Besuch von OB Nopper in Feuerbach:

Kritischer Blick auf den Grazer Platz - Bestandsaufnahme mit gebotenem Konjunktiv

Der Stuttgarter OB Nopper, Mitte, und der Feuerbacher Bezirksvorsteher Johannes Heberle, rechts, beim Besichtigungstermin auf dem Grazer Platz. Foto: sm Bild 1 von 1: Der Stuttgarter OB Nopper, Mitte, und der Feuerbacher Bezirksvorsteher Johannes Heberle, rechts, beim Besichtigungstermin auf dem Grazer Platz. Foto: sm

Bereits vor zwei Jahren hatte es schon mal eine Stadtteilbegehung mit dem Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper gegeben, der damit ein Wahlversprechen eingelöst hatte.

Im August kam er nun erneut nach Feuerbach und begutachtete die langwierigsten „Baustellen“.
Es war brütend heiß und doch hatte sich ein Gruppe von Bürgern für den öffentlichen Teil des OB-Besuchs eingefunden. Hinüber zum Burgenlandzentrum sollte es gehen, wo sich der Umbau zum "Familienzentrum Plus" über Gebühr lange hinzieht. Und dann zum zukünftigen Grazer Platz, wo die 2019 genehmigte Umgestaltung noch nicht einmal begonnen hat.

In beiden Fällen ging es um Vorhaben, die sich auffallend in die Länge ziehen, und das unterschied die diesjährige Begehung von der im Jahr 2021. Dabei hatte Nopper zusammen mit der damaligen Bezirksvorsteherin Andrea Klöber die Feuerwache besucht und sehnsüchtig auf den angedachten neuen Standort auf dem damals wie heute nicht zur Verfügung stehenden Fahrion-Areal geblickt. Ein dringendes Projekt,
das sich dadurch freilich auch nicht beschleunigt hat, selbst wenn sich die Stadtverwaltung und der Besitzer des Areals anscheinend im Herbst doch wieder an den Verhandlungstisch begeben wollen. So pfeifen es zumindest die Spatzen von den Dächern.

Johannes Heberle war damals schon mit von der Partie, allerdings noch als Bewerber um das Amt des Bezirksvorstehers und damit weitgehend incognito. Jetzt ließ er die großen städteplanerischen Dauerbrenner bewusst außen vor, nutzte das enge Zeitfenster der Stadtbezirksbegehung lieber dazu, verschleppten Vorhaben neue Dynamik zu verleihen. Vielleicht.

Das Thema Bügerbüro hatte er erst gar nicht auf die Tagesordnung gesetzt: Es ist seit Oktober 2022 geschlossen. Wie sich zeigte, brannte das sowohl den Bezirksbeiräten im nicht-öffentlichen Gespräch als auch den Bürgern beim öffentlichen Rundgang auch so unter den Nägeln. Hier war aber von neuer Dynamik schon einmal nichts zu spüren: Man bemühe sich redlich und bekomme die Stellen nicht besetzt, begründete der OB. Mehr noch: Viele Bewerber schreckten vor Stellen mit direkten „Kundenkontakt“ zurück, weil die Bürger wegen der langen Wartezeiten immer ungehaltener und aggressiver reagierten. Aber ob das besser wird, je länger das Bürgerbüro geschlossen bleibt?

Alsdann ging es hinüber ins Burgenlandzentrum, wo der für die Umgestaltung zum „Familienzentrum Plus“ verantwortliche Architekt Markus Schäfauer schon wartete. Im Verlauf der Bauarbeiten seien immer neue Probleme aufgetaucht, berichtete er: Zunächst habe sich gezeigt, dass auch die Küche auf den neuesten Stand gebracht werden musste. Dann habe man festgestellt, dass die Aufhängung der Holzdecken unsachgemäß ausgeführt und mittlerweile marode sei. Und schließlich sei man auf einen Wasserschaden aufmerksam gemacht worden, der zu einer weiteren Verzögerung geführt habe.

