Die einen begrüßen sie, die meisten finden sie jedoch unnötig. Was ist da wieder schiefgelaufen? Wie schon öfter, dringen Informationen der Stadt und aus dem Stadtbezirk zu spärlich zu den Bürgern durch.
Wenn dann ein Projekt im Bezirksbeirat mit einer Mehrheit beschlossen wurde und nach vielen Jahren doch noch auf den Weg gebracht wird, ist die Aufregung groß. Für die meisten Bürger ist es in der Zwischenzeit längst vom Tisch und in Vergessenheit geraten. Nur: Wer so denkt, kennt die Stadtverwaltung nicht.
2022 wurde die Fahrradstraße im Bezirksbeirat mit großer Mehrheit beschlossen – auch wenn es es damals schon Bedenken gab. Am 26. September 2023 wurden die Pläne erneut vorgestellt, und wieder entbrannte eine heftige Diskussion unter den Räten und der Bürgerschaft. Man vermisste ein tragfähiges Gesamtkonzept. Aber es war eben auch beschlossene Sache, dass die Burgenlandstraße als Fahrradstraße Teil der Fahrrad-Achse Weilimdorf-Feuerbach-Bad-Cannstatt werden soll.
Nun hat Feuerbach eine Fahrradstraße. Und auf exakt 590 Metern haben die Fahrradfahrer Vorfahrt. Die Kritik reißt jedoch nicht ab, insbesondere in den Sozialen Medien. Reiner Götz, gerade für seine 30 Jahre im Bezirksbeirat gewürdigt, sah sich als Antragsteller und Befürworter der Fahrradstraße also veranlasst, die Bürger am 11. Juli zu einem Informationsaustausch ins Bürgerhaus einzuladen.
Diese Gelegenheit ließen sich insbesondere die Anlieger und unmittelbar Betroffene nicht nehmen, so dass Götz auf eine zahlreich vertretene und sehr kritisch eingestellte Bürgerschaft traf, was auf beiden Seiten für eine zeitweise doch sehr gereizte Stimmung sorgte. Viel Kritisches wurde gesagt: Bemängelt wurden große Umwege und fehlende Parkplätze, insbesondere für Anlieger ohne eigene Garage. Dazu das aggressive Verhalten einiger Radfahrer. Es wurde kritisiert, dass trotz Verbot viele Nichtanlieger durch die Burgenlandstraße fahren, dass die Fahrradstraße kaum genutzt wird, dass Fahrradströme aus Botnang und Weilimdorf an der Fahrradstraße vorbei gehen.
Vereinzelt gab es auch positive Stimmen, zwar nicht auf der Veranstaltung selbst, aber auf einer anderen Veranstaltung: Eine Mutter mit Kind lobte, dass die Burgenlandstraße nun endlich eine Wohnstraße ohne in der zweiten Reihe parkende Autos sei – und dabei so übersichtlich, dass ihr Kind alleine den Schulweg antreten kann. Was diese Mutter sagt, denken vermutlich auch einige mehr.
Die Mehrheit der Anwohner, die heute Kritik üben, sind nicht zwangsläufig Gegner der Fahrradstraße, sondern fühlen sich nicht erst genommen. Ihre Einwände werden nicht gehört und auf die gefühlt 200 Briefe mit Ihren Anliegen hat man nicht reagiert. Und wenn Götz drauf hinweist, es stand ja auch in der großen Zeitung aus Stuttgart, so ist das gut und schön, aber wer liest eine Zeitung, die sonst kaum über den Stadtbezirk berichtet? In "FeuerbachGO" wurde auch in Beiträgen über die Fahrradstraße berichtet, wenn auch begrenzter, argumentiert Götz. Aber reicht das aus?
Da macht es die Deutsche Bahn mit ihrer Pflicht zur Information deutlich besser. Wenn’s am Feuerbacher Bahnhof wegen Umbauarbeiten laut wird, liegen im großen Umkreis von rund 800 Meter Handzettel in den Briefkästen mit allen wichtigen Daten. Vielleicht könnte die Stadtverwaltung oder das Bezirksrathaus diese Idee aufnehmen und bei zukünftigen Projekten entsprechend informieren – trotz Personalmangels, denn den hat die Deutsche Bahn auch...
Diese Kritik an fehlender Information gibt es auch bei vielen anderen Projekten; wie etwa jüngst bei den geplanten Flüchtlingsunterkünften in der Lenbachstraße. Ein Gutes hat die jetzige Veranstaltung: Die Bewohner und Betroffenen machten auch Vorschläge, wie die Situation verbessert werden könnte: So könnte es zu mehr Verkehrssicherheit führen, wenn die Fahrradfahrer zumindest an der Grazer Straße/Ecke Burgenlandstraße keine Vorfahrt hätten. Den Anliegern ohne Garage muss man schon aus Gründen der Fairness Alternativen anbieten. Eine bessere und vor allem klare Beschilderung würde viel bewirken. Und den großen Umwegen muss man durch Nachbesserungen begegnen – auch das ist nämlich ein Thema der Nachhaltigkeit. Steht zu hoffen, dass die Vorschläge bei der Stadtverwaltung ankommen und nicht in einer Schublade landen, sondern auch gelesen werden. Und dass man bestenfalls mit den Menschen nochmals den Dialog sucht, um die Situation nachhaltig zu verbessern.
Für alle Fahrradfahrer sei noch erwähnt, dass die Fahrradstraße nicht, wie von Götz erwähnt, durch das neue Quartier am Wiener Platz führen wird, sondern außen herum über die Dornbirner Straße/ Kremser Straße. Im Quartier am Wiener Platz wird es eine Tiefgarage für Fahrradfahrer im Baufeld Nord geben, voraussichtlich fertiggestellt 2029. So bekannt gegeben vom Referat für Städtebau, Wohnen und Umwelt am 16. Juli im Bezirksrathaus. Da wurde nämlich das Konzept „Umgestaltung öffentlicher Freiflächen am Wiener Platz“ vorgestellt, worüber in der nächsten FeuerbachGO (Ausgabe 09/2024) berichtet wird.