"Wenn mich etwas drückt oder ich etwas mit mir klären muss, dann gehe ich zu ‚meiner Eiche‘ im Feuerbacher Wald," erzählt Autor Jürgen Kaiser, der außerdem Pfarrer und Journalist im Ruhestand ist.
Um seinem Lieblingsbaum herum erzählt er in „Treffpunkt Eiche“ aus der württembergischen Landesgeschichte – und macht sie so unmittelbar vor der eigenen Haustür erfahrbar.
Manchmal trifft man Kaiser als Büttel von Feuerbach bei Führungen im Stadtbezirk an – und natürlich auch hier in der FeuerbachGO. Zeitweise zieht er sich auch an seinen Schreibtisch zurück, für eines seiner beliebten Bücher, die sich überwiegend mit Historie und Histörchen Württembergs befassen. Wenn er dann mal wieder den Kopf frei kriegen muss, besucht er seinen Lieblingsbaum, nahe der Dischinger Burg. Warum also nicht mal alles miteinander verbinden, mag er sich gefragt haben. Jetzt ist sein neuestes Werk „Treffpunkt Eiche“ erschienen und es presst „500 Jahre Geschichte Württemberg“ zwischen zwei Buchdeckel – liest sich trotzdem ausgesprochen spannend und unterhaltsam.
Es trifft sich, dass Kaisers Lieblingsbaum geschätzt um die 500 Jahre alt ist und verkehrstechnisch geschickt an einer historischen Straße steht. „Richtstattallee“ heißt diese bis heute, weil Verurteilte über die Jahrhunderte so ihren letzten Weg hinunter zum Galgen an der Wolframshalde unterhalb der Prag antraten. Und so wie man manchmal denkt, „wenn dieser Baum dort reden könnte, was würde er wohl erzählen“, so erhält man nun die Antwort. Von der Reformation im Ländle erzählt die Eiche, vom Dreißigjährigen Krieg, vom Treffen der jungen Denker Hölderlin, Hegel und Schelling, von der Niederschlagung der Deutschen Revolution und der Industrialisierung. Dazwischen gibt es Wissenswertes zur Eiche, mit der in Deutschland ja auch eine Vielzahl von Mythen verknüpft sind.
Die Episoden holen so die große Geschichte ganz nah heran, veranschaulichen aber auch mehr als einmal, wie gut es uns allen heute geht: Das zeigt besonders drastisch das Kapitel „Leben? Überleben!“, als zu den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges die Pest kommt. 1634/35 seien 527 von damals 900 Einwohnern Feuerbachs gestorben, schreibt Kaiser, der Rest sei vor den marodierenden Horden in die Wälder geflohen. 1643 habe der Flecken Feuerbach als unbewohnt und aufgegeben gegolten. Interessant auch: Manchmal blitzt im Alltag und völlig überraschend eine Erinnerung an die ganz großen Katastrophen der Geschichte auf: Die badische Weinlage „Alde Gott“, zum Beispiel, oder auch das Cannstatter Volksfest, das 1818 das Ende einer entsetzlichen Hungersnot markierte.
Wunderbar auch die Episode um die Einführung der Schulpflicht in Feuerbach, und das bereits im Jahr 1570. Sie gilt nur im Winter, im Sommer muss der Nachwuchs selbstverständlich auf den Feldern mitarbeiten. Dafür aber eigentlich für Buben und Mädchen. Nur dass letzteren von den Eltern der Schulbesuch verweigert wird, schließlich heiraten sie später sowieso.
Hans erzählt also von der Schule, schimpft über das Stillsitzen und die Ohrfeigen vom Lehrer. Und Gretel hört sich das alles an und sagt dann mit Nachdruck: „Du, Hans, ich wär trotzdem gerne in der Schule!“
Apropos Schule: Selbst wer sich zu Schulzeiten nicht dafür interessiert hat, lernt mit diesem Buch nebenbei ganz viel über die Landesgeschichte – und über Feuerbach sowieso. Jürgen Kaiser schreibt dazu allerdings im Vorwort: „Die Eiche steht im Feuerbacher Wald. Deshalb kommt auch die Feuerbacher Geschichte mit ihren Menschen in den Geschichten vor. Doch dies ist kein Feuerbacher Heimatbuch. Die geschilderten historischen Ereignisse haben in ganz Württemberg stattgefunden. Die Geschichten wollen auch anregen, sich die Geschichte der eigenen Stadt, des eigenen Dorfes anzuschauen. Denn Feuerbach war überall.“
Jürgen Kaiser präsentiert sein Buch erstmals am Dienstag, 8. November, um 19.30 Uhr, in der Buchhandlung Schairer, Feuerbacher-Tal-Straße 3.
„Treffpunkt Eiche“ (ISBN 978-3-948882-29-7) erschienen in der Edition Evangelisches Gemeindeblatt und ist im Buchhandel erhältlich.