Über 200.000 Nutzer allein in Stuttgart:

Finanzierung des Deutschlandtickets gefährdet? Landeshauptstadt sauer auf Bund und Land

Das Deutschlandticket ist ein voller Erfolg – und die Stadt Stuttgart sieht dringenden Klärungsbedarf bei der weiteren Finanzierung.

Da eine Förderzusage des Landes nur bis Ende Juni vorliegt, hat die Stadtverwaltung am Dienstag, 25. Juni, im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik zum Thema informiert. Obwohl die Finanzierungsrisiken derzeit formell vollständig bei den kommunalen Aufgabenträgern und damit auch bei der Stadt Stuttgart liegen, empfiehlt die Stadt, das Deutschlandticket in Stuttgart fortzuführen.

Martin Körner, Leiter des Grundsatzreferats im Geschäftskreis des Oberbürgermeisters, betont: „Das Deutschlandticket ist erfolgreich und wird von fast 200.000 Stuttgarterinnen und Stuttgartern genutzt. Die Stadt trägt mit dem kostenlosen Jobticket für ihre Mitarbeitenden ihren Teil zum Erfolg bei. Völlig inakzeptabel ist jedoch das Verhalten von Bund und Land, die sich bis heute nicht auf eine gesetzlich abgesicherte und auf Dauer angelegte Finanzierung des Deutschlandtickets einigen können. Eine vernünftige Planung für den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs ist so schlicht nicht möglich.“

In der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik vom 25.06. informierten Cornelia Christian, Geschäftsführerin des Verkehrsverbundes Stuttgart (VVS) und Dr. Markus Raupp, Bereichsleiter Marketing & Vertrieb bei den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB), wie das Deutschlandticket in Stuttgart genutzt wird. Demnach hatten im Mai 2024 mehr als 46.000 Stuttgarterinnen und Stuttgarter das Deutschlandticket als bezuschusstes Jobticket. Über 48.000 Schülerinnen und Schüler, Studierende und Azubis, die in Stuttgart wohnen, waren mit dem D-Ticket JugendBW unterwegs. Hinzu kommen fast 100.000 weitere Abonnentinnen und Abonnenten, die das Deutschlandticket im Mai 2024 gekauft haben. Insgesamt nutzen monatlich fast 200.000 Stuttgarter das Deutschland-Ticket. Im gesamten VVS-Gebiet wurden im Mai 2024 fast 550.000 Deutschlandtickets verkauft.

Die sehr positive Entwicklung des günstigen und einfachen Angebots führt jedoch bei den Verkehrsunternehmen zu erheblich weniger und damit fehlenden Einnahmen. Es entstehen erheblichen Mindereinnahmen – unter anderem weil viele Stammkunden vor dem Deutschlandticket für ihr Abo wesentlich mehr bezahlen mussten. Für die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) werden die Verluste durch das Deutschland-Ticket in diesem Jahr auf rund 90 Millionen Euro geschätzt – ein gewaltiger Betrag, für den formell derzeit die Landeshauptstadt die Absicherung übernehmen muss. Der Oberbürgermeister hat die SSB daher und derzeit noch bis Ende Juni angewiesen, das Deutschlandticket anzuerkennen.

Bisher war das Land Baden-Württemberg nicht bereit, einen sogenannten Anwendungsbefehl zum Deutschlandticket zu erlassen, der alle Verkehrsunternehmen zur Anwendung des Deutschlandtickets verpflichtet und mit dem das Land Gegenzug die Finanzierungsrisiken für das Deutschland-Ticket übernimmt. Grund sind nach Aussage des Verkehrsministers, Winfried Hermann, unter anderem die fehlenden finanziellen Voraussetzungen auf Bundesebene.

Der zurzeit gültige Förderbescheid des Landes gilt nur noch bis Ende Juni. Dringend erwarten Landeshauptstadt und VVS deshalb die Förderrichtlinie des Landes, die zumindest zunächst bis Ende des Jahres 2024 die Finanzierungsverantwortung klar auf Seiten des Landes regelt. Während die Veröffentlichung der Förderrichtlinie des Landes noch für Juni angekündigt wurde, gibt es zurzeit allerdings noch keine Anzeichen dafür, dass ein rechtlich wirksamer Anwendungsbefehl in Kürze erlassen wird und damit die Finanzierungssicherheit für das Deutschlandticket auch langfristig sichergestellt ist.

Veröffentlicht am 26.06.2024