Begnadeter Maler, verfemter Zeichner und Feuerbacher Urgestein: Otto Herrmann (1899 - 1995) war vielleicht der größte Künstler, den der Stadtbezirk hervorgebracht hat.
Jetzt ehrt ihn eine ungewöhnliche Präsentation: Seine Werke werden an zwölf Orten ausgestellt und ziehen sich wie ein roter Faden durch die Kultur- und Einkaufsnacht am Samstag.
Es herrscht Betriebsamkeit im Feuerbacher Sitz der Otto & Maria Herrmann Stiftung: Die beiden Stiftungsvorstände Natalie Kreisz und Julia Novak bereiten an diesem Nachmittag gleich zwei Ausstellungen vor: Die eine, in der Galerie 4/1 des Korntaler Kunstvereins, hat zwischenzeitlich bereits eröffnet. Die andere besteht aus zwölf Präsentationen an ebenso vielen Orten und ist das besondere Highlight der Feuerbach-Nacht am Samstag – und danach teilweise sogar bis Anfang November zu sehen.
Drei große Werkgruppen haben den Künstler bekannt gemacht: Seine mit Motiven aus der Zirkus-, Theater- und Halbwelt, über denen oft auch eine gewisse Melancholie und Einsamkeit liegt. “So nehme ich die Welt als großen Zirkus in Kauf, in dem die Clowns ihren Führungsanspruch behaupten zum großen Spaß der Karikaturisten”, hat Herrmann einmal gesagt. Wie passend, wo doch seine zweite große Werkgruppe seine gesellschaftskritischen Zeichnungen und Illustrationen für Zeitschriften “Simplicissimus”, “Jugend” oder Uhlstein” sind.
Und dann ist da noch die Lithografie-Serie “Die Verdammten”, auch als “Stalingrad-Zyklus” bekannt: In ihr hatte Otto Herrmann 1950 die entwürdigen Seiten des Kriegs dargestellt. So kurz nach Kriegsende war das Publikum noch nicht reif dafür: Man warf ihm vor, die deutsche Soldatenschaft zu diffamieren. Otto Herrmann zog sich verbittert zurück. „Um mich wurde es still“ erinnerte er einmal in einem Interview, „finanziell ging mir die Luft aus, und ich ging wieder zurück in die Fabrik“. Anerkennung fand sein Werk erst spät, ist seither aber hochaktuell geblieben: Der verlorene Mensch in seiner Glamourwelt, die Entmenschlichung im Krieg – all das sind Themen, die auch heute noch eine starke Botschaft senden.
Umso schöner ist es, dass die Kulturnacht am Samstag nun ein Wiedersehen mit Otto Herrmann und seinem Werk bringt. Zumal die gezeigten Arbeiten, Fotos und Drucke liebevoll auf ihre Ausstellungsorte abgestimmt sind: Der Arbeitsalltag der Lederfabrik Roser wird vor Ort im vormaligen Verwaltungsgebäude zu sehen sein, das heute das Freie Musikzentrum (fmz) beherbergt. Für das Café Klavierzimmer in der Kapfenburgstraße 48 haben Kreisz und Novak dagegen typische Café- und Barszenen ausgewählt und in den Bildern für die Buchhandlung Schairer in der Feuerbacher Talstraße 3 wird natürlich gelesen. Die Nachtschwärmer können auch das Elternhaus (Burgenlandstraße 92) und das Wohnhaus (Elsenhansstraße 15) von Otto Herrmann anschauen, An beiden Gebäuden informieren auch BFG-Tafeln ("Begehbares Feuerbacher Gedächtnis") über diesen Maler.
Zwölf Orte sind es insgesamt, die sich an der Aktion mit dem Arbeitstitel “Mit Otto Herrmann durch die Kulturnacht” beteiligen. Das Besondere daran: Gab es zuvor immer ein Programm der kulturschaffenden Einrichtungen im Stadtbezirk und ein Programm der Einzelhändler, zieht sich die Präsentation nun wie ein roter Faden durch beides. Das sei auch der Pandemie geschuldet: “Im Lockdown haben Kultur und Einzelhandel am meisten gelitten, auf diese Weise wollen wir jetzt beides unterstützen”, sagt Natalie Kreisz und hat schon wieder alle Hände voll zu tun.
Info: Weitere Info zu Otto Herrmann gibt es unter www.herrmann-stiftung.de – dort kann man auch den Flyer herunterladen mit den Standorten der Arbeiten zur FeuerbachNacht am Samstag, 23. Oktober.
Von Susanne Müller-Baji