Begehbares Feuerbacher Gedächtnis

Kotzenloch

Am Horn/Lemberg

Kotzenloch (Bild: Arendt 2011) Bild 1 von 4: Kotzenloch (Bild: Arendt 2011)

Zeugen der Vergangenheit gehen über schriftliche Dokumente oder archäologische Funde weit hinaus. Und so bietet auch Feuerbach mit dem zum Naturdenkmal erklärten und am Feuerbacher Talkrabbenweg gelegenen Mergelsteinbruch „Kotzenloch“ wie kaum ein anderer Ort in der Region ein „Bild“ aus der ältesten Phase des Erdmittelalters (Mesozoikum), aus der Trias-Periode, welche der Zeit vor 251 bis 199,6 Millionen Jahren geochronologisch zugeordnet ist (Bild 1). Aus jener Zeit gibt es in Mitteleuropa nach Wikipedia „neben flachmeerischen Riffkomplexen (z. B. Wettersteinkalk) geschichtete Ablagerungen von Tonen, Kalken und Mergeln, die in tieferem Wasser entstanden sind.“ 
Das Garten-, Friedhofs- und Forstamt der Stadt Stuttgart gibt zu der seit 1984 zum Naturschutzgebiet „Greutterwald“ gehörenden Mergelgrube eine treffliche Beschreibung: „Dieser Aufschluss ist eine ehemalige Mergelgrube, die von den Feuerbacher Weingärtnern angelegt wurde, um mit dem Mergel die Weinberge zu düngen. Er zeigt bunte Tonsteine („Mergel“) im Wechsel mit hellgrauen Dolomitbänkchen (Estherienschichten des Gipskeupers) und ganz oben noch grünlichbraune, feinkörnige Sandsteine ‚(Schilfsandstein). Dieser ist widerstandsfähiger als Tonsteine und hat den Lemberg bisher vor der Abtragung bewahrt. Die Gesteine sind vor etwa 215 Millionen Jahren entstanden. Die Tonsteine wurden als Schlamm in einem flachen, vom Meer getrennten Becken abgelagert. Die bunten Farben werden durch Eisenverbindungen hervorgerufen (Bild 2). Der Sand wurde durch Flüsse oder Meeresströmungen aus nordöstlicher Richtung angeliefert.
Das Klima war in jener Zeit wärmer und trockener als heute. Das Wasser hatte zeitweise einen hohen Salzgehalt, was nur wenigen Lebewesen (z.B. Muschelkrebsgattung der Estherien, sie gehören zu den Krebstieren und besitzen ein zweiklappiges Gehäuse, Bild 3) zusagte, doch waren es genug, um auch den noch recht plumpen Vorfahren unserer Frösche, den Metoposaurus stuttgartiensis (Bild 4), zu ernähren.“
Am Fuße der Staffel ist eine Informationstafel angebracht.

Der Name „Kotzenloch“ habe in früheren Jahrhunderten „Fossenloch“ geheißen. Im Jahre 1827 sei dieser Name in Kozenloch geändert worden. Die Silbe –loch stamme von den  alten Bezeichnungen lach oder loche, was so viel bedeutet wie  Markungsgrenze (hier zwischen Feuerbach und Weilimdorf). So erklärte Oswald Hesse diesen Namen.

Im Jahre 1900 wurde der Abstieg vom Horn-Kopf durch den Feuerbacher Verschönerungsverein hergestellt. Von diesen Stufen aus hat man seitdem die beste Sicht auf die Gesteinsschichten der Mergelgrube.

Es wird behauptet, dass hier einst auch Geister ihr Unwesen getrieben haben, was Eugen Geiger, langjähriger Rektor der Höheren Mädchenschule, in seinem Buch „Was in Feuerbach die Amseln pfeifen“ wie folgt kommentiert hat:
"Das Kotzenloch ist eine tiefe Erdgrube am Horn, dem höchsten Punkt des Lembergs, die ihren Namen davon hat, dass dort jedermann, also der Koa'z ond der Boa'z, wie das schwäbisch heißt, den Bedarf an Erde, d.h. Mergel, schwäbisch Leabera für seinen Weinberg holen durfte. Sie war koa's Ma's oder niemands und jedermanns Loch, eine sogenannte Allmende, ein Gemeingut. In diesem Loche müssen der Sage nach diejenigen Gemeinderechner oder Stadtpfleger, früher Bürgermeister genannt, welche die Stadt während ihrer Amtsführung betrogen haben, nach ihrem Tode als Gespenster umgehen, worauf die folgende Ballade "Die Geister im Kotzenloch" von Eugen Geiger Bezug nimmt:

Ihr wisst, die Stunde nach Mitternacht,
das ist die Geisterstunde,
da machen draußen im Kotzenloch
die Burgermeister die Runde.
Die Burgermeister, die einst die Stadt
in Schaden haben versetzet,
die finden im Grabe nicht Rast noch Ruh‘,
weil sie der Böse hetzet.

Und stehst du nachts am Kotzenloch
und spitzest deine Ohren,
so hörst die Burgermeister du
darin herumrumoren,
und du vernimmst des Goldes Klang
und hörst, wie sie sich quälen,
die Summe, die sie abgezwackt,
allnächtlich durchzuzählen.

Und in der Stund‘ nach Mitternacht
kannst du sie alle sehen,
wie -statt der Kass‘ den Kopf im Arm-
sie auf dem Lemberg stehen.
Sie schau’n hinein nach Feuerbach,
als müssten sie ergründen
genau, ob Stadt und Burgersleut‘
sich auch recht wohl befinden.

Doch, wie sie stierend, starrend steh‘n,
da klappern die Knochen der Tröpfe.
Die Luft durchzittert ihr Gestöhn,
sie schütteln verzweifelt die Köpfe –
die Köpfe natürlich unter dem Arm –,
das klirrt wie das Gold im Kasten,
und klagend zieh‘n sie den Wald entlang,
sie können nicht ruhen, nicht rasten.

Sie finden nicht Rast, sie finden nicht Ruh‘,
bis erfüllt, wonach sie sich sehnen;
und weil ihres Wunsches Erfüllung so weit,
drum hörst du so ängstlich sie stöhnen.
Wär‘ Feuerbach einmal das Geld
im Überfluss beschieden,
dann wäre ihr Vergeh’n verzieh‘n,
dann dürften sie ruhen in Frieden.

Darum, wenn Feuerbach gedeiht,
da siehst du sie freundlich grinsen.
Jedoch erbärmlich winseln sie,
wenn wachsen Schulden und Zinsen.
Und in der Stunde der Mitternacht,
da kannst du sie alle sehen,
wie – statt der Kasse den Kopf im Arm –
sie auf dem Lemberg stehen.

Sie sehen hinein nach Feuerbach
und schütteln verzweifelt die Köpfe –
die Köpfe natürlich unter dem Arm –;
denn das, was sie sehen, die Tröpfe,
ist leider nicht, was Erlösung bringt
noch Verzeihung ihrem Vergehen;
denn noch lässt vom goldenen Überfluss
die städtische Kasse nichts sehen.“



Quellen: O. Hesse, Garten-, Friedhofs- und Forstamt der Stadt Stuttgart, Wikipedia, E. Geiger, Chronik Feuerbach

Mehr Informationen: www.wogv.de