Das Trennende eint uns Deutsche. Wir tun es mit Hingabe und Akribie: Das Sortieren und Trennen des Mülls. Spätestens seit der Verpackungsordnung von 1991 ist der Abfall offiziell zum Wertstoff geworden.
Doch sind wir damit wirklich die Recyclingweltmeister geworden? Mitnichten! Unsere Disziplin beim Trennen des Mülls und die vergleichsweise gute Recyclingquote kann letztendlich nicht über eine entscheidende Tatsache hinwegtäuschen: Wer viel hat, wirft auch viel weg. Je reicher ein Land ist, desto mehr Müll produziert es auch. 78 Kilogramm Verpackungsabfall pro Kopf wurden 2020 bei den privaten EndverbraucherInnen und -verbrauchern in Deutschland eingesammelt. Das waren nach den Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes pro Person durchschnittlich sechs Kilogramm mehr als im Jahr 2019. Im Jahr 2021 und auch im laufenden Jahr dürfte dieser Wert wegen der ständig wachsenden Online-Kaufquoten eher noch gestiegen sein – auch wenn hier Zahlen noch fehlen.
Es ändert auch der Besuch vieler Bürger auf Wertstoffhöfen und Recyclingbetrieben herzlich wenig am viel zu hohen Ressourcenverbrauch. Von A wie Aluminium über B wie Bauschutt bis Z wie Zinkblech kann dort viel Ballast abgeladen werden. Und aus Sicht des Konsumenten ist es vielleicht tröstlich, ja eine Art Bußgang oder Ablasshandel fürs gute Gewissen: Man entledigt sich auf dem Hof von Materiellem und entlastet damit gleichzeitig auf ökologisch korrekte Art und Weise die vom Klimawandel so arg strapazierte Seele. Ab damit in den richtigen Container oder in die passende Tonne. Das tut gut. Allerdings steckt auch eine gehörige Portion Selbstbetrug dahinter. Was passiert mit all dem Plastik, das in den gelben Tonnen landet? Und der immer höhere Input und die steigenden Nutzerzahlen zeigen ja auch: Es wird ständig noch mehr weggeschmissen und damit noch mehr konsumiert. Der meiste Müll in absoluten Pro-Kopf-Zahlen fällt übrigens im EU-weiten Ländervergleich in Dänemark (845 kg), Luxemburg (790 kg) und Malta (643 kg) an. Danach kommt schon Deutschland mit 505 Kilo pro Einwohner.
Wer sich’s also leisten kann, kauft weiterhin ungeniert Neues statt Altes zu reparieren. Der Müllberg wächst indes weiter in die Höhe und muss teilweise nach Fernost exportiert werden. Denn nicht alles, was recycelt werden könnte, wird auch recycelt. Zudem landet noch immer viel zu viel gesammeltes Plastik in Verbrennungsanlagen. Trotzdem, das sei hier deutlich gesagt, ist die Trennung wichtig: Schließlich gibt es auch gut funktionierende Recycling-Kreisläufe. Noch besser ist der Verzicht auf Plastik. So bietet der Biomarkt Organix in Feuerbach seit einiger Zeit auch Lebensmittel unverpackt an. Auch wenn dies nicht durchweg möglich ist, so werden doch einige Produkte in großen Spendern angeboten. Die Kunden können eigene Gefäße zum Beispiel für Nudeln, Hülsenfrüchte oder Reis mitbringen. Auch beim Wochenmarkt gibt’s Waren vom Erzeuger um die Ecke oft ohne Verpackung. Zum völligen Verzicht auf Verpackungsmüll reicht das natürlich nicht – aber es ist immerhin ein Anfang. Auf einem völlig anderen Terrain der Nachhaltigkeit bewegt sich auch Fairkauf in Feuerbach. Dort geht es um Möbel, Hausrat, Kleidung, aber auch Kinderspielzeug, Sportartikel, Bücher, Tonträger und Wohnzubehör. In dem Second-Hand-Kaufhaus der Caritas an der Steiermärker Straße 53 können gut gepflegte und noch voll funktionsfähige Dinge als Spende abgegeben werden: So mancher befreit sich halt gern von Wohlstandsballast, und der, der nichts hat, freut sich daran.
Von Georg Friedel
Aus "FeuerbachGO", Ausgabe 14/22