Botanische Besonderheiten an Stuttgarter Waldrändern:

Auflichten für den Artenschutz - auch am Feuerbacher Lemberg

Der Färber-Ginster - Genista tinctoria - steht auf der Top-E-Fläche am Waldrand Lemberg in Feuerbach. Foto und Rechte: LHS Bild 1 von 1: Der Färber-Ginster - Genista tinctoria - steht auf der Top-E-Fläche am Waldrand Lemberg in Feuerbach. Foto und Rechte: LHS

Im Stuttgarter Stadtwald haben in diesem Sommer an verschiedenen Waldrändern im ganzen Stadtgebiet Auflichtungsarbeiten für den Artenschutz stattgefunden.

Seltene und bedrohte Pflanzenarten sollen so von konkurrierenden und beschattenden Gehölzen befreit werden, weil die Beschattung zu einer Verdrängung der wärmeliebenden Arten auf den Flächen führt (Sukzession). Diese Waldränder sind teilweise als sogenannte „Top-E-Flächen“ bereits Bestandteil des Artenschutzkonzepts der Stadt Stuttgart. Das „E“ steht für Effizienz und bedeutet, dass mit vergleichsweise geringem personellen und finanziellen Aufwand viel für den Artenschutz getan werden kann.

Durchgeführt werden diese Arbeiten entweder vom Garten-, Friedhofs- und Forstamt oder in dessen Auftrag durch verschiedene Gartenbaubetriebe. Die fachliche Betreuung der Arbeiten findet in enger Abstimmung mit dem Garten-, Friedhofs- und Forstamt durch die untere Naturschutzbehörde der Stadt beim Amt für Umweltschutz statt. Mitglieder des Botanischen Arbeitskreises Stuttgart, die die Pflanzenstandorte sehr genau kennen und diese in der „Flora Stuttgart“ auch dokumentiert haben, geben zusätzliche Hinweise.
Am Waldrand Lemberg in Feuerbach erfolgten in diesem Jahr bisher zwei Pflegeeinsätze für den Artenschutz. So wurden auf dieser „Top-E-Fläche“ Ende Juni und Anfang Oktober in fünf Bereichen Sukzessionsgehölze entfernt und auch die benachbarte Mergelgrube, unter dem Namen „Kotzenloch“ bekannt, freigestellt. Wichtig war in erster Linie das Zurückdrängen der extrem ausbreitungsfreudigen Robinien, die durch Überwachsen das Vorkommen von zwei seltenen Haarstrangarten (Peucedanum cervaria, P. officinale), der Erbsenwicke (Vicia pisiformis) und der Traubigen Graslilie (Anthericum liliago) bedrohen. Auch der Hügel-Klee (Trifolium alpestre), der Berg-Klee (Trifolium montanum), der Färber- Ginster (Genista tinctora) und die Schwarzwerdende Platterbse (Lathyrus niger) lieben es sonnig und warm. Darüber hinaus wurden Arbeiten am Waldrand des Feuerbacher Höhenwegs durchgeführt, die im Zuge der Verkehrssicherungspflicht erforderlich waren.

An den Sieben Linden in Obertürkheim ging es bei den im August durchgeführten Pflegearbeiten um die Freistellung von Vorkommen des Weidenblättrigen Alants (Inula salicina) und der Essig-Rose (Rosa gallica). Auch diese Fläche ist als „Top-E- Fläche“ bereits Bestandteil des Artenschutzkonzepts.

Neu in das Artenschutzkonzept aufgenommen wird der Waldrand Raichberg in Gablenberg, da es hier zahlreiche, für Stuttgart seltene, Wildrosenarten gibt. Dazu gehören beispielsweise die Vogesen-Rose (Rosa vosagiaca), die hier ihren einzigen Wuchsort in Stuttgart hat, die Raublättrige Rose (Rosa marginata) und die Busch- Rose (Rosa corymbifera). Die Freistellungsarbeiten an diesem Waldrand wurden Anfang November im Auftrag des Garten-, Friedhofs- und Forstamts unter Betreuung durch den Botanischen Arbeitskreis Stuttgart durchgeführt. Mit dem Freischneiden der Rosenbüsche bekommen auch die Wildkräuter auf der südexponierten Böschung wieder mehr Licht. Lichtliebende Arten wie Flügelginster (Genista sagittalis), Nickendes Leimkraut (Silene nutans) und Graslilie (Anthericum liliago) sollen sich wieder ausbreiten und zur Blüte kommen.

Zur Sicherung der wertvollen Waldränder mit ihren seltenen Wildpflanzen werden große Störsteine neu ausgebracht, um das Befahren und Parken zu verhindern, illegale Ablagerungen von Grünschnitt und Abfällen beseitigt und Trampelpfade zum Schutz der Pflanzen reduziert.
Für die Entwicklung der Waldränder in einen natürlichen Zustand mit zahlreichen wärmeliebenden Pflanzenarten werden bereits erfolgreiche Nachzuchten seltener Wildpflanzen aus Samen original Stuttgarter Herkunft in Hohenheim durchgeführt. Hier engagieren sich sowohl die Staatsschule für Gartenbau als auch die Hohenheimer Gärten mit einer „Erhaltungskultur der Stuttgarter Raritäten“. Ein Ausbringen der nachgezogenen Pflanzen ist teilweise schon auf Flächen des Artenschutzkonzepts der Stadt erfolgt. So konnten bisher zum Beispiel die freigestellte Bahnböschung am Dachswald und die mageren Säume in Uhlbach mit diesen botanischen Besonderheiten versorgt werden. Weitere Auspflanzungen sind für das kommende Jahr am Lemberg geplant. Hier erfolgt eine enge Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Stuttgart, das als höhere Naturschutzbehörde für die Genehmigung der Samengewinnung und der Auspflanzungen im Naturschutzgebiet zuständig ist.

Veröffentlicht am 18.12.2020