Am Steilhang leisten die wolligen Gesellen gute Dienste: Sie mähen, sie entblättern die Reben, und ihr Kot düngt. Von Georg Friedel.
Die Sonne knallt an diesem Vormittag auf die Rebhänge am Lemberg. Fabian Rajtschan sucht seine kleine Schäfchen-Herde, doch die Tiere sind nirgends zu sehen. Sie scheinen bei der Hitze eine Siesta eingelegt zu haben. Der Öko-Winzer steigt vorsichtig über den hüfthohen großmaschigen Elektro-Weidezaun, den ein Solarmodul im Wengert mit elektrischer Spannung versorgt, läuft den steilen Rebhang hoch und wird hinter dem kleinen Weingärtnerhaus fündig: Seine paarhufigen Rebhelfer haben es sich im Schatten gemütlich gemacht und käuen wieder.
Tierische Mähmaschinen
Rajtschan hat rein gar nichts dagegen, dass hier gerade nichts läuft – im Gegenteil: „Wenn es sehr warm wird, machen sie tagsüber wenig. Dafür fressen sie dann nachts.“ Und das ist ihr Job. „Wolke“ – das einzige weiße Schaf in der Gruppe – und der Rest der Herde passen exakt ins Anforderungsprofil; sie machen genau das, was ein Winzer so braucht, wenn er auf ökologisch orientierten Weinbau setzt: Sie kürzen das Gras, futtern Unkräuter, ersetzen die Mähmaschine und die Spritzmittel. Sie lichten die Reb-Reihen aus und entblättern sie im besten Falle genau auf der Höhe, wo es notwendig ist. Sie halten Rehe durch ihren Geruch fern und liefern Dung von außergewöhnlicher Qualität. Der lockt spezielle Mistkäferarten an, die ihn in den Boden hineinziehen. „Und das heißt, dass du den Stickstoff, den du als Dünger brauchst, auf natürliche Art in den Boden bekommst“, so der Feuerbacher Winzer, der am Lemberg und der Hohewart fünf Hektar Rebfläche bewirtschaftet.
Aufs Schaf gekommen
Wie kam er eigentlich aufs Schaf? Rajtschan hatte im vergangenen Winter einen Vortrag über Schafe im Weinberg besucht. Experten vom Weinbauinstitut Freiburg und der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg stellten dort die Ergebnisse einer mehrjährigen Studie vor: Weidetiere tun den Böden der Weinberge ausgesprochen gut und wegen des verringerten Maschineneinsatzes wird der Boden nicht so verdichtet. „Wir haben dann im Nachgang dieses Vortrages eine Messenger-Dienst-Gruppe gebildet und uns gegenseitig ausgetauscht“, berichtet Rajtschan. So kam er mit einem Halter und Züchter von Schafen und Ziegen zusammen. „Von ihm habe ich im Winter vier Lämmer und ein dreijähriges Schaf gekauft.“
Von reifen Trauben muss man die Schafe fernhalten
Statt der ursprünglich anvisierten bretonischen Ouessant-Schafe hat sich der Feuerbacher Winzer für eine größere Rasse entschieden. „Ich wollte Tiere mit einer höheren Fressleistung.“ Zeit müsse man schon in die Tiere investieren, sagt er. Im Auge behalten muss er seine Jura-Schafe auch und dafür sorgen, dass sie regelmäßig den Standort wechseln: „Sie dürfen nicht zu lange auf einer Rebfläche weiden. Sonst fressen sie zu viel weg.“ Denn auf reife süße Trauben sind sie natürlich immer scharf, ebenso wie auf die frischen grünen Triebe, die im Frühjahr kommen, erklärt Rajtschan: „Davon muss man die Schafe auf alle Fälle fernhalten, sonst fressen sie die Reben kahl.“
(Aus "FeuerbachGO 09/23")