Auf der Suche nach dem Minimalkonsens

Sieben Kandidaten der Kommunalwahl stellten sich im Kulturzentrum IW8 vor.

Begrüßung durch Genralkonsul Mehmet Erkan Öner, Image: feuerbach.de Bild 1 von 5: Begrüßung durch Genralkonsul Mehmet Erkan Öner, Image: feuerbach.de

Moderator Ali Batmaz hatte zur Podiumsdiskussion die Eieruhr in Position gebracht – falls einer Kandidaten der bevorstehenden Kommunalwahl die Gesprächsrunde an sich reißen würde. Dazu kam es nicht, aber es wurde ein spannender Mittwochabend zu den Fragen, die den Stadtbezirk umtreiben.

Ein neuer Veranstaltungsort in einer Ecke des Stadtbezirks, die sich stark im Wandel befindet – das sorgt für Gesprächsbedarf. Sevil Özlük, strategische Beraterin des gerade eröffneten Kulturzentrums IW8, hatte bereits nachmittags den Feuerbacher Bürgerverein durch die Räumlichkeiten geführt, “und viele der Teilnehmer werden nun auch zur Podiumsdiskussion kommen”, sagte sie. Dann wurde erst einmal gegessen, auch das ist schließlich ein probates Mittel gegen das Fremdeln. Und die Themen des Abends – darunter bezahlbare Mieten, Mobilität oder Kita-Plätze – zeigten ja auch schnell, dass es sich hier nicht etwa um eine Veranstaltung für die türkischstämmigen Mitbürger, sondern für alle handelte.

Platz nahmen auf der Bühne Andreas G. Winter (Die Grünen), Alexander Kotz (CDU), Sibel Yüksel (FDP), Jochen Heidenwag (Freie Wähler), Susanne Kletzin (SPD), Luigi Pantisano (SÖS) und Filippo Capezzone (Die Linke). Mit Ausnahme von Heidenwag und Capezzone sitzen sie bereits im Stuttgarter Gemeinderat und gaben sich daher vor der Gesprächsrunde auch betont harmonisch. Kletzin unterstrich, dass man auf Kommunalebene Lösungen zu finden habe – und das gehe oft nur fraktionsübergreifend.

Trotzdem nahm die Diskussion schnell Fahrt auf und man fragte sich schon, wo die harmonische Mitte zwischen den kontroversen Standpunkten liegen soll. Zum Beispiel beim Thema Mieten. Yüksel forderte, “auch auf den Grünflächen und in die Höhe zu bauen”, Pantisano wies darauf hin, dass viel bauen nicht notwendigerweise viel bezahlbaren Wohnraum bedeute, das Problem liege bei der Baupolitik. Und Winter zeigte sich optimistisch, dass man auch mit der derzeitigen Nachverdichtung auf einem guten Weg sei.

Ähnlich schwierig wird auch der Minimalkonsens in Sachen Mobilität werden, zumal ja ein großer Zulieferer der Automobilindustrie seinen Sitz im Stadtbezirk hat: Heidenwag berichtete, er sei mit dem E-Bike hergefahren, brach aber eine Lanze dafür, dass man die freie Wahl bei den Verkehrsmitteln haben müsse. Pantisano konterte, dass sie eigene WahlfreIheit da ende, wo Abgase etwa die Gesundheit der Mitmenschen gefährden. Und so weiter: Die einen monierten, dass die Fahrverbote auch da gelten, wo die Grenzwerte eingehalten werden. Die anderen feierten die Tarifreform der Öffentlichen als großen Zug, obwohl sie gerade denjenigen nicht hilft, die von außerhalb Stuttgarts nach Feuerbach pendeln müssen. Winter wies immerhin darauf hin, dass die Automobilindustrie in Sachen Dieselskandal noch immer nicht zur Verantwortung gezogen sei.

Überwiegend einig war man sich in Sachen Kita-Plätze: Mehr sollen es werden, denn die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei eine gute Sache. Der kleinste gemeinsame Nenner wäre fast gefunden gewesen, hätte nicht die Frage nach den Gebühren im Raum gestanden: Warum kostet Kinderbetreuung, wenn die Schulbildung zurecht kostenlos ist, fragten die eher links stehenden Kandidaten, während die weiter rechts auf die Finanzierbarkeit verwiesen.

Einerseits und andererseits. Was hat der Abend also gebracht? Vielleicht die Erkenntnis, dass sich die Bürger endlich von der Unterteilung mit/ohne Migrationshintergrund verabschieden müssen, weil die großen Stuttgarter Probleme alle betreffen. Und dass sie am 26. Mai unbedingt wählen gehen sollten, wenn sie die Zukunft ihrer Stadt nicht aus den Händen geben wollen.


Von Susanne Müller-Baji

Veröffentlicht am 14.04.2019