Begehbares Feuerbacher Gedächtnis

Fahrion-Villa

Fahrionstraße 27

Fahrion-Villa 2013 (Bild: Arendt) Bild 1 von 8: Fahrion-Villa 2013 (Bild: Arendt)

Die vormalige Uhlandstraße wurde 1938 in Fahrionstraße umbenannt. Namensgeber waren die Brüder Ludwig Fahrion (1860-1921) und Adolf Fahrion (1865-1937), langjährige Feuerwehrkommandanten und Werkmeister in Feuerbach (Bild 5). Sie waren die Söhne des Firmengründers Ludwig Albert Fahrion (1833-1905), der sich 1859 mit einem Zimmergeschäft verselbständigte (Bild 7) und vier Jahre später die Zimmerarbeiten beim Aufbau des ersten Feuerbacher Industrieunternehmens Jobst (Tunnelstraße 6) ausführte. Im Jahre 1883 wagte er den Schritt, zusammen mit dem Partner J. Schwarz das Baugeschäft Fahrion & Schwarz zