Es war einmal ein Postamt...:

Warum die Feuerbacher Post schließt - ein Analyseversuch von "FeuerbachGO"

Die Bekanntmachung kam spät und in Postgelb. Foto: FeuerbachGO Bild 1 von 1: Die Bekanntmachung kam spät und in Postgelb. Foto: FeuerbachGO

Eine Filiale mit echten Schaltern, Dienstleistungen und vor allem ausgebildeten Postmitarbeitern ist eben doch etwas anderes als der Kiosk oder die Reinigung von nebenan, findet unser Partnermagazin FeuerbachGO und versucht, in der neuen Ausgabe die wahren Hintergründe der Feuerbacher "Postschliessungs-Posse" herauszufiltern.

Aus "FeuerbachGO", Ausgabe 02/2024:

(sm) – Was im Feuerbacher Volksmund gemeinhin als „Post“ bezeichnet wurde, gibt es seit dem 27. Januar nicht mehr: Erst wenige Tage vorher informierte ein Aushang die Bürger darüber, dass die gewohnten Post-Dienstleistungen weiterhin nur noch über eine Filiale in der Mühlstraße erhältlich seien. Die Hintergründe sind komplizierter, bilden aber freilich eine Entwicklung ab, die sich gerade in vielen Bereichen abzeichnet.

Ein Paket abgeben, Briefmarken kaufen und dann vielleicht noch etwas Geld abheben, alles schön zentral und während des Einkaufs entlang der Stuttgarter Straße – das war einmal. Wer seit dem 27. Januar in Sachen Briefe oder Pakete unterwegs ist, muss sich schon in die Postfiliale in die Mühlstraße 28 bemühen, in die Reinigung Yilmaz Cetin. Die Tatsache, dass sich die Post bereits seit Jahrzehnten aus ihrem Kerngeschäft zurückzieht, zeigt sich auch darin, dass der Name der Reinigung auf dem Aushang nicht genannt wird. Dort ist nur vom „neuen Partnerbetrieb der Deutschen Post“ die Rede, was nicht eben zu einer besseren Orientierung beiträgt.

Und doch liegt das Hauptproblem in diesem Fall nicht bei der Deutschen Post, sondern vielmehr bei der Postbank, die bekanntermaßen auch nur noch so heißt, aber längst der Deutschen Bank angehört. Denn seit der Privatisierung sind die ursprünglichen Aufgaben des guten alten Postamts auf mehrere, auch international agierende, Konzerne verteilt. Die Deutsche Post stellt international Pakete zu, dann aber unter dem Namen DHL. Dieser Geschäftszweig floriert, während immer weniger Menschen Briefe schreiben. Und so hat sich Deutsche Post nach und nach von ihren eigenen Postfilialen verabschiedet: Was als Post auf der Stuttgarter Straße bekannt war, war in Wirklichkeit aber eine Postbankfiliale, die auch Post-Dienstleistungen angeboten hat. Jetzt hat man die Zusammenarbeit beendet und der eigentliche Postbetrieb verlagert sich in die Reinigung.

Die bisherige Postbank-Filiale soll bestehen bleiben, verlautbart Oliver Rittmaier, Mediensprecher der Postbank. Allerdings müssen sich die Bürger auch hier auf Veränderungen einstellen: Denn Geld abheben oder einzahlen wird hier fortan nur noch im Vorraum möglich sein, während man die Räume selbst ausschließlich zur Beratung von Kunden nutzen möchte. Das klingt zunächst einmal kundenorientiert, ist es aber nicht: Geöffnet ist montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr. Samstags ist allerdings mit sofortiger Wirkung geschlossen. Ob der Vorraum denn auch außerhalb der Öffnungszeiten zugänglich sein wird, wurde zum Zeitpunkt der Drucklegung nicht abschließend beantwortet.
Wer hingegen Abhebungen und Einzahlungen nicht am Automaten erledigen möchte, wird an den Einzelhandel und an Tankstellenketten verwiesen: Dort könnten Kunden mittlerweile auch an den Kassen abheben. Anders ausgedrückt bedeutet das aber, dass hier ebenfalls die ursprüngliche Kernkompetenz der Postbank, das Privatkundengeschäft, andere übernehmen sollen, während man sich lieber den einträglicheren Geschäftszweigen zuwendet. Wobei die Zukunft zeigen wird, ob nicht auch der SB-Bereich im Vorraum oder die Filiale als Ganzes irgendwann verschwinden. Bereits in der Vergangenheit gab es im Großraum Stuttgart immer wieder Beschwerden, dass außerdem Bankautomaten gar nicht oder erst mit großer Verspätung aufgefüllt wurden. Wer am Abend vor der Urlaubreise mal schnell noch Geld abheben wollte, musste dann auch schon mal ohne Bargeld abfahren.

Hinzu kommt, dass man die Veränderungen in Feuerbach nur sehr kurzfristig kommuniziert hat, anscheinend mit der Begründung, es werde sich schon herumsprechen im Stadtbezirk.

So klingt es, wenn einem die Privatkunden herzlich egal sind, auch wenn sie einem über viele Jahrzehnte die Treue gehalten haben. Bezirksvorsteher Johannes Heberle berichtet, dass im Hintergrund bereits seit September vergangenen Jahres Gespräche von Stadtverwaltung und Wirtschaftsförderung mit Post und Postbank gelaufen seien, allerdings vergeblich. Die Wirtschaftsförderung habe angeregt, im Zuge der Umgestaltung des Grazer Platzes dort wieder eine „Post“ anzusiedeln. Allerdings wäre auch das nicht mehr die gewohnte Kombinationslösung und würde wieder nur am örtlichen Einzelhandel hängen. Und stünde wohl auch der allgemeinen Entwicklung entgegen.

Doch es gibt noch einen anderen Aspekt, den ein weiterer Gesprächspartner andeutet, der namentlich aber nicht genannt werden darf. Die Bürger würden diese Art von Veränderungen doch nur ablehnen, bis sie zum ersten Mal in den vom Einzelhandel mitgetragenen Filialen gewesen sind. „Dann erkennen Sie: Die haben ja auch noch nach 17.30 Uhr geöffnet, die sind ja total freundlich, da gibt’s ja keine Warteschlangen!“ Das klingt ein wenig subversiv und ist es vermutlich auch.


Mal so betrachtet:
Die Postfiliale in der Reinigung, Mühlstraße 28, hat jedenfalls montags bis freitags von 8 bis 13 Uhr und von 15 bis 19 Uhr geöffnet und samstags von 8 bis 14 Uhr.

Veröffentlicht am 23.02.2024