Wird Feuerbach zum "Stadtbezirk zweiter Klasse"?

Kommentiert und glossiert: Sondereinsatzkommando "Bürgerbüro"

Nicht vom Feuerbacher Bezirksrathaus, sondern von der Stadtverwaltung im Stuttgarter Rathaus wird das Feuerbacher Bürgerbüro betrieben. Foto: feuerbach.de Bild 1 von 1: Nicht vom Feuerbacher Bezirksrathaus, sondern von der Stadtverwaltung im Stuttgarter Rathaus wird das Feuerbacher Bürgerbüro betrieben. Foto: feuerbach.de

Schon vor der aktuellen Schließung der Feuerbacher Postfiliale (seit diesem Montag) dürfte insbesondere die derzeitige Schließung des Bürgerbüros nicht wenigen Bewohner*innen schon länger sauer aufstoßen.

In der aktuellen Ausgabe der "FeuerbachGO" (01/2024) beschäftigt sich ein redaktioneller Kommentar mit der für immer mehr Bürger*innen immer weniger nachvollziehbaren Verzögerung der Wiedereröffnung dieser für den Stadtbezirk so wichtigen Einrichtung.
Um die Schließung der Postfiliale berichten wir bald gesondert - hier der Artikel aus der aktuellen FeuerbachGO (Ausgabe 01/2024):


(he) – Wer einen Pass oder Ähnliches braucht, fährt seit geraumer Zeit nach Weilimdorf oder Zuffenhausen. An sich ist es eines Stadtbezirks in der Größe Feuerbachs unwürdig, dass das eigentlich zuständige hiesige Bürgerbüro noch im- mer geschlossen ist (wir berichteten). Da war es schon eine kleine Sensation, als der Pressedienst der Stadt Stuttgart Anfang Dezember verlautbarte „Task Force Bürgerservices: Betrieb der Ausländerbehörde und der Bürgerbüros wird stabiler – Erste Termine zur Wiedereröffnung von Bürgerbüros“. Doch sei gewarnt, wer nun bereits in Feierlaune den Sekt kaltstellt. In Feuerbach tut sich – nichts.

Es zeigt sich, dass man bei der Stadt Stuttgart gut aufgepasst hat, als es im Coaching für künftige Führungskräfte darum ging, in Sachen PR eine Welle zu machen. Regel Nummer 1: Immer schön allgemein bleiben. „Auf Grundlage einer Geschäftsprozessanalyse werden zahlreiche Maßnahmen umgesetzt.“ Das klingt ziemlich abstrakt und irgendwie nach Wahlplakat, so ganz ohne Subjekt. Im Stil von: Minderheiten stärken. Gemeinwohl fördern. Schwaben sprechen hier auch vom M'r-Sott-Phänomen: „M'r sott d'Stiege putze“, sagt man, wenn das Gesagte grundsätzlich ohne Konsequenzen bleibt. Weil sich ja keiner konkret angesprochen fühlt. Alle nicken zustimmend und anerkennend – und gehen dann wieder zur Tagesordnung über.

Zumal die „Maßnahmen“ ja auch nicht näher erläutert werden. Vielleicht ist der Erste Bürgermeister Fabian Mayer bei seinem Bericht Ende November vor dem Verwaltungsausschuss deutlicher geworden, vielleicht aber auch nicht. In der Pressemitteilung krempelt man jedenfalls verbal die Ärmel hoch, gemäß Regel Nummer 2: Immer schön Phrasen dreschen, idealerweise auf englisch, dann klingt es gleich viel besser: „Wir konnten mit der Task Force bereits viele Entscheidungen beschleunigen und Maßnahmen auf den Weg bringen. In den Kernbereichen Personal, Prozesse und Liegenschaften haben wir einen Marathon zu laufen und keinen Sprint.“ Hm.

Schuld an der Misere (und am geschlossenen Feuerbacher Bürgerbüro) sind natürlich nicht die heutigen Entscheider, sondern, Mayer zufolge, „strukturelle Probleme, die sich über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte aufgebaut haben“. Zumal zum Fachkräftemangel auch „rechtliche Vorgaben in Fragen der Vergabe oder des Datenschutzes“ und „erhebliche bürokratische Vorgaben“ kommen: „Hier muss die Verwaltung, gerade wenn es um Pflichtaufgaben nach Weisung geht, anders agieren als privatwirtschaftliche Unternehmen.“ Schon klar, denen hat man nach mehreren Pandemiejahren aufmunternd auf die Schultern geklopft. Jetzt aber mal ran, jetzt gilt's! Viele von ihnen dürfen nun übrigens – zu allen anderen Preissteigerungen – die Corona-Hilfen zurückzahlen. Aber wir sind abgeschweift.

