Zur Abmilderung der Corona-Krise haben Bund und Land bereits umfangreiche Sofortprogramme für die Wirtschaft sowie die Kultur- und Kreativwirtschaft auf den Weg gebracht.
Auch die Landeshauptstadt Stuttgart will die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise abmildern und ergreift Sofortmaßnahmen, die sie unmittelbar gestalten kann. Der Gemeinderat hat dem Vorschlag der Verwaltung in seiner Sitzung am Donnerstag, 9. April, zugestimmt.
Der Bürgermeister für Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen, Thomas Fuhrmann, bekräftigte am Donnerstag, 9. April: „Die Pandemie wird weitreichende finanzielle Auswirkungen in nahezu allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen haben. Gerade jetzt muss die Stadt flexibel reagieren können und finanziell handlungsfähig bleiben. Der Gemeinderat hat unseren Vorschlägen zugestimmt, wie Betrieben, Vereinen oder Kulturschaffenden in der Krise rasch und effektiv geholfen werden kann." Der Bürgermeister weiter: "Wir müssen bis zum Sommer beobachten, wie sich die wirtschaftliche Lage entwickelt und dann gegebenenfalls mit haushaltsrechtlichen Maßnahmen reagieren.“
Auf Antrag bei der Stadt können bei den kommunalen Steuern, insbesondere im Bereich der Gewerbesteuer Stundungen gewährt werden. Ebenfalls könnten Mieten, Nebenkosten und Pachten für städtische Gebäude und Grundstücke zinslos gestundet werden. Voraussetzung hierfür ist eine unverschuldete finanzielle Notlage des Antragsstellers, die auf die aktuelle Corona-Krise zurückgeht.
Für Kultur und Sport können bereits beschlossene Zuwendungen der Stadt flexibel gehandhabt werden. Dies kann beispielsweise ein vorzeitiges Auszahlen einzelner Förderraten umfassen.
Zudem hat der Gemeinderat fünf Millionen Euro an zusätzlichen Zuwendungen und Finanzhilfen für den Kultur- und Sportbereich bewilligt, die der Verwaltung zur Abmilderung außerordentlicher finanzieller Belastungen bei Einrichtungen und Vereinen zur Verfügung stehen werden.
Der städtische Haushaltsvollzug soll bis Ende Juli flexibilisiert werden, damit die Ämter schnell auf die neuen Aufgaben reagieren können.
Weitere E-Lastenradförderung – jetzt mit sozialer Komponente
Im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt 2020/2021 wurde von mehreren Gemeinderatsfraktionen angeregt, neben dem bereits 2018 aufgelegten und auch im Doppelhaushalt 2020/2021 fortgesetzten Förderprogramm der Landeshauptstadt Stuttgart „E-Lastenräder für Stuttgarter Familien“ ab dem Jahr 2020 eine weitere E-Lastenradförderung unter Berücksichtigung sozialer Komponenten einzuführen. Die Modalitäten dieser zusätzlichen Förderung hat der Gemeinderat am Donnerstag, 9. April, beschlossen.
Wesentlicher Kern der erstmals 2018 beschlossenen Richtlinie ist die Förderung bei Kauf oder Leasing von E-Lastenrädern durch Stuttgarter Familien mit mindestens einem Kind. Da sich jedoch eine Familie mit geringem Einkommen und ohne nennenswerte finanziellen Reserven die Anschaffung eines eigenen E-Lastenrades für beispielsweise 3.000 Euro auch mit einem Zuschuss von 1.000 Euro wirtschaftlich nicht leisten kann, hat der Gemeinderates eine ergänzende Förderung mit sozialen Komponenten beschlossen. Diese Förderung basiert auf der Annahme, dass Familien mit der Bonuscard + Kultur beziehungsweise der FamilienCard einer besonderen finanziellen Förderung bedürfen. Dafür sind im Doppelhaushalt 2020/2021 Haushaltsmittel in Höhe von jeweils 250.000 Euro in 2020 und 2021 vorgesehen.