Den normalen Häuslebesitzer musste hier freilich die Frage umtreiben, ob es nicht, wie sonst üblich, eine Bestandsaufnahme vor Beginn der Bauarbeiten geben hatte. Und es stimmt auch nachdenklich, dass der Oberbürgermeister nachfragen musste, was die geplante Aufgabenstellung dieses bereits 20. Stuttgarter Stadtteil- und Familienzentrums sei – nämlich einen Ort als Treffpunkt für alle zu schaffen, der gleichzeitig auch diverse Angebote für Senioren und Familien sowie den Freundeskreis Flüchtlinge Feuerbach beherbergt. Die betroffenen Vereine und Gruppierungen kritisieren vor allem, dass sich nach dem Beschluss 2019 sehr lange überhaupt nichts getan hatte. Immerhin: Anfang nächsten Jahres sollen die Räumlichkeiten nun übergeben werden können.

Dagegen lässt die Umgestaltung des Kreuzungsbereichs Stuttgarter und Grazer Straße weiter auf sich warten, der so zum verkehrsberuhigten „Grazer Platz“ werden soll. Mehr Aufenthaltsqualität verspricht man sich davon, mehr Bäume und Beete und abgesenkte Bordsteine, andererseits aber einen angehobenen Haltestellenbereich, der den Zustieg zum Stadtbus erleichtern soll. Dass dann auch die meisten Parkplätze in diesem Abschnitt entfallen, gefällt nicht jedem: Auch unter den Besuchern des Rundgangs wurde sogleich wieder lebhaft diskutiert.

Eine Teilnehmerin regte einen Unterstand an der Haltestelle an, so dass man nicht immer im Eingang der Bank Schutz suchen müsse. Auch das komme im Zuge der Umgestaltung, mit deren Beginn aber erst 2025 gerechnet wird, erläuterte Heberle. „Nicht früher?“ hakte Nopper nach, musste aber einsehen, dass es den Bürgern kaum zu vermitteln sei, dass sich das eigentliche Vorhaben ständig verzögert, dann aber zweimal an der gleichen Stelle aufgegraben werde.

Auf Anregung mehrerer Teilnehmer warf man dann noch einen Blick auf den Leerstand im Ortskern. Zum Teil ist deutlich erhöhter Sanierungbedarf erkennbar, doch wie es scheint, kommt die Erbengemeinschaft, der nicht weniger als 15 Adressen im Stadtbezirk gehören, diesbezüglich zu keiner Einigung: Wohnungen und Ladenadressen stehen deshalb leer und/oder verkommen zusehends. Als früher im Jahr das Gerücht die Runde machte, der Supermarkt im oberen Teil der Stuttgarter Straße würde schließen, war man nicht nur in der Bürgerschaft alarmiert: „Dann wäre in dem Bereich die Nahvorersorgung nicht mehr gewährleistet“, so Heberle.

Beim Rundgang gab es nun aber Entwarnung: Der Lebensmitteldiscounter bleibt, würde ganz im Gegenteil sogar gerne die Räumlichkeiten auf den neuesten Stand bringen – allein, es fehlt auch hier die Zustimmung der Erbengemeinschaft. „Das ist eine harte Nuss!“, musste sich Nopper geschlagen geben: „Ich wünschte ich könnte mit dem Zauberstab an die Gebäude herantreten, aber das kann ich nicht.“

Und dann enteilte der Oberbürgermeister, hinüber nach Neuwirtshaus, zur nächsten Begehung: Neue Themen, neue Probleme. Die Frage muss erlaubt sein: War es nun eher von Vor- oder von Nachteil, dass ausgerechnet Feuerbach den Reigen der zu besuchenden Stadtbezirke 2023 eröffnet hatte? Bleiben so die hiesigen Anliegen besonders gut in Erinnerung, oder werden sie von den vielen anderen Anliegen überlagert? Es wird sich zeigen. Im Zweifel sieht man sich in zwei Jahren wieder, in alter Frische und möglicherweise an den gleichen Baustellen.

(sm, aus "FeuerbachGO" Ausgabe 10/2023)

Veröffentlicht am 13.09.2023