Entdeckungsreise in Sachen Kultur

„Entdecken mit allen Sinnen“ war bei der 7. Feuerbacher Kulturnacht am Samstag die Devise

Schnuppertraining im „Produktionszentrum Tanz + Performance“. Fotos: Susanne Müller-Baji und feuerbach.de, Reihenfolge nicht chronologisch Bild 1 von 18: Schnuppertraining im „Produktionszentrum Tanz + Performance“. Fotos: Susanne Müller-Baji und feuerbach.de, Reihenfolge nicht chronologisch

Die Nacht begann schon am Nachmittag und verklang schließlich stimmungsvoll. Während an anderen Kulturorten noch die Vorbereitungen laufen, ist man in der Kulturwerkstatt von Silvia Weger und Gerhard Kuhlmann längst an der Arbeit:

Tonfiguren entstehen und Klangschalen versetzen die Gäste sprichwörtlich in Schwingung. Später am Nachmittag wird Sibylle Kunzi aus ihrem jüngsten Buch lesen. Auch im Leibniz-Gymnasium ist man früh dran: Noch vor der Eröffnung der Ausstellung zu 40 Jahre Schwerpunktgalerie kann man im Erdgeschoss beim Musikverein Stadtorchester Feuerbach Instrumente ausprobieren. Noch herrscht relative Ruhe. “Aber besonders das Schlagzeug ist immer sehr beliebt bei den Gästen”, weiß Marion Berger vom Musikverein, der aktuell übrigens Verstärkung bei den Posaunen sucht, „und ein Fagott oder eine Oboe wäre auch schön“.

Langsam kommt nun die Kulturnacht in Schwung. Im „Produktionszentrum Tanz + Performance“ in der Tunnelstraße gibt es ein Schnuppertraining für alle Interessierten, bevor Choreografen und Tänzer Einblicke in ihre Arbeit geben. In der Stadtteilbücherei zeigen junge Schauspieler derweil amüsante Szenen: Der unter seiner Kapuze finster blickende Jugendliche rezitiert den Erlkönig, der Großvater wundert sich über Facebook und liest alle Emoticons wortwörtlich mit. In den Pausen lockt zudem eine neue Ausstellung mit Werken aus der Stuttgarter Graphothek: Arbeiten von HAP Grieshaber oder Otto Herbert Hajek sind hier etwa zu sehen. Das Beste ist: Man kann sie nach Ende der Werksschau am 1. Juni sogar in der Stuttgarter Bibliothek entleihen.

Im Feuerbacher Rathaus präsentierten junge Feuerbacher Schülerinnen und Schüler der Klassen von I. Kirchner, A. Montes und G. Schwarz von der Stuttgarter Musikschule den Besuchern Gitarrenklänge bekannter internationaler Komponisten. In der katholischen Kirchengemeinde St. Josef dirigiert Mechthild Alber indessen das Singspiel “Und Miriam schlug die Pauke”, in dem Jugendliche die Rettung Mose und die Befreiung des Volkes Israel darstellen. Sie hat es selbst geschrieben: “Das ist unser Beitrag zur Kulturnacht”, sagt sie gewinnend. Auch die evangelisch-methodistische Gemeinde ist mit von der Partie und präsentiert in der Burgenlandstraße Gospelgesang und die Ergebnisse des offenen Kunst-Workshops. Und in der Lutherkirche im Burgenlandzentrum stimmt eine bunt gewandete Truppe eben die Hippie-Hymne “Ruby Tuesday” an. In der Lutherkirche präsentierten die Sängerin Martina Netzer und der Pianist Eckart Frowein Lieder, u.a. von Hannes Wader und Konstantin Wecker.

