Sozial, ökologisch und integrativ

Das Caritas-Kaufhaus Fairkauf in Feuerbach feiert sein 20-jähriges Bestehen

Christian Winter und Edgar Heimerdinger haben auf den typischen Fairkauf-Sofas Platz genommen. Fotos: S. Müller-Baji Bild 1 von 3: Christian Winter und Edgar Heimerdinger haben auf den typischen Fairkauf-Sofas Platz genommen. Fotos: S. Müller-Baji

Im Fairkauf erhalten gut erhaltene Dinge eine zweite Chance, von der Teetasse bis zum Kleiderschrank. Sie warten hier auf Menschen mit niedrigem Einkommen, aber auch auf Sammler und Liebhaber.

Gleichzeitig bietet das Projekt Langzeitarbeitslosen und Flüchtlingen Halt und Per-spektive. Nun feiert das “2.HandKaufhaus” sein 20-jähriges Bestehen mit zwei Matineen für die ganze Familie.

Sobald sich um 12 Uhr die Tore öffnen, ergießt sich ein Strom Menschen in die Räumlichkeiten in der Steiermärker Straße: Die Mütter zieht es sofort in die Kinderabteilung, Studenten messen Möbel für die erste eigene Bude aus. Der eine sucht nach einem erschwinglichen Ersatz für die kaputte Kaffeemaschine, der andere nach den Schätzen von anno dazumal. Das Sozialkaufhaus Fairkauf ist in vieler Hinsicht eine Wundertüte und es bringt vor allem Welten zusammen: Arm und reich, jung und alt, alt eingesessen und neu zugezogen. 

Seinen Anfang nahm das Projekt 2006 im früheren Vogelsanger Straßenbahndepot, das man sich mit der Bauernmarkthalle teilte. Eine Behelfslösung, die für fünf Jahre angedacht war und fast 14 Jahre währte, erinnert sich Edgar Heimerdinger, Leiter des Bereichs Arbeit der Caritas. Dann bot sich 2010 in Feuerbach die Möglichkeit, ein Gebrauchtwaren-Kaufhaus entstehen zu lassen, mit großzügigen Sortier- und Sozialräumen und einem Sortiment, das zum Stöbern einlädt. Gleichzeitig konnten weitere Arbeitshilfebetriebe des Caritasverbandes untergebracht werden und auch das Feuerbacher Ensemble “Komitee Komplett” nutzt  nun die Ränge aus gebrauchten Sofas als Spielstätte. Ein kleiner Fairkauf-Kosmos ist so entstanden: “Sozial, ökologisch, integrativ”, wie Heimerdinger es auf den Punkt bringt.

Rentner Gernot Kandel etwa kommt jede Woche vorbei und sucht nach neuem Lesestoff. Weil das heimische Bücherregal deshalb nicht länger wird, spendet er, was noch gut erhalten ist: “Die meisten Bücher liest man sowieso nur einmal, das passt.” Einige Schritte weiter, in der Elektro-Abteilung, ist Uwe Wilde in seinem Element. Er sei seit 15 Jahren clean, erzählt er, aber ohne Berufsausbildung und mit Brüchen im Lebenslauf habe er “draußen” kaum Chancen auf einen Arbeitsplatz: “Willkommen auf dem Verschiebebahnhof des Lebens.” Seit drei Jahren arbeitet er bei Fairkauf, inzwischen ehrenamtlich. 

Denn die Krux an den Maßnahmen der Arbeitsagentur sei, dass sie nur zwei Jahre dauern, kritisiert Heimerdinger. Wer bis dahin den Schritt auf den ersten Arbeitsmarkt nicht schafft, fällt oft in ein tiefes Loch. Manche bleiben da lieber dem Sozialkaufhaus als ehrenamtliche Mitarbeiter treu, gegen eine Aufwandsentschädigung. Mit der Bürokratie habe man auch noch an anderer Stelle zu kämpfen, berichtet Betriebsleiter Christian Winter: Wenn bemängelt werde, dass Fairkauf allen Käuferschichten offen stehe und nicht nur Bedürftigen. Diese Durchmischung mache das Projekt aber gerade spannend: “Wer für ein Sammlerstück etwas tiefer in die Tasche greifen kann, trägt so ja auch die Einkaufsmöglichkeit für Bedürftige mit.” 

Wilde jedenfalls gefällt “das bunte Sammelsurium an Menschen” im Fairkauf. Und auch Heimerdinger und Winter wünschen sich zum runden Geburtstag, dass das “2.HandKaufhaus” weiterhin möglichst vielen Menschen offensteht –  Kunden, Spendern und Mitarbeitern gleichermaßen. Gefeiert wird nun mit zwei kostenlosen Matineen für die ganze Familie, „Gute Nacht! Oder warum ich nicht einfschlafen kann“, und es ist irgendwie typisch, dass dabei die Gäste die Beschenkten sind. 


Info:
Das „2.HandKaufhaus“ Fairkauf, Steiermärker Straße 53, lädt am Mittwoch und Donnerstag, 2. und 3. November, um jeweils 11 Uhr zum Familientheaterstück “Gute Nacht! Oder warum ich nicht einschlafen kann”. Und am 19. November eröffnet “Komitee Komplett” seine neue Spielzeit und gibt das Stück “Eine Stille für Frau Schirakesch”.


Von Susanne Müller-Baji
Veröffentlicht am 28.10.2016