Falls nicht noch ein Wunder geschieht, gehen beim Quartiers- und Nachbarschaftshaus „Kitz 7“ zum Jahresende die Lichter aus. Die Ankündigung schockt die Anwohner und vor allem die Ehrenamtlichen, die rund um die Feuerbacher Stiftung „Zeit für Menschen“ in den Räumlichkeiten ein vielseitiges Kultur- und Kursangebot aufgebaut haben.
Ohne ehrenamtliches Engagement ist das öffentliche Leben kaum noch vorstellbar. Umso mehr fühlt man sich nun auf dem Feuerbacher Balkon von der Ankündigung getroffen, dass das nach seiner Adresse im Kitzbüheler Weg benannte „Kitz 7“ voraussichtlich zum Jahresende schließt. Wie kommt es dazu? Jürgen Kaiser, Vorsitzender der dort aktiven Feuerbacher Stiftung „Zeit für Menschen“ und eben auch dafür mit der Ehrenmünze ausgezeichnet, berichtet, man habe im Juli von der Kündigung der bhz-Quartiersmanagerin erfahren. Das Behindertenzentrum bhz hatte die Trägerschaft Ende 2021 von der Samariterstiftung übernommen, die auch die Dachstiftung von „Zeit für Menschen“ stellt. Der Schritt wurde damals damit begründet, dass das bhz eine ganze Reihe von Einrichtungen in Feuerbach unterhält und damit einfach präsenter im Stadtbezirk sei.
Die vakante Stelle wurde nicht wieder ausgeschrieben, aber es zeichnete sich eine andere Lösung ab: Man nahm auch Gespräche mit der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Feuerbach auf, die gute Chancen für die Schaffung einer neuen Diakonenstelle sah, die in Teilzeit die Quartiers- und Nachbarschaftsarbeit beinhalten sollte. Damit der zum Jahresende auslaufende Mietvertrag mit der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft SWSG verlängert werden konnte, regte Bezirksvorsteher Johannes Heberle an, die Finanzierung von Räumlichkeiten und Stelle mit bis zu 70.000 Euro in den Doppelhaushalt 2024/25 einzustellen. Alles was das bhz nun noch tun musste, war, den entsprechenden Antrag zu stellen. „Es gab Gespräche mit der Feuerbacher Verwaltung und mit einer Grünen-Stadträtin, es gab positive Rückmeldungen“, erinnert sich Jürgen Kaiser.
Doch dann, Ende September, platzte die Bombe, als bekannt wurde, dass das bhz – anders als angekündigt – den Antrag gar nicht erst gestellt hatte. Gleichzeitig teilte das Behindertenzentrum mit, den Mietvertrag für das „kitz 7“ zum Jahresende gekündigt zu haben. Damit sind alle Mühen nichtig, denn es gibt nun weder einen juristischen Träger, noch einen Mietvertrag, noch eine Finanzierung. „Dann braucht auch die Schaffung einer Stelle für die Quartiersarbeit nicht mehr weiterverfolgt werden“, so Jürgen Kaiser.
Und das bhz e.V.? Der kaufmännische Vorstand, Stefan Klopfer, sieht die Schuld bei allen anderen. Bei der Stadtverwaltung, die gleich mehrfach Fehler in der Antragsstellung bemängelt habe. „Den Antrag umzuschreiben ist ja wohl Sache der Stadt“, sagt er und irrt gewaltig – immerhin hoffte man hier ja auf 70.000 Euro aus Steuergeldern. Schuld sei außerdem der vielbemühte Personalmangel. „Wir müssen schon jetzt an allen Stellen reduzieren, weil wir keine Fachkräfte bekommen.“ Überhaupt habe man das Quartiersmanagement sowieso nur unter Vorbehalt übernommen: „Unsere Kernaufgabe ist die Arbeit mit Behinderten und nicht das Immobilienmanagement“. Diese und ähnlich geartete Aussagen legen freilich nahe, dass sich das bhz schon früh aus seiner Aufgabe verabschiedet hatte. Dass man offensichtlich versucht hatte, die Sache auszusitzen, hinterlässt nun nur noch verbrannte Erde.
Besonders kritisiert Jürgen Kaiser die fehlende Kommunikation zu einer Zeit, als man noch hätte Lösungen finden können. Bezirksvorsteher Heberle bedauert das Signal, das von einer Schließung des „kitz 7“ ausgeht: Nämlich, dass die Zuständigen des bhz das Engagement und den persönlichen Einsatz der Ehrenamtlichen und ihrer Arbeit im Quartier weder wahrgenommen noch anerkannt haben. Aktuell ist für den 7. Dezember ein Treffen der Immobilieneignerin, der SWSG, und der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Feuerbach geplant. Ob das an der Schließung etwas ändern wird, ist allerdings fraglich.
Wie groß der Schaden wäre, zeigt die Liste an Kursen und Angeboten im Quartier Feuerbacher Balkon, die auch nach den Corona-Zwangspausen sehr schnell wieder angelaufen sind. Aktuell seien dies laut Jürgen Kaiser gewesen: „Der zweimal jährlich stattfindende Kochkurs, die monatliche „Männerkochgruppe“, das wöchentliche „Freitagscafé“, das offene Frühstück „Jam-Session“, der Handarbeitskreis, die Feuerbacher Initiative für ein Hospiz, die Männertrauergruppe und der ukrainische Verein für Mütter und behinderte Kinder. Dazu fanden hier die Sitzungen des Kinderschutzbundes BW, die Vorstandssitzungen des Feuerbacher Bürgervereins und die kleine Eigentümerversammlung statt, private Trauer- und Tauffeiern. Die Stiftung „Zeit für Menschen” organisierte hier das Sommerfest, die Adventsfeier für den Feuerbacher Balkon und das Gauklerfest. Das „kitz 7“ beherbergte zahlreiche vhs-Veranstaltungen und monatliche Filmabende für Senioren. Und diese Liste ist unvollständig.“
Aus "FeuerbachGO", Ausgabe 11/2023