185. Bürgertreff des Bürgervereins Feuerbach mit Jürgen Kaiser:

„Wie knitze Schwaben die Welt veränderten“

Foto: BV Feuerbach Bild 1 von 1: Foto: BV Feuerbach

Jürgen Kaiser, Pfarrer, Autor, Journalist und Vorstandsmitglied des Bürgervereins, berichtete am 22. Januar beim 185. Bürgertreff des Bürgervereins Feuerbach über tatkräftige Schwaben, die in der Fremde ihr Glück machten bzw. für bedeutende Entwicklungen standen.

Langanhaltender Applaus der über 80 Mitglieder und Freunde des Bürgerverein Feuerbach e.V. gaben Zeugnis über einen mit großer Begeisterung und Inbrunst vorgetragenen Bericht über Lebenswege ausgewanderter Landsleute. Mit Eloquenz und in bestem Schwäbisch nahm der Autor seine Zuhörerschaft zuerst auf einen Kurztrip im rasanten Tempo durch die jüngere württembergische Geschichte mit, wobei er eingangs besondere Eigenschaften der Schwaben, wie „knitz“ und „hälenga“ deutete. „Hälenga“ ist nicht heimlich, man hängt z. B. Besitz nicht an die große Glocke, ist aber insgeheim beleidigt, wenn man arm eingeschätzt wird. „Knitz“ beschreibt einen Gedanken, der eigentlich klar umrissen ist, aber von einem knitzen Schwaben dennoch mit großer Aufmerksamkeit auch von der Gegenseite begutachtet wird.

Solche Vertreter besonderer Findigkeiten waren z.B. Max Eyth, ein begnadeter Maschinenbau-Ingenieur aus Kirchheim/T, „Der Schwefelkönig von Louisiana“, Hermann Frasch aus Gaildorf, dessen chemische Verfahren heute noch aktuell sind und der Fahrradbauer aus Weil der Stadt, der mit seinen Erfindungen zugunsten der Frauen rund um den Drahtesel, auch die Frauenmode und damit auch gesellschaftliche Veränderungen wesentlich beeinflusste. Ein besonderes Beispiel für aufmüpfiges und freiheitliches Denken mitten in der badischen Revolution, war der Feuerbacher Demokrat Ernst Elsenhans, Sohn des langjährigen Feuerbacher Schultheiß. Die Preußen mordeten ihn, 34igjährig, nach einem nicht rechtmäßigen Gerichtsverfahren auf den Wällen der Bundesfestung Rastatt.
Dies sind nur vier Lebensgeschichten von rund vierzig in zwei Büchern niedergelegt, ein drittes folgt im Herbst. Es war eine unterhaltsame Geschichtsstunde über Landsleute, die gezwungen waren, ihr Glück woanders zu suchen. Auch deshalb bleibt die Mahnung des Autors im Gedächtnis: Zwischen 1806 und 1871 sind zwanzig Prozent der Schwaben, eine von fünf Millionen Einwohner aus dem bettelarmen Württemberg ausgezogen – meist als „Wirtschaftsflüchtlinge“.

Veröffentlicht am 30.01.2020