Alles Ansichtssache:

"Urban Sketchers" auf Spurensuche zwischen Baugrube und Spitzbunker in Feuerbach

Abb. aus Bild 1 von 1: Abb. aus "FeuerbachGO", Ausgabe 10/2023

Einmal monatlich kommen die "Urban Sketchers" in Stuttgart zum Zeichnen zusammen, so wie vor kurzem rund um den Feuerbacher Bahnhof. Das Schöne an dem offenen Angebot: Jeder kann mitmachen, egal ob Anfänger oder Könner, und man entdeckt viel Neues bei den Streifzügen.

So ein Treffen kann sogar für Alteingesessene zum rechten Augenöffner werden, denn es sind nicht immer die gefälligen Motive, die für die Stadtzeichner am spannendsten sind.

Bei Inge Saur ist es etwa ein roter Bagger am Rand der Baugrube, „der rote Eumel da“, wie sie ihr Motiv bezeichnet. Wie er da zwischen hohem Gras steht, muss man ihn erst mal wahrnehmen. Jetzt aber, wo ihn die Urban Sketcherin in schillernden Buntstiftschichten festgehalten hat, ist er ein wahrer Blickfang. Einige Schritte weiter haben sich gleich mehrere Stadtzeichner mit dem Spitzbunker ein echtes Feuerbacher Wahrzeichen vorgenommen – alle Skizzen fangen seine Charakteristika ein und doch ist jede anders.

Das gilt auch für die Arbeitsweisen: Wo die einen gleich mit mehreren Aquarell-Paletten ans Werk gehen, kommen andere mit wenigen Näpfchen in den Grundfarben aus und mischen dann umso intensiver. Einige Schritte weiter nutzen die Zeichner den Hochbahnsteig buchstäblich wie eine Bühne: Die Wartenden auf Papier zu bannen verlangt den Teilnehmern einiges an Geduld und Konzentration ab: Nur wenige Minuten bleiben ihnen jeweils, um die typische Körperhaltung zu erfassen, dann entschwindet die Bahn mit den Motiven, sorgt gleichzeitig aber auch wieder für neue.

Was aber ist Urban Sketching eigentlich? Wer hier mitzeichnet, versucht, das Wesen eines Ortes mal nicht mit der Kamera, sondern vielmehr mit Pinsel oder Zeichenstift einzufangen. Die Bewegung wurde 2007 im amerikanischen Seattle ins Leben gerufen und zählt heute gut 180 Gruppen in aller Welt. Was den netten Nebeneffekt hat, dass man in vielen Städten leicht Gleichgesinnte trifft, außerdem ist man gut vernetzt und trifft sich auch bei internationalen Symposien.

Die Stuttgarter Gruppe war schon mehrfach zum Zeichnen im Stadtbezirk zu Gast, etwa zur Kulturnacht 2022. Jetzt führten und führen aber gleich drei Treffen nach Feuerbach: Das leider unterkühlte und verregnete August-Treffen hatte im Höhenpark stattgefunden. Jetzt ging man beim September-Treffen rund um den Feuerbacher Bahnhof auf Motivsuche.
Und im Oktober will man dem Theodor-Heuss-Haus einen Besuch abstatten. Gut zu wissen: Auch Theodor Heuss zeichnete gerne und hatte selbst oft sein Skizzenbuch zur Hand: Eine Aufnahme zeigt den Bundespräsidenten beim Skizzieren inmitten historischer Ruinen bei einem Staatsbesuch in Italien.

Wer neugierig geworden ist und es selbst einmal versuchen möchte: Das Zeichentreffen findet am Sonntag, 8. Oktober, von 14 bis 16 Uhr im Theodor-Heuss-Haus, Feuerbacher Weg 46, statt. Alle Interessierten sind zum Mitzeichnen eingeladen, bitte Skizzenbuch und Zeichenmaterial mitbringen.

Unter stusk@bawue.de gibt es weitere Informationen und man kann sich dort auch in den E-Mail-Verteiler aufnehmen lassen.


(Aus "FeuerbachGO", Ausgabe 10/2023)

Veröffentlicht am 29.09.2023