschüre "Evolution Stuttgarter Straße" vom GHV Feuerbach und Ranger Design. Fotos u. Images: Ranger Design)

Veröffentlicht am 17.02.2019