Toben wieder erwünscht:

Die Sportvereinigung Feuerbach fährt Angebote wie Kinderturnen mit prominenter Unterstützung wieder hoch

Sportvg-Vorsitzender Markus Bott, re., eröffnete mit prominenter Unterstützung von Familien-, Kultus- und Sportministerin Susanne Eisenmann, hinten, und Wolfgang Drexler, Präsident des Schwäbischen Turnerbundes, li., die Kinderangebote am vergangenen Montag offiziell. Fotos: S. Müller-Baji Bild 1 von 5: Sportvg-Vorsitzender Markus Bott, re., eröffnete mit prominenter Unterstützung von Familien-, Kultus- und Sportministerin Susanne Eisenmann, hinten, und Wolfgang Drexler, Präsident des Schwäbischen Turnerbundes, li., die Kinderangebote am vergangenen Montag offiziell. Fotos: S. Müller-Baji

Großer Bahnhof an der Hugo-Kunzi-Halle: Die Sportvereinigung bietet zum ersten Mal seit dem 13. März, also seit Beginn der Corona-Zwangspause wieder ihr Kinderturnen an – und das ist Sensation genug, dass sich Susanne Eisenmann, Ministerin für Familie, Kultus und Sport Baden-Württemberg, wie auch Wolfgang Drexler, Präsident des Schwäbischen Turnerbundes in Feuerbach einfinden.

Die Kinder drinnen in der Halle kümmert das wenig: Sie arbeiten sich auf Rollbrettern liegend durch einen Parcours, der neben Slalom und Tunneln keine Wünsche übrig lässt. “Tüüt-tüt!!!” drängelt ein Bub und nimmt richtig Schwung, bevor es in die enge Kurve geht. Und im Abteil daneben steuern die Allerkleinsten, noch mit Unterstützung von Mama oder Papa den “Märchenwald” an – ein weiterer Parcours, der zum Klettern animiert und damit auch Balance und Koordination fördert. So ein Parcours ist ein guter Ansatz in Corona-Zeiten: Die kleinen Sportler sind gefordert, kommen sich aber weniger nahe als etwa bei Gruppenspielen.

“Schön, wenn die Augen der Kinder wieder leuchten”, freut sich da auch Sebastian Erler, Trainer der so genannten “Ballschule” der Sportvereinigung. Aber natürlich steht Corona trotz allem mitten im Raum: Am Eingang ist zuerst das Desinfizieren der Hände angesagt, getobt wird in Gruppen von maximal 20 Teilnehmern und alle müssen ihre Adresse hinterlassen. Für den Fall, dass doch eine Desinfektion auftritt und die Kontakte nachverfolgt werden müssen. Das wäre für Markus Bott, Präsident der Sportvereinigung Feuerbach 1883 e. V. freilich “der allerschlimmste Fall: Wenn jemand krank wird und wir wieder schließen müssen!”
Schon so hat die Corona-Zwangspause eine finanzielle Lücke hinterlassen. Wie hoch, wird erst bis Jahresende beziffern lassen. “Nicht existenzbedrohlich”, sagt Bott allerdings auch: Für den geplanten Erweiterungsbau des Vitadroms habe man Geld zur Seite gelegt, auf das man in der Krise zurückgreifen konnte. Und natürlich sei man auch im Lockdown nicht untätig gewesen, habe die sonst für den Sommer üblichen Reparaturen an der Halle vorgezogen und könne im Gegenzug sein Sportangebot auch über die Ferien anbieten: “Das ist auch für die Eltern gut: Viele werden dieses Jahr ja nicht in den Urlaub fahren.”

Unter Einhaltung der Hygieneregeln sollen auch die beiden Sportcamps stattfinden - wie immer in der ersten und in der letzten Sommerferienwoche. Für ersteres sind für Kurzentschlossene sogar noch einige wenige Restplätze frei. Und auch jenseits des Kinderturnens werden weitere Vereinsangebote schrittweise hochgefahren. All dies aber immer unter dem Vorbehalt, dass es keine Ansteckung unter den Teilnehmern gibt.
Bei der Pressekonferenz zum ersten Kinderturnen nach Corona, gibt man sich betont optimistisch, berichtet vom Brief, den man am 27. Mai an die Ministerin Eisenmann geschickt habe, mit der Bitte, doch wenigstens für die Kleinsten wieder Angebote machen zu dürfen. Und prompt, zum 1. Juli, seien nun ja die Vorgaben geändert worden, so Drexler, dessen Turnerbund immerhin rund 100 000 Mitglieder im Alter von 0 bis 6 Jahre umfasst. Kinder spielten bei der Verbreitung von Corona ja zum Glück keine Rolle, hieß es an diesem Nachmittag: Das hätten die Studien ja bewiesen.

Da stimmt allerdings nicht ganz: Die so oft zitierten Studien belegen zwar, dass Kinder nur sehr selten an Corona erkranken, also “keine Infektionstreiber” seien. Sie machen aber keine Aussage darüber, ob Kinder Corona außerhalb des Lockdowns nicht trotzdem an andere übertragen. Wenn sie frei von Symptomen bleiben und deshalb auch nicht husten, ist es durchaus möglich, dass sie dadurch das Virus seltener weitergeben. Einige Mediziner berichten andererseits von rätselhaften Häufungen anderer Krankheitsbilder bei Kindern und geben zu bedenken, dass Corona im jungen Alter vielleicht eine andere Erscheinungsform annehmen könnte.

Ohnehin verläuft der Ausstieg aus dem Lockdown durchaus nicht immer in nachvollziehbaren Schritten: Profifuß-ball ja, Schulsport nein. Obst- und Gemüsemarkt ja, Flohmarkt nein. Großdemonstrationen ja, Familienpicknick nein. Maskenpflicht in den Geschäften, aber maskenloses Gedränge draußen auf der Königsstraße. Ministerin Eisenmann betonte bei der Pressekonferenz jedenfalls, beim Kinderturnen erfasse man alle Adressen, so dass man im Notfall die Infektionswege nachvollziehen könne, “das können Sie bei einem Flohmarkt nicht!”
Vorerst bleibt Corona bei aller Vorsicht eine Gleichung mit vielen Unbekannten. Auch wenn sich Verein, Sportler, Kinder und ihre Eltern so sehr wünschen, dass sie aufgeht. Gerade tapst die kleine Maja (2 1/2) an der Hand von Papa Bernhard Polzinger in Richtung Parcours. Wie war denn die Stimmung so, daheim, im Lockdown? “Hat Aua gemacht!”, sagt die Kleine und will weiter. “Es ist schon gut, wenn die Kinder Gleichaltrige zum spielen haben”, lacht ihr Papa. Und dann geht es endlich auf in den “Märchenwald”.


Von Susanne Müller-Baji

Veröffentlicht am 07.07.2020