Die menschlichen und die tierischen Nachbarn

Ausstellung mit Werken von Jutta Sailer-Paysan im Quartierhaus der Samariterstiftung

Andrea Kühn schaut sich die Ausstellung von Jutta Sailer-Paysan an. Fotos: S. Müller-Baji Bild 1 von 1: Andrea Kühn schaut sich die Ausstellung von Jutta Sailer-Paysan an. Fotos: S. Müller-Baji

Die Feuerbacher Grafikerin und Illustratorin Jutta Sailer-Paysan sieht ganz genau hin. Was sie dabei entdeckt, stellt sie derzeit im Quartierhaus der Samariterstiftung aus.

Jutta Sailer-Paysan kennt man von den Feuerbacher Stadtführungen, die sie mit Kunsthistorikerin Annette Schmidt erarbeitet, von ihrem Engagement für die Silhouetten in der Haltestelle Wilhelm-Geiger-Platz und von der örtlichen Fasnetszunft. Jetzt zeigt sie in der Ausstellung “Menschliche und tierische Nachbarn” wieder ein anderes Gesicht, gewährt im Samariterstift Einblicke in ihr künstlerisches Schaffen und lehrt dabei einen liebevollen Blick auf die Natur.

Tapir, Honigbiene & Co stehen da wie fotografiert – nur viel besser: Die artenspezifischen Merkmale sind klar zu erkennen, ohne Bewegungsunschärfe oder unerwünschte Schatten. Tierfotografie vermag das normalerweise nicht. Die biologische Illustration versteigt sich aber nicht selten in den De-tails und zeigt nicht mehr das Lebewesen als individuelles Ganzes. Es sei denn, Jutta Sailer-Paysan geht ans Werk. Ihre Illustrationen sind detailverliebt aber gleichzeitig auch wahre Charakterköpfe.

“Das passiert, wenn man sich nicht zwischen den Leidenschaften Kunst und Biologie entscheiden kann”, vermerkt Sailer-Paysan denn auch in der Ausstellung. Sie hat Grafik Design an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste studiert. Ihre Diplomarbeit befasste sich mit der Besucherinformation der Wilhelma, die bis heute zu ihren Kunden zählt. Kaum zu glauben, dass die Miniaturen, die nun im Quartierhaus zu sehen sind, zum größten Teil “nur” als Fingerübungen entstanden sind und auf jenen Stücken, die eben vom Lieblingspapier übrig geblieben waren.


So gewährt die Ausstellung auch einen kleinen Blick in die Berufung und Begeisterungsfähigkeit eines Illustrators. Zugleich werfen die Exponate auch einen ausgesprochen liebevollen Blick auf alles, was da kreucht und fleucht: Da gibt es das Bleistift-Porträt eines Gorillas, der die Betrachter mit verschmitztem Interesse ansieht. Und ein mit Buntstiften gezeichneter, herzallerliebstes Dachs-Junges mit verstrubbeltem Fell und exakt zwei Barthaaren.

Zeichnung von Jutta Sailer-PaysanJutta Sailer-Paysans Lieblingsvorgehensweise ist aber eine Aquarell-Mischtechnik, halb gemalt, halb gezeichnet, mit der sie geradezu fotorealistische Effekte erzielt. Die Tiere entstehen in der Regel aus mehreren Fotos, aus denen Jutta Sailer-Paysan jeweils die eben relevanten Informationen zieht: Wie stehen die Flügel gerade dieser Libellen-Art? Welche Struktur hat die Haut eines Nacktmulls?

Eine besonders pfiffige Ausstellungstafel zeigt eine typische Wiesenblume, umgeben von acht Bienen-Arten. Das schlägt elegant einen Bogen zur Arbeit der neuen Quartiermanagerin Andrea Kühn, zu deren Aufgabe es gehört, immer wieder neue Projekte für den Feuerbacher Balkon zu initiieren. Sie führt hinüber zu den Hochbeeten, die Teil des hauseigenen Urban Gardening-Projekts sind. Ansich hatte man zur Ausstellungseröffnung am “Tag der Nachbarschaft” mit den Kindern der benachbarten Kita gärtnern wollen, doch das habe nicht geklappt, bedauert Kühn. Dafür hat der Stadtjugendring eine Schubkarre am Eingangsbereich bepflanzt und ein bald soll am Haus auch eine Blütenwiese entstehen, die zu eben jener Bienenvielfalt beitragen wird, die Jutta Sailer-Paysan im Bild eingefangen hat.

Übrigens sind auch einige menschliche Porträts zu sehen, darunter ein betagter Herr, der fast schon grimmig an seiner Zigarre pafft. Und eine Seniorin in der Kittelschürze, die wirkt, als betrachte sie gerade die Welt von ihrem Küchenfenster aus – nachdenklich, aber mit dem Abstand des Alters auch ein wenig amüsiert. Und vielleicht ist das die Botschaft dieser Werkschau: Nur wer die Natur liebt, kann auch den Menschen lieben, und umgekehrt. Der Rundgang wird so buchstäblich zum Augenöffner.


INFO
Die Ausstellung ist bis Jahresende im Quartierhaus der Samariterstiftung zu sehen.
Kitzbüheler Weg 7.
Geöffnet ist montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr.

Fotos:
Mitte: Andrea Kühn am Urban Gardening Projekt
Unten: Zeichnung von Jutta Sailer-Paysan


Von Susanne Müller-Baji

Veröffentlicht am 05.06.2019