Die Anforderungen, die Familien an die Nutzung eines E-Lastenrades haben, sind durchaus unterschiedlich. Aus diesen unterschiedlichen Anforderungen hat die Verwaltung mehre Fördermodelle zur Beschlussfassung vorgelegt. Zwei davon werden jetzt parallel umgesetzt. Beide Modelle schließen sich nicht gegenseitig aus.
Das Modell A (Kauf) sieht die Erhöhung des städtischen Zuschusses auf 1.500 Euro für Haushalte mit einer Bonuscard + Kultur beziehungsweise 800 Euro für Haushalte mit einer FamilienCard (nicht Familienpass des Landes Baden-Württemberg) vor, jeweils zuzüglich der beschlossenen E-Lastenradförderung von 1.000 Euro für 2020 bzw. 800 Euro für 2021. Der Nachhaltigkeitsbonus von 500 Euro ist bei den Erhöhungsbeträgen bereits eingerechnet und wird zur Vermeidung einer Überkompensation später nicht mehr zusätzlich ausgezahlt. Bei einem angenommenen Kaufpreis eines privaten E-Lastenrades von 3.000 Euro würde ein Eigenanteil von 500 Euro bei den Haushalten mit Bonuscard + Kultur verbleiben, was immer noch ein wirtschaftliches Problem darstellen könnte. Vorstellbar wäre hier beispielsweise eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Händler oder ein Darlehen. Gleichzeitig wurde zur Vermeidung von Fehlentwicklungen der Grundpreis der förderfähigen E-Lastenräder auf maximal 4.000 Euro und die absolute Förderhöhe auf 90 Prozent für Bonuscard + Kultur und 70 Prozent für FamilienCard-Inhaber festgelegt.
Im Modell B (Miete) erfolgt eine langfristig angelegte Vermietung – für mindestens sechs Monate am Stück – an alle Stuttgarter Haushalte. Um ein möglichst niederschwelliges Angebot bieten zu können, wird der Verleih auf mindestens zehn Ausgabestellen im Stadtgebiet verteilt. Dieses Modell eröffnet allen Interessierten die Möglichkeit, das E-Lastenrad über einen längeren Zeitraum – ohne den erheblichen finanziellen Investitionsaufwand von mehreren Tausend Euro – im Alltag zu testen und gegebenenfalls. danach zurückzugeben. Da die angedachte Zielgruppe wirtschaftlich nicht in der Lage ist, eine der Leistung angemessene Miete zu bezahlen, wurde ein politischer Mietpreis festgelegt. So bezahlen Haushalte mit einer Bonuscard + Kultur fünf Euro pro Monat und Haushalte mit der FamilienCard zehn Euro pro Monat. Alle Mietpreise enthalten den normalen (jährlichen) Service. Allen anderen Stuttgarter Haushalten wird dieses E-Lastenrad zum Marktpreis von 40 Euro pro Monat angeboten. Sollte das Modell 2 nicht entsprechend nachgefragt werden, könnten die dann gebrauchten E-Lastenräder nach einer gewissen Zeit wiederum an Interessierte der Zielgruppe verkauft werden.
Wer hat Anspruch auf die Bonuscard + Kultur bzw. die FamilienCard
Anspruchsberechtigt für den Erhalt der Bonuscard + Kultur sind ausschließlich Personen, die mit ihrem Hauptwohnsitz in Stuttgart gemeldet sind und
- Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II)
- Grundsicherung, Hilfe zum Lebensunterhalt sowie Leistungen in vollstationären
Pflegeeinrichtungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII)
- Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)
- Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz (WoGG)
- Kinderzuschlag nach dem BKGG (nicht Kindergeld)
- Einkommens- und vermögensabhängige Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Achtes Buch (SGB VIII) beziehen.
Die FamilienCard kann für alle Stuttgarter Kinder und Jugendliche bis einschließlich 16 Jahre, also bis zu einem Tag vor dem 17. Geburtstag, ausgestellt werden. Voraussetzung ist, dass der Gesamtbetrag der Jahreseinkünfte (nach § 2 Abs.3 EStG) 70.000 Euro nicht übersteigt. Für Familien mit vier oder mehr Kindern gibt es keine Einkommensgrenze.