Wer hat an der Uhr gedreht? Gerade hat der Feuerbacher Juwelier und Uhrmacher Kohler noch sein 100. Jubiläum gefeiert - jetzt geben Klaus und Renate Kohler aus Altersgründen das Geschäft auf.
Es ist ein Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Das Ehepaar geht in den wohlverdienten Ruhestand, für die Kunden gibt es Qualitätsschmuck und -uhren zum Aktionspreis. Aus dem Stadtbezirk verschwindet damit aber erneut ein Traditionsunternehmen. Doch es gibt Hoffnung.
Noch wirkt alles so wie immer, aber die Uhr tickt – und das gleich im doppelten Sinne. Am 27. Mai beginnt der Räumungsverkauf. Wer ein besonderes Schätzchen anvisiert, sollte nicht zu lange warten: Vor einigen Jahren wurde das Weilimdorfer Geschäft aufgelöst. „Am Schluss nahm ich nur eine einzige Uhr mit nach Feuerbach“, erinnert sich Klaus Kohler.
Er führt das Geschäft in dritter Generation. Zahlreiche Stücke erinnern im Ladengeschäft an die Familientradition, die Großvater Gottfried Kohler in der Marktstraße 54, heute Klagenfurter Straße, begründet hat. Klaus Kohler zeigt eine Postkarte aus dem Jahr 1916, die den Großvater vor seinem Geschäft zeigt. Eine aufmerksame Kundinersteigerte sie bei einem serbischen Sammler für den heutigen Ladeninhaber. Auch dasein Zeichen der Verbundenheit der Feuerbacher mit ihrem Uhrenmacher und Juwelier.
Das Geschäft zog 1929 in die Stuttgarter Straße 53 um. Die Jahre kamen und gingen und der erste Generationenwechsel stand 1959 ins Haus, als Sohn Walter Kohler das Unternehmen übernahm. Enkel Klaus Kohler führt das Geschäft seit 1981. Für ihn habe immer außer Frage gestanden, dass er ebenfalls das Uhrmacherhandwerk ergreifen würde: “Ich bin ja praktisch in der Werkstatt großgeworden, habe dort meinem Großvater und meinem Vater zugeschaut und war schon immer von Uhren fasziniert”.
Meisterbriefe aus drei Uhrmachergenerationen zieren die Wände und Kohlers ganzer Stolz ist das Meisterstück seines Großvaters, eine Zahnrad um Zahnrad von Hand gefertigteStanduhr. Wer sie betrachtet, versteht die Faszination, die von einem Uhrwerk ausgeht. Die ganz hochwertigen Uhren seien bis heutemechanisch, sagt Kohler, „weil man so sicher weiß, dass man sie auch noch in 30 Jahren warten kann.”Der Trend gehe erfreulicherweisewieder zu hochwertigen oder individuell gearbeiteten Stücken, bei den Uhren als auch beim Schmuck, der schrittweiseimmer mehr Raum im Sortiment eingenommen hat.
Seine Ämter, er war Obermeister der Uhrmacherinnung Region Stuttgart und stellvertretender Landesinnungsmeister, hat Klaus Kohler bereits abgegeben. Und das Geschäft wird am 8. August wird man endgültig schließen. „So ein Geschäft verpflichtet, da kann man kaum mehr als ein paar Tage am Stück weg“, sagt Kohler und will nun mehr reisen.Trotzdem fürchtet er den Moment, „wenn alles vorbei ist und ich hier zum letzten Mal abschließe“.
Möglicherweise wird es aber nicht so weit kommen. Nach längerer Suche hatdas Ehepaar eventuell einen Nachfolger gefunden. Die Verhandlungen mit einem Goldschmied laufen derzeit und Kohler denkt vorsichtig darüber nach, ob er seiner Passion, Uhren zu reparieren, noch ein Weilchen verbunden bleibt.
Für die Kunden kommt das Beste zum Schluss: Ab dem 27. Mai gibt es einen Nachlass von 20 bis 50 Prozent auf das gesamte Sortiment. Und so manches Stück, das dabei über den Ladentisch geht, könnte ja seinerseits eine Familientradition begründen – mit zeitlosem Schmuck oder mit Uhrwerken, die für die Präzision eines faszinierenden Handwerks stehen.
Geänderte Öffnungszeiten von Juwelier Kohler:
Montag bis Freitag von 9 bis 13 Uhr und von 14.30 bis 18.30 Uhr
Samstag von 9 bis 13 Uhr