Früh am Nachmittag beginnt die diesjährige FeuerbachNacht – wieder bestehend aus Kultur- und Langer Einkaufsnacht: Bereits um die Mittagszeit begannen die Veranstaltungen, gefeiert wurde aber trotzdem bis in die frühen Morgenstunden des Sonntags.
Und natürlich kamen nachmitttags vorrangig die jüngsten Gäste zum Zuge: So eröffnete das Kinder- und Jugendhaus, vormals Camp, den Reigen der Programmpunkte und wurde dabei tatkräftig vom Mobifanten-Spielangebot unterstützt. Noch am Abend zuvor hatte man eingeräumt, für diesen allerersten Öffnungstag seit Umbau und der Generalsanierung, berichtete Einrichtungsleiter Benjamin Seidl. Noch ist nicht alles fertiggestellt, aber die Gäste zeigten sich durchweg beeindruckt.
In Verbindung mit dem noch guten Wetter hatte dieses neue Angebot freilich zur Folge, dass es bei vielen anderen Kinderangeboten ruhiger als sonst zuging. Beim Instrumenten-Ausprobieren des Musikvereins im Bezirksrathaus nahm man es gelassen, es hatten sich noch einige Interessenten angesagt. Und im Satyagraha-Kulturzentrum in der Scharfenschloßstraße ließen nun eben nicht die Kinder, sondern die Erwachsenen die Klangschalen und Gongs erklingen. Sängerin und Klangtherapeutin Margarete E. Klotz und Ehemann Reinhard Schaible machten es vor: Ein Schlag auf einen der Riesengongs und man konnte den Ton fast schon körperlich spüren. Alle drei zusammen und das Klangerlebnis ging durch Mark und Bein – eine sehr angenehme Erfahrung.
Auch in der Bücherei startete man mit einem Kinderprogramm und veredelte bei einem Workshop schnöde Getränkekartons zu Übertöpfen. Später am Abend würden die Crime Sisters wie schon in den Jahren zuvor aus ihren Krimis lesen, aber noch war meditatives Basteln angesagt. Und, wie wird Büchereileiter Kristof Judt seinen Übertopf verzieren? „Da kommen Streifen drauf: Das geht schnell und macht wenig Arbeit.“ Verständnisloses Kopfschütteln bei einem kleinen Gast, der gerade sein Werkstück mit feinen Blütenranken verzierte. Und auch in der Bürgerhausetage des Freien Musikzentrums war Mitmachen angesagt: Der Verein The Survivors lud zum Round Dance – erst zeigte der Verein wie es aussehen kann, wenn man weiß, wie es geht. Dann waren die Gäste aufgerufen, es ihrerseits mal zu versuchen – eins, zwei, cha-cha-cha! Auch der Verein zur Rettung der Wandbilder im Schoch-Areal e.V. lud ein, anhand Fotos und einem Bildervortrag die vor dem Abriss geretteten Wandbilder der ehem. Schoch-Kantine aus dem Jahre 1949 zu entdecken.
Am Hirschbrunnen sammelte sich zeitgleich eine Schar interessierter Bürger um Jürgen Kaiser, auch bekannt als der Büttel von Feuerbach. Er führte für den Bürgerverein durch den Stadtbezirk: Erst kurz die nur beinahe historische Amtsmann-Uniform vorgestellt – Jacke von einem Kölner Karnevalsausstatter, Glocke von einem englischen Schulbuchverlag und Mütze von der Bundesmarine und los geht's – dann gab es Wissenswertes aus der Ortsgeschichte. So erfuhr man etwa, wo sich einst das alte Rathaus befand und dass Feuerbach „in den Zehner- und Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die reichste Gemeinde Württembergs war“. „Ach!“ und „Wow!“ – das Publikum war gefesselt.
Doch schon geht es weiter und so langsam nimmt die FeuerbachNacht Fahrt auf: Wohin nun zuerst: Ins Neue Gymnasium Leibniz, in dessen Halle es gerade noch Sax'o'Fun musizieren und wo es später ein „Slam Poetry Battle“ geben soll? In die schuleigene Schwerpunktgalerie, wo die neue Ausstellung „Somewhere in Space and Time“ zu sehen ist? Oder doch hinüber in die Burgenlandstraße zur Versöhnungskirche der evangelisch-methodistischen Gemeinde, die einen weiteren Neustart hinlegte: Interessierte konnten bei dieser ersten FeuerbachNacht in den fertiggestellten Räumlichkeiten auf Entdeckungstour gehen und natürlich trat auch endlich wieder der gemeindeeigene Gospelchor ReJOYce auf.
Auch die Einzelhändler des Gewerbe- und Handelsvereins hatte sich für ihre lange Einkaufsnacht wieder zahlreiche Extras ersonnen. So war etwa die Malerin Brigitte Krüger in der Buchhandlung Schairer zu Gast, deren Bilder nun auch noch bis zur Umbaupause zu sehen sein werden. Besonders schön: Sie hatte Motive rund um das Lesen mitgebracht, Gemälde von der Stadtbibliothek am Mailänder Platz, von Bücherregalen und von Lesenden. „Entstanden sind sie alle während Corona, da war genug Zeit und das Thema Lesen lag nahe!“ berichtet die Zuffenhäuserin.
In der Stuttgarter Straße und den angrenzenden Bereichen gab es verschiedene „Walk Acts“, also kleine, künstlerische Darbietungen entlang des Wegs: Für Verblüffung sorgte Kirchenmusiker Detlef Dörner, der mit seiner Bambusflöte und in traditioneller japanischer Aufmachung verschiedene Orte bespielte, wegen der bienenkorbartigen Kopfbedeckung aber nahezu unkenntlich blieb. Natürlich wurde bei der Jonglage „Dancing on Fire“ auch wieder mit dem Feuer gespielt. Und vor allem die Kleinsten waren geradezu verzaubert von den Seifenblasen, die Künstlerin Frohnella entstehen ließ.
Erfreulich umlagert war auch wieder die Blaulichtarena, die am bewährten Standort auf dem Roser-Areal auch sehr viele Passanten anlockte. Die Polizei half bei Fragen zur Verbrechensprävention auf. Die Helfer der Feuerwehr konnten sich vor Fragen kaum retten und ließen die Kleinsten auch mal in den Einsatzfahrzeugen Platz nehmen. Und beim Deutschen Roten Kreuz ging es um Erste Hilfe und Wiederbelebung. Schön zu sehen: Gerade die Kinder ließen sich mit großer Begeisterung erklären, wie etwa eine Herzmassage funktioniert. Was Hänschen hier lernt, kann Hans einmal das Leben retten.
Das Epizentrum der Kulturnacht, stellte - wie eigentlich bei allen vorangegangenen Kulturnächten auch - das Angebot im Freien MusikZentrum FMZ dar, wo neben den Programmpunkten des Kultur- und Bürgerhauses und seiner Bürgeretage ein Stockwerk höher ebenfalls viele Mitmachangebote auf die Besucher warteten wie etwa dem traditionellen Schaufenster Musik des FMZ, einem Tag der offenen Tür mit Instrumenten aller Gattungen und aus aller Welt, bei dem Klein und Groß unter fachlicher Anleitung nach Herzenslust Instrumente auszuprobieren durften, der Aufführung von Tanzdarbietungen mit den sehr professionellen Tänzerinnen der Balletschule Rebmann--Oehl, dem mitreissenden Auftritten der Harmonikafreunde - und allem voran der After Party, die es diesmal in sich hatte und gleich zwei Live-Acts mit Musiker*innen aus der Ukraine die Besucher begeisterte: Nach einer Gruppe Sängerinnen aus der Ukraine mit traditionellen Liedern aus ihrer Heimat rockte das Projekt „Support Ukraine Network (SUN)“ den Saal - eine Initiative der aus Mariupol stammenden Sängerin Kseniia Ivanova mit in Stuttgart lebenden Musiker*innen unterschiedlicher Herkunft mit dem Ziel, die Menschen in der Ukraine zu unterstützen.
Zum Abschluss sorgte DJ Ramazotti bei der der grossen FMZ-Ausklangs-Party für Stimmung und ein volles Tanzparkett. Als i-Tüpfelchen gab es schliesslich auch noch eine grosse FMZ-Tombola mit tollen Preisen wie Eintrittskarten für das Friedrichsbau-Variete und einem speziellen Überraschungsgast - keinem geringeren als dem Stuttgarter OB Dr. Frank Nopper samt Gattin, der sich in Begleitung des Feuerbacher Bezirksvorstehers Johannes Heberle zum Überreichen der Preise für die Gewinner*innen einfand.
So ging es durch die FeuerbachNacht und es hätte noch so viel zu erleben gegeben. Wie gut, dass ein großer Teil der Ausstellungen auch noch in den kommenden Tagen und Wochen zu sehen sein wird, etwa im Kunsthaus Frölich, in der Schwerpunktgalerie, im „zwischenKunst Schauraum“ und im Cafe Klavierzimmer, das übrigens wieder Werke des großen Feuerbacher Malers Otto Herrmann präsentiert. Bei vielen der Kulturschaffenden ist nach der Veranstaltung sowieso vor der Veranstaltung: So soll in der Bücherei beispielsweise am 16. Juni das männliche Gegenstück zur Lesung der Krimifrauen anstehen, eine Lesung der „Mordskerle“. Denn das Schöne ist ja: Viel Kultur bringt immer noch mehr Ideen für Kultur hervor. Und das bereichert den Stadtbezirk rund ums Jahr.
Von Susanne Müller-Baji und feuerbach.de
...Und bitte sehen Sie es uns nach, dass wir nicht alle einzelnen Programmpunkte der FeuerbachNacht "abdecken" konnten weil man eben nicht überall gleichzeitig sein kann.
(Wir haben zwar bei Einstein, Hawking und "Neo"/Keanu Reeves aus der "Matrix" nachgefragt, jedoch leider ohne brauchbare Antworten...)