Hartmut Zweigle, geschäftsführender Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde, verlässt den Stadtbezirk und wird nun Dekan in Göppingen.
Eigentlich pfeifen es die Spatzen längst vom Turm der Stadtkirche: Hartmut Zweigle ist der neue Dekan in Göppingen. Trotzdem wollte der bisherige geschäftsführende Pfarrer der evangelischen Gemeinde Feuerbach seinen Weggang bislang nicht an die große – wegen der Kirchturmsanierung überdies über Monate verstummte – Glocke hängen: “Ich will nicht, dass die Leute denken, mit mir braucht man schon nicht mehr zu rechnen, ich wäre eigentlich schon weg”, sagt er beim Gespräch, das wegen der Corona-Epidemie im Pfarrgarten stattfindet.
Eigentlich habe er beim Antritt seines Dienstes im Februar 2014 gedacht, er würde bis zum Ruhestand in Feuerbach bleiben, erzählt er. Doch nun lockt den 57-jährigen die Aufgabe als Dekan in Göppingen mit ihren zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten – auch wenn es ihm schwer fällt, den Stadtbezirk zu verlassen, den er über die Jahre lieben gelernt hat. Dabei war, von der Heilbronner Straße herkommend, sein allererster Eindruck noch, Feuerbach sei ein typischer Industriestandort. Doch dann habe er die zahlreichen idyllischen Seiten entdeckt: “Man kann sich hier gut beheimaten”, sagt er. Und: “Feuerbach ist für mich auch Feierbach, man feiert gerne.”
Fehlen werde ihm aber auch das sportliche Walken durch den Wald hinüber nach Botnang, sein probates Mittel “wenn ich den Kopf freibekommen muss”. Und dann ist da noch eine andere, lieb gewonnene Ge-wohnheit: “Sehr zum Ärger meiner Kinder flaniere ich gerne die Stuttgarter Straße hinauf und hinunter und komme dabei mit allen möglichen Leuten ins Gespräch: Dabei erfährt man sehr viel über die Menschen und was sie bewegt.”
Ohnehin hat er die Feuerbacher als offene Menschen “mit einer großen Grundliberalität” kennen gelernt. Entsprechend leicht fiel es Zweigle, in den Jahren seines Wirkens einige Gottesdienstformate neu anzustoßen. Dazu gehören zum Beispiel die ökumenischen Passionsandachten, “katholisch, methodistisch, teilweise auch baptistisch, und evangelisch”. Aber auch der Gottesdienst “Wider das Vergessen”, der sich zum Jahrestag der Reichsprogromnacht mit Themen wie “Stolpersteine” oder “Luthers Verhältnis zu den Juden” befasst.
Zwei Dinge waren schon vor seiner Feuerbacher Zeit in Gang gekommen, haben ihn aber weiter beschäftigt: Die Fusion der vormals eigenständigen Gemeinden zu einer. Und die Vorgabe, sich von Immobilien trennen zu müssen: Die Luther- und die Föhrichkirche sind bereits vermietet, sollen aber verkauft werden: “Das tut unglaublich weh”, sagt er, unterstreicht aber auch: “Mit zu vielen Immobilien nimmt man sich den Handlungsspielraum.” Er blickt positiv in die Zukunft, hat sich auch deshalb immer für die Waldheimarbeit und für den Erhalt der beiden Kindergärten eingesetzt: “Wir brauchen diese Arbeit an der Zukunft der Gemeinde, können nicht sagen, wir schotten uns ab und wärmen uns gegenseitig!”
Am 26. April hätte er eigentlich in sein neues Amt eingeführt werden sollen. Allerdings macht ihm Corona einen Strich durch die Rechnung: Die Verabschiedung in Feuerbach musste bereits abgesagt werden, die Göppinger Investitur wird vermutlich folgen. “Aber das macht nichts, das holen wir alles nach”, sagt er und blickt zum gerade fertig gestellten historischen Kirchturm der Stadkirche St. Mauritius hinauf: “Dass ich ihn noch so ohne Gerüst erleben darf, ist doch ein gutes Zeichen, das nehme ich mit nach Göppingen!”
Von Susanne Müller-Baji