Begehbares Feuerbacher Gedächtnis

Künstlerhaus Paysan

Bubenhaldenstraße 90

Künstlerhaus Paysan (Bild 2013: Arendt) Bild 1 von 4: Künstlerhaus Paysan (Bild 2013: Arendt)

Dieses Wohnhaus (Bild 1) hatte der Architekt Edwin Roth im Jahre 1948 als Ruine erworben und ab Kellerdecke nach eigenem Entwurf wieder aufgebaut. Die schmiedeeisernen Fenstergitter und das Hoftor (Bilder 2 und 3) entstanden nach Entwürfen von Meisterschülern der Kunstgewerbeschule, an der Edwin Roth als Professor tätig war. In der von ihm nach seiner Pensionierung im Jahre 1974 im Keller eingerichteten Goldschmiedewerkstatt schliff er Schmucksteine und modellierte Schmuckgegenstände.

Seine 1936 geborene Tochter Angela (Bild 4) begann nach ihrem Grafikstudium grafische Arbeiten auszuführen in der Tradition und in den Räumen des „Künstlerhauses“, welches ihre Eltern Edwin Roth (Architekt und Gestalter) und Anna Sofie Roth, geb. Brecke (Zeichnerin und Aquarellmalerin) gegründet hatten. Das Ehepaar Roth förderte die Kreativität seiner vier Kinder Angela, Johanna, Lutz und Brigitte.
Im Jahre 1960 heiratete Angela Roth den 1930 in Stuttgart geborenen Klaus Paysan (Bild 4). Der Sohn eines Apothekers studierte an der TH Stuttgart Chemie und belegte auch Vorlesungen in Zoologie, Botanik, Kunst und Philosophie. Das Studium zog sich 20 Semester hin, weil er wegen des frühen Todes seines Vaters seine Ausbildung mit Fotografieren für Verlage, Zeitschriften und Feste selber finanzieren musste. „Er  war stolz darauf, dass er seine Ausbildung ohne staatliche Hilfe nach eigenen Vorstellungen durchstehen konnte“.
Nach ihrer Heirat bereiste das Ehepaar Paysan von 1961 bis 1965 viele Länder des afrikanischen Kontinents mit VW-Bus und Unimog, um die Tier- und Pflanzenwelt Afrikas zu dokumentieren, aber bald überwog das Interesse am Leben der afrikanischen Menschen. Klaus Paysan hatte schon als Kind den Wunsch, Afrikaforscher zu werden, und so konnte er diese frühe Sehnsucht realisieren und mit Hilfe von Fotoaufträgen solch aufwändige Reisen finanzieren. Angela Paysan brachte von dieser Reise mehr als 4000 Zeichnungen mit, von denen viele  für ein Buch verwendet wurden.
Nach ihrer Rückkehr aus Afrika wurden 1966 Tochter Luise und 1969 Sohn Moritz geboren, weshalb Angela Paysan in der Bubenhalde blieb und weiterhin als Autorin und Illustratorin arbeitete. „Bekannt wurde sie als Illustratorin von naturkundlichen Werken sowie von Erzählungen, Kinder- und Schulbüchern“.
Klaus Paysan, geehrt mit der silbernen Wilhelm-Boelsche-Medaille, setzte seine Reisen fort, die ihn mehrmals im Jahr nach Afrika führten. Als Schriftsteller, Fotograf, Geschäftsführer einer Bildagentur, Aquarienautor, Reiseleiter für Afrika-Karawane-Studienreisen, Berater und Texter hatte sich sein Berufsbild erheblich erweitert. Das Ziel auf seinen Reisen, „die menschlichen Qualitäten der Afrikaner in ihrer traditionellen Kultur herauszustellen“, führte dazu, dass er viele Kontakte knüpfte, aus denen zahlreiche, enge Freundschaften entstanden, die auch über den Tod der beiden Künstler hinaus noch fortbestehen. In Mali und Kamerun wurden Klaus Paysan etliche Ehrentitel verliehen, u.a. nannte man ihn „Freund des Königs“. Im Jahre 1968 erschien sein erstes völkerkundliches Buch, 1980 das von ihm illustrierte Buch „Afrika in eigener Sache“, seine Fotoausbeute auf den mehr als 100 Reisen als Naturfotograf und Reiseleiter belief sich bis 2008 insgesamt auf eine Viertel Million Farbdias. „Er war Autor von 19 Büchern, die Zahl seiner einzeln publizierten Bilder ist unüberschaubar“.

Nach dem Tode seiner Frau Angela im Jahre 1992 heiratete Klaus Paysan im Jahre 2006 seine kameruner Patentochter Angeline Paysan-Mukum, mit der er bis in das Jahr 2008 weitere Fotoreisen nach Kamerun unternahm. Im Mittelpunkt seiner letzten Lebensjahre blieben weiterhin die afrikanische Kunst und seine umfangreiche Sammlung. Nachdem er einen Schlaganfall erlitten hatte, mussten die Paysans ihre Wohnung in die Geschäftsräume am Wilhelm-Geiger-Platz verlegen.
Am 17.September 2011 verstarb Klaus Paysan nach mehrwöchiger Krankheit.

Das ehemalige Künstlerhaus Bubenhaldenstraße 90 (Bild 1) hat seit 1996 einen neuen Eigentümer.


Quellen: Moritz Paysan, Jörg Kurz, www.feuerbach.de