Zurück zum Thema Bürgerbüro: Der Erste Bürgermeister sieht den Abwärtstrend nun gestoppt, irgendwie. „Beim Personal beobachten wir eine Seitwärtsbewegung, dennoch ist die Personalstärke durch den Weggang von erfahrenen Kräften und das Einlernen von Neuzugängen zunächst geschwächt. Daher engagieren wir uns erheblich für die Erhaltung und Ausbildung von Mitarbeitenden.“ Er bestätigt hier, was die Spatzen allenthalben von den Dächern pfeifen: Es ist anstrengender geworden, den zu Recht oder auch nicht zu Recht schlecht gelaunten Publikumsverkehr zu bewältigen. Weil zwar viele Menschen gern einen sicheren Arbeitsplatz in der Verwaltung hätten, aber lieber ohne direkten Kundenkontakt?

Es steht dabei Aussage gegen Aussage. Gibt es tatsächlich kaum Bewerber auf die städtischen Stellenausschreibungen? Oder kommen die Personalverantwortlichen einfach nicht hinterher, deren Unterlagen zu sichten? So oder so ist der Begriff der Seitwärtsbewegung reine Augenwischerei. Wenn sich die eigenen Angestellten von einer Abteilung in die andere bewerben, oder von einem Stadtbezirk in den nächsten, dann hinterlässt jede besetzte Stelle anderswo eine neue Lücke. Hauptaufgabe der besagten Pressemitteilung war übrigens, zu verkünden, dass das Bürgerbüro Süd noch im Dezember des alten Jahres, das Bürgerbüro in Degerloch hingegen im Februar 2024 wieder öffnen werde. Feuerbach? Fehlanzeige!

Was aber zusammenzucken lässt, ist der verbale Quasi-Aktivismus, gemäß Regel Nummer 3: Die „Task Force Bürgerservices“ wird vollmundig gelobt. Eine „Task Force“ ist übrigens eine „schnelle Eingreiftruppe“. Muss man sich hier eine paramilitärische Elite-Einheit vorstellen, eine Art GSG 9 der Stadtverwaltung? Mit Spezialausrüstung und kugelsicherer Weste? Ein Schelm, wer hier eher an Staubwedel denkt – um damit die lange brachliegenden Räumlichkeiten wieder in Schuss zu bringen. Weniger dampfplaudern, mehr die Ärmel hochkrempeln, möchte man den Zuständigen zurufen!

Offen bleiben die Fragen, die die Bürger gerade am meisten bewegen? Wann macht denn nun das Feuerbacher Bürgerbüro wieder auf? Wie kommt an einen Onlinetermin in den anderen Bürgerbüros, wer kein Smartphone besitzt? Wie kommt derjenige an ein Deutschlandticket? Braucht man das überhaupt, wo der öffentliche Nahverkehr doch so unrund läuft? Wie kommt derjenige an ein Deutschlandticket? Braucht man das überhaupt, wo der öffentliche Nahverkehr doch so unrund läuft? Haben wir gerade das neue Jahr gefeiert oder die Tatsache, dass wir 2023 endlich fertig hatten?

Ordnungsbürgermeister Dr. Maier zieht in der Pressemitteilung jedenfalls dieses Fazit: „Wir sind mit den Maßnahmen, die bereits ergriffen wurden, auf dem richtigen Weg. Zahlreiche strukturelle und organisatorische Verbesserungen sind in Arbeit. Allerdings lässt sich unsere größte Schwierigkeit, in allen Bereichen zu wenig Personal zu haben, nicht von heute auf morgen beheben. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten und neues Personal zu gewinnen, bleibt deshalb unsere Hauptaufgabe.“ Ein Datum für der Wiedereröffnung des Feuerbacher Bürgerbüros hat er nicht genannt. Auch kein Jahr, wenn man es mal genau betrachtet.

Aus FeuerbachGO, Ausgabe 01/2024

Veröffentlicht am 09.02.2024