Friedhof Feuerbach:

Erinnern und Entdecken

Allerheiligen, Allerseelen und Ewigkeitssonntag: Der November steht im Zeichen der christlichen Totengedenktage. Viele werden in dieser Zeit die Gräber ihrer verstorbenen Freunde und Angehörigen besuchen.

Aber der Feuerbacher Friedhof ist auch ein Ort, an dem man einen wunderbaren Herbstspaziergang unternehmen und viel Interessantes entdecken kann. Der Bürgerverein hat dazu 2016 ein Büchlein herausgegeben, von dem noch einige erhältlich sind: „Friedhöfe sind besondere Orte.“

Friedhofskultur am Ort – die Wurzeln dafür reichen weit zurück: Der Feuerbacher Pfarrer und Heimatforscher Richard Kallee (1854-1933) entdeckte 1904 ein Gräberfeld im Bereich der oberen Stuttgarter Straße, das sich aufgrund verschiedener Grabbeigaben auf die Zeit ab 750 nach Christus datieren lässt. Um diese Zeit bestattete man in Feuerbach noch heidnisch, die Toten waren aber mit Blickrichtung gen aufgehende Sonne begraben worden. Verlieh das bereits der Sehnsucht nach Auferstehung Ausdruck?

Später, bis 1680, bestattete man seine Toten im Kirchhof um die heutige Stadtkirche herum, wo es freilich bald recht gedrängt zugegangen sein muss. Deshalb legte man ab dem Jahr 1619 einen Friedhof an, wo heute die Stuttgarter und die Linzer Straße verlaufen. Bis 1898 wurde er genutzt, inzwischen ist der „alte Friedhof“ zu einer Grünanlage geworden. Und jetzt also der neue Friedhof, rund zehn Hektar groß, 1898 erstmals belegt und abseits vom Flecken, das war wichtig wegen der immer wieder aufflackernden Epidemien.
Fast ein halbes Jahrhundert lang diente hier eine Kapelle in Holzbauweise für Trauerfeiern. Ende der 50er Jahre entstand die neue Aussegnungshalle und mit ihrer Stahlbetonfassade muss sie für manchen Feuerbacher ein Schock gewesen sein.

Interessant ist, dass das gesamte Gebäude – Fassade, Fenster, Decke – der Handschrift des bekannten rumänischen Bildhauers Constantin Brancusi (1876-1957) folgt, der Architektur und Skulptur zu verschmelzen suchte – eine Hommage an den kurz zuvor verstorbenen Künstler?
Wer sich nun mit dem Friedhofsbüchle des Bürgervereins auf einen Rundgang über den Friedhof begibt, stößt auf viele kreative Geister, die in Feuerbach gewirkt haben und nach denen in der Folge auch Straßen und Wege benannt wurden: Der Pianist Werner Haas (1931-1976) oder der Künstler Otto Hermann (1899 -1995). Aber auch der Humorist, Parodist und Volksschauspieler Erich Hermann (1911-1984), der einst gedichtet hatte „Der Killesberg, der Killesberg, des isch mei Paradies“ und an den ein Gedenkstein im Höhenpark erinnert.

Es ist gut, dass ihre Gräber Bestand haben und dass der Bürgerverein sie mit dem von Maurus Baldermann verfassten Büchle zum Feuerbacher Friedhof würdigt. Wunderbar liest sich das Kapitel über den Feuerbacher Wundarzt Carl Rendlen (1846 -1910), der wohl auch durch einen gesunden Mutterwitz auffiel: Der eine Sohn hat die Masern? Den anderen ruhig im selben Bett schlafen lassen – „der kriegt se ja doch!“ Die Kirbewoche war Rendlens liebste Zeit: „Da hent dia Weiber vor lauter Bacha koi Zeit zum Kranksei“ – dann war also Backen statt krank sein angesagt. Wenn er aber genau wusste, dass der Kranke wenig Geld hatte, dann wartete der auch mal vergeblich auf die Arztrechnung.

Es sind Geschichten wie diese, die bleiben, wenn die Personen schon längst verstorben sind. Und das macht es auch so tröstlich, den Friedhof nicht nur zu den Totengedenktagen und aus einem Pflichtgefühl heraus zu besuchen. Sondern ihn auch als Ort wahrzunehmen, an dem man vom Alltag innehalten und in der Feuerbacher Geschichte stöbern kann.


Vom 2016 erschienenen Büchlein „Friedhöfe sind besondere Orte: Der Feuerbacher Friedhof, Grabstätten bekannter Persönlichkeiten, Geschichte, erhaltenswerte Grabkultur“ sind noch einige Exemplare erhältlich.
Sie können beim Bürgerverein direkt – info@bv-feuerbach.de – oder aber in der Buchhandlung Schairer, Feuerbacher-Tal-Straße 3, bezogen werden.

Veröffentlicht am 02.11.2022