Enttäuschung bei denen, die eigens zur Moschee in der Mauserstraße hinausgewandert sind: Zwar gibt es eine Führung, aber die Tanzdarbietung entfällt: “Die Tänzer sind nicht gekommen” heißt es nur knapp und auf der Großleinwand spielt der Fußballklub Galatasaray. “Was machen wir jetzt” fragt eine Rundgängerin in Sachen Kultur mit Blick ins Programmheft, doch ein Ziel ist schnell gefunden: In der Bürgerhausetage im Bonatz-Bau stellt bis zu den Sommerferien der dem Stadtjugendring angeschlossene Alex-Club aus: Die körperbehinderten Mitglieder haben auf Leinwänden dargestellt, wie sich Ausgrenzung anfühlt: Die Kaufhaus-Rolltreppe ist unüberwindbar und während viele wegsehen, weint ein einsames Auge.

Zurück im Burgenlandzentrum ist die Aktion des Kunstvereins ein Riesenerfolg: Auf acht laufenden Papiermetern schreiben die Gäste hier einen “Brief an das Leben”. Jemand hat in bester Erpresser-Manier eine Collage geklebt: “Stecken Sie die 110 000 Euro in den Abfalleimer neben dem Kunstverein! Keine Polizei!!” Und ein kleines Mädchen tüftelt seit einer guten Stunde an ihrem Werk. Kultur macht eben am meisten Spaß, wenn man selbst mitmachen darf.

Im Gebrauchtwarenkaufhaus Fairkauf zeigt das Ensemble Komitee Komplett noch einmal Ausschnitte aus dem neuen Programm: Heike Ullrich-Bonilla Torres und Rainer Zinger fetzen sich hinreißend als Gastwirtsehepaar. Im Satyagraha-Zentrum in der Scharfenschlossstraße geht es da erst richtig los: “Wir haben unser Programm bewusst so gestaltet, dass es nicht zu den Spitzenzeiten mit vielen anderen Veranstaltungen konkurriert”, sagt Veranstalter Reinhard Schaible. Ulla Bischoff (Alt) und Hildegund Treiber (Klavier) bieten im kleinen Kreis und sehr stimmungsvoll Marienlieder dar, während andernorts die Kulturnacht 2013 schon wieder verklingt.

Von Susanne Müller-Baji



Und wie geht es weiter?
Über die Kulturnacht hinaus sind diese Programmpunkte zu sehen:

Burgenlandgalerie, St.-Pöltener Straße 29: Die Ausstellung „Briefkunst – Kunstbrief“ ist dienstags und freitags von 15 und 18 Uhr sowie sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Dann wird auch das beachtliche Ergebnis der Mitmachaktion präsentiert. Am letzten Ausstellungssonntag, 5. Mai, findet zusätzlich zu den Öffnungszeiten von 15 bis 18 Uhr eine Finissage mit Kunstcafé statt.

Leibniz-Gymnasium, Klagenfurter Straße 75: Die Ausstellung “Dokumente, Originale, Pressestimmen 1” anlässlich von 40 Jahren Schwerpunktgalerie ist bis 19. Juli zu sehen, geöffnet ist an  Schultagen von 8 bis 17 Uhr. Abgabeschluss für das Druckgrafik-Preisausschreiben ist der 6. Juni.

Stadtteilbibliothek im Burgenlandzentrum, St.-Pöltener-Straße 29: Die Ausstellung „Graphothek – Bilder leihen wie Bücher“ ist bis 1. Juni zu sehen, geöffnet ist jeweils dienstags und freitags von 14 bis 19 Uhr, mittwochs und donnerstags von 14 bis 18 Uhr sowie dienstags, donnerstags und samstags 10 bis 13 Uhr.

Bürgerhausetage im Bonatz-Bau, Stuttgarter Straße 15: Die Ausstellung „Ausgrenzung im Alltag“ des Stadtjugendrings ist bis zu den Sommerferien zu sehen.

Die Feuerbacher Kunstwerkstatt, Hohewartstraße 74, bietet nach telefonischer Vereinbarung unter 85 09 46 auch weiterhin „Stressabbau durch Malen und Töpfern“ an.
Veröffentlicht am 15.04.2013