Begehbares Feuerbacher Gedächtnis

Bärenstäffele

neben Dieterlestraße 16

Bärenstäffele (Bild: Arendt 2011) Bild 1 von 3: Bärenstäffele (Bild: Arendt 2011)

Die Bezeichnung dieser erst im Jahre 1986 als „Bärenstäffele“ benannten und mit Straßenschildern versehenen Staffel wurde von der städtischen Behörde so begründet, dass an ihrem Fuße ein Zuchteber (schwäbisch: Ber oder Bär) gehalten worden sei. Diese Annahme ist ein Irrtum. Ältere Berichte verweisen darauf, dass im unteren Bereich dieser Staffel, welche Dieterlestraße (früher Bachstraße) und Forsthausstraße (früher Kirchstraße) verbindet, ein altes Badhaus (Bachstraße 18) gestanden habe, in welchem ein Bader (Heilgehilfe, Wundarzt, Zahnarzt, auch Barbier, Chirurgus und Feldscher, Bild 4) tätig gewesen sei. Im Jahre 1478 hat Eucharius von Venningen die Badstube dem Baderhans, genannt Ferlinshut, zum Erblehen gegeben.
Im Jahre 1525 wurde bestimmt, dass „Paulin Bader der Herrschaft 3 Pfund Heller zinßt auß der Badstuben zwischen dem Bruel und St. Peter und Pauls Pfrondhaus gelegen“. Der Bader war vertraglich verpflichtet, die Badstube in gutem Zustand zu erhalten.
So berichtet auch Richard Kallee, dass auf der Nordseite des 1876 noch offen fließenden Feuerbachs „äußerst einfache Häuslein, unter denen die uralte Badstube an der Ecke der Bäderstaffel“ gestanden hätten. Auch der bekannte Kinderbuchautor Eric Carle, der zwischen 1935 und 1952 in der Dieterlestraße 16 seine Schul- und Studienzeit verbracht hatte und jetzt in den USA lebt, erinnert sich, dass bei einem Bombentreffer auf das „uralte Bauernhaus“ neben dem Bärenstäffele im Keller Reste eines Bades gefunden wurden (Bild 5). Auch Carle ist bekannt, dass das Bärenstäffele früher einmal Bäderstäffele geheißen habe. Das Badhaus hätte demnach heute die Adresse Dieterlestraße 18 (Bild 3).
Und schließlich finden wir bei dem Hinweis von Richard Kallee über Honoratioren von Feuerbach: „Der Schultheiß - der Universitätspfleger - der Heiligenpfleger - die Gemeinderäte - der Schulmeister - der Förster und der Wundarzt (Bader genannt), letzterer unterhielt eine Badstube - unten am Bach - wohin heute noch von der Kirche das "Bäderstäffele" führt.“

Herbert Brauch hat den Flurnamen „bei der Badstube“ ausfindig gemacht, welche dem „Badergässle“ seinen Namen gegeben habe. „Badstuben waren früher Einrichtungen der öffentlichen Fürsorge und unterstanden den von der Gemeinde seit dem hohen Mittelalter bestellten Badmeistern oder Badern.“
Diese nahe dem Mühlwasen am damals noch offenen Feuerbach gelegene Badstube in Feuerbach war schon sehr alt, denn im Lagerbuch Eßlingen von 1334 kann man für Feuerbach lesen: „…sita bi der badstube.“ Diese Staffel müsste also richtig Baderstaffel heißen, im Volksmund hieß sie noch in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Bäderstaffel oder „Bäderstäffele“, wie Richard Kallee berichtet. Ein Straßenschild gab es damals noch nicht.
Der Begriff „Wundarzt“, ein Synonym für den als Chirurg tätigen Bader, hat sich noch im allgemeinen bis Mitte des 19. Jahrhunderts, im Einzelfall bis ins 20. Jahrhundert gehalten, denn der 1910 gestorbene Karl Rendlen sei ein geschätzter Wundarzt gewesen. Nach ihm ist 1955 die Rendlenstraße benannt worden.

Eine Tafel am Fuße des Bärenstäffeles verweist auf den Zusammenhang mit dem Bäderstäffele.


Quellen: H. Brauch, E. Carle, O. Hesse, R. Kallee, „Die Stuttgarter Straßennamen“


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