Jutta Sailer-Paysan führte vergangene Woche Drittklässler der Hohewartschule durch den Stadtbezirk - und der eine oder andere Narr war auch mit dabei.
Wenn eine dritte Klasse plus begleitende Lehrerinnen plus Stadtführerin Jutta Sailer-Paysan an einer Dohle lauschen, muss das seinen Grund haben. Einen triftigen sogar, denn er hier unterirdisch verlaufende Feuerbach, den man dabei ganz leise gurgeln hören kann, sorgte schließlich dafür, dass sich die allerersten Feuerbächer gerade an dieser Stelle niedergelassen haben. Und er hat dem Stadtbezirk außerdem sein Wappentier beschert, den Biber. Dass Feuerbach einst Biberbach geheißen hat, das wissen die Kinder der 3c auch schon, dank einer eigenen Unterrichtseinheit in der sie derzeit die Ortsgeschichte erkunden, wie Lehrerin Miriam Klewar erläutert.
Wie wurde aber aus Biberbach Feuerbach, “hat’s da mal gebrannt?”, hakt nun eine der Erwachsenen nach. Gebrannt habe es sicher mal, so dicht gedrängt, wie die Gebäude im historischen Dorfkern gestanden haben, antwortet Jutta Sailer-Paysan. Die Namensänderung beruhe aber auf reiner Lautverschiebung: Eine einheitliche Schreibung gab es damals noch nicht, “der eine hat’s schlampig ausgesprochen, der andere hat’s nicht richtig gehört.” Die Drittklässler nicken interessiert: Eine Zeit vor der Rechtschreibung, das ist für jeden spannend, der im Diktat schon mal so seine Zweifel hatte. Und etwas später erfahren die Kinder, dass ein Lehrer früher bis zu 300 Schüler hatte, der Begriff “betreuen” verbietet sich hier von ganz allein.
So führt die Stadtführung durch den Alten Flecken und Jutta Sailer-Paysan wäre nicht selbst in der Feuerbacher Narrenzunft aktiv, wenn sich nicht immer wieder einen Bogen zu Fasnet schlagen würde, die in diesem Jahr pandemiebedingt wieder weitgehend entfallen muss. Sie erklärt, woher der Schmutzige Donnerstag seinen Namen hat, auch dies wieder eine Lautverschiebung von “schmalzig” – weil zur Fasnet noch schnell alles Fett verbraten wurde, das in der Fastenzeit nicht mehr verwendet werden durfte.
“Hört ihr das auch?” – gerade hatte Sailer-Paysan vom dorfbekannten Tagelöhner “Schaffle” erzählt, da biegen unter dem allgemeinen, erschreckten Kreischen der Kinder zwei Schaffle-Häs mit extra viel Schellengeläut um die Ecke. Und wo zwei Narren auftauchen, darf auch die Hauptfigur, der Bock, nicht fehlen. Er vollführt einen Bocksprung nach dem nächsten und Kinderaugen leuchten. “Ich bin froh, dass die Fasnet heute so stattfindet”, sagt Miriam Klewar leise: “Manche Kinder waren heute morgen ängstlich und haben gefragt, ob es jetzt Krieg gibt”, sagt sie im Hinblick auf den russischen Einmarsch in die Ukraine. Da sorgt so ein bisschen Narretei für wohltuende Ablenkung.
Die Kinder haben auch gleich die besten Fragen an den Bock und sein Häs: Ist das warm? “Sehr!” Wieviel wiegt das? “14 Kilogramm!” Dann enthüllt der Meister der hiesigen Narrenzunft sogar noch ein Geheimnis, lupft das Ziegenfell, das sein Gesicht verhüllt und zeigt – eine medizinische Maske. So ist das eben mit der Fasnet in Pandemiezeiten. Und während die Schulführung gerade hier vor historischen Tagelöhnerhaus endet, haben die Narren gleich noch eine andere Mission und ziehen im Familienverband weiter zum Bezirksrathaus.
Eigentlich will man dem neuen Feuerbacher Bezirksvorsteher nur einen kurzen Antrittsbesuch abstatten. “Ich freue mich, dass Sie alle die Maskenpflicht einhalten”, sagt der knitz und hat die Narren so schon für sich gewonnen. Und dann lässt Johannes Heberle den hölzernen Schlüssel bringen und übergibt die Amtsgeschäfte vollkommen freiwillig den Hästrägern. Rathaussturm light, sozusagen. So isch’s no au wieder. Für das kommende Jahr hofft man nun auf ein Ende der Pandemie und will dann wieder richtig auf die Pauke hauen.
Von Susanne Müller-Baji