Sie sind niedlich, sie sind klug und sie werden immer mehr. Waschbären breiten sich in Deutschland aus und können er- heblichen Schaden verursachen. Auch in Feuerbach kam es zu einem Gartenbesuch bei uns.
Von Andrej Hänel
Nein, es war keine Katze, die nachts in das Vogelhaus kletterte. Gab es nach dem ersten Besuch noch erhebliche Zweifel in der Familie, so ist beim zweiten Futterstop ein Foto gelungen: Ein Waschbär hatte unseren Garten als Nahrungsquelle entdeckt. Nicht mal von der Beleuchtung mit einer Taschenlampe hat er sich stören lassen. In den Folgetagen waren auch die Sonnenblumenkerne in einer Box nicht vor ihm sicher.
Ursprünglich sind Waschbären in Deutschland zur Pelzgewinnung aus Nordamerika eingeführt worden. In Hessen und Brandenburg entkamen Anfang des 20. Jahrhunderts ein paar Tiere aus Pelzfarmen oder wurden gezielt ausgesetzt. Seitdem breiten sich Waschbären immer weiter von Norden nach Süden aus, denn sie haben keine natürlichen Fressfeinde.
Auch in Stuttgart sind sie mittlerweile im ganzen Stadtgebiet verbreitet. Genaue Angaben zur Anzahl macht die Stadt nicht. Allein im benachbarten Rems-Murr-Kreis gibt es aber Schätzungen von 1.500 Tieren. In Stuttgart gab es häufige Sichtungen am Max-Eyth-See. Im Vogelschutzgebiet haben sie 2022 den Bestand der Graureiherkolonie stark reduziert.
Die Zunahme von Waschbären sorgt für gleich mehrere Probleme. Menschen ärgern sich über beschädigte Gebäude und Verwüstungen in Gärten, wenn die Waschbären Futter oder einen Unterschlupf suchen. Ein Dachschaden kann bis zu 50.000 Euro betragen. Über den Waschbärenkot können auch Spulwürmer und das Staupevirus übertragen werden. Staupeviren sind vor allem für Hunde hochansteckend. Waschbären-Kot ist von der Größe vergleichbar mit Hundekot. Man sollte ihn nur mit Gummihandschuhen oder mit einem Plastikbeutel berühren und im Restmüll entsorgen. Auch die heimischen Tierarten leiden unter der Waschbärinvasion. Die nachtaktiven Jäger fressen beispielsweise Igel, Eichhörnchen, Vögel und ihre Eier, Insekten und seltene heimische Tiere, wie die Gelbbauchunke.
Was ist zu tun, wenn ein Waschbär entdeckt wurde? Besonders wichtig ist es, die Tiere nicht zu füttern. Trotz der möglichen Schäden ist es verboten, die Tiere selbst zu fangen und zu töten. Hierfür muss ein Stadtjäger beauftragt werden. Dieser fängt den Bären in der Regel zunächst mit einer videoüberwachten Lebendfalle. In Stuttgart kann man sich bei Fragen an den städtischen Wildtierbeauftragten wenden, (Sammelpostfach waffenrecht@stuttgart.de). Es ist empfehlenswert, aber nicht verpflichtend, eine Beobachtung zu melden.
In manchen Fällen, so wie auch bei uns, zieht der Waschbär weiter, wenn Nistplätze und Futterquellen, wie zum Beispiel das Vogelhaus, gesichert oder entfernt werden. Eine Möglichkeit ist auch, die Waschbären mit Lärm oder Lavendelöl fortzuscheuchen. Mülltonnen sollten ebenfalls gesichert werden. Hier gilt besondere Sorgfalt, denn Waschbären gehören zu den schlauesten Tieren der Welt. Sie können Schlösser und Riegel knacken und merken sich die Lösung bis zu drei Jahren.