Begehbares Feuerbacher Gedächtnis

Gültsteiner Hof

Mohrenhof 1

Henne’sches Haus, Mohrenhof 1, erbaut 1971 (Bild 1: Arendt 2012) Bild 1 von 5: Henne’sches Haus, Mohrenhof 1, erbaut 1971 (Bild 1: Arendt 2012)

Der Gültsteiner Hof (heute Mohrenhof) ist ganz eng mit der Ortsgeschichte Feuerbachs verbunden, denn auf diesem Areal bestimmten neue Herren lange Zeit über einen Teil der Bevölkerung. Der seit dem Jahre 1356 beginnende Verfall des Herren- oder Selhofes der Frauenberger führte im Laufe des 14.Jahrhunderts zu weiteren Teilungen, woraus die Herrenhöfe der Gültsteiner, Winterstetter und Venninger entstanden. Machtolf von Gültstein (bei Herrenberg) erhielt durch seine Heirat mit Zeitze (Cäcilie) von Frauenberg das Areal, was in etwa begrenzt war durch die Walter-, Mühl- und Feuerbacher Talstraße (frühere Bezeichnungen Kirchstraße, Obere Zwerchgasse und Botnanger Straße) sowie den damaligen Kirchhof, wozu ein stattlicher Umfang an Äckern, Wiesen und Wald gehörte. Die Größe dieses herrschaftlichen Teilhofes bedingte den Einsatz eines Hofmaiers zur Bewirtschaftung, für den ein Hofgebäude an der Stelle des heutigen Mohrenhofs 1 erbaut wurde.
Zeitze von Frauenberg erlaubte am 29. September 1343 ihrem Mann Machtholf die Güter und Rechte zu Gültstein, auf denen sie 40 Mark Morgengabe hatte, an Pfalzgraf Rudolf den Scheerer zu verkaufen.
Wie Gotthilf Kleemann berichtet, verkaufte Ritter von Gültstein im Jahre 1391 seinen gesamten Feuerbacher Besitz an den Grafen Eberhard II. von Württemberg (1315-1392), genannt „der Greiner“, der zur Verwaltung des ehemaligen Gültsteiner  Hofes weiterhin  einen Hofmaier einsetzte. Dieser musste Fruchtgülten sowohl an die Stuttgarter Landesherrschaft als auch an Kloster Bebenhausen abgeben und außerdem Frondienste leisten.
Im 15. Jahrhundert kam es aufgrund von Erbpachtverträgen zu  einem häufigen Pächterwechsel des ehemaligen Gültsteiner Hofes, der 1567 unter dem Pächter Michel Siglin die Größe von insgesamt 76 Morgen Acker und 13,5 Morgen Wiesen auswies. Im Jahre 1630 war der Hof auf zwei Pächter aufgeteilt, die Anzahl der Teilhaber stieg ständig, und nach dem Prinzip der Realteilung hatten im Jahre 1800 bereits 80 Pächter Anteile an diesem Hof, dessen Bezeichnung vom Namen des jeweiligen Haupt-Pächters abgeleitet war. Eine geschlossene Bewirtschaftung entsprechend der ursprünglichen Art eines Herrenhofes war damit nicht mehr möglich.
Der Wunsch der herrschaftlichen Höfe als steuerfreie Gutshöfe, sog. Freihöfe, eingestuft zu werden, führte auch im Jahre 1726 zu einer Auseinandersetzung mit den Steuerbehörden, ohne dass in jedem Falle Erfolg erzielt worden ist.
Nach der Errichtung des Hofgebäude-Neubaus (s. Bild 3) im Jahre 1711 an bevorzugter Stelle in Altfeuerbach hieß dieser Hof im Jahre 1800 Mohrenhof, weil vor und nach 1768 der Chirurgus Jakob Mohr (1706-1773)  den größten Anteil besaß an diesem Hof, der das gesamte Viertel (s.o.)  umfasste, und diese Bezeichnung hat sich trotz verschiedener Besitzerwechsel bis zum heutigen Tage erhalten. Einen gemutmaßten Namenszusammenhang mit dem Patrozinium Mauritius (Moritz) wurde jedoch inzwischen endgültig verworfen.
Ende des 19. Jahrhunderts erstand der Bauer Wilhelm Henne den Hof (s. Bild 2), welcher auch heute noch im Besitz der Familie Henne geblieben ist.
Im Jahre 1970 wurde das Hofgebäude Mohrenhof 1 abgerissen und 1971 durch einen Neubau (s. Bild 1) ersetzt. Der bis dahin in dem als Tonnengewölbe erbauten Keller sichtbare Gewölbeschlussstein von 1504 ist dabei leider verloren gegangen. „Es ist davon auszugehen,“ wie Richard Kallee vermutet, „dass im selben Jahr 1504 der steinerne Unterstock des Hauses erstellt wurde.“
Neben dem aus dem Jahre 1840 stammenden und beim Bau des Hauses Feuerbacher-Tal-Straße 7 anno 1952/53 entfernten Backhaus (Bild 5) in der Feuerbacher Talstraße 9 (bis 1938 Botnanger Straße, 1938-1945 Ostmarkstraße) gehörte zum Areal Mohrenhof auch eine Schmiede, deren Standort Feuerbacher Talstraße 5 gewesen ist. Dieses schöne Fachwerkhaus (s. Bild 4) ist im Zweiten Weltkrieg abgebrannt.
Am Gebäude Mohrenhof 1 ist eine Informationstafel angebracht.


Quellen: G. Kleemann, Elektro-Schraps, Landesarchiv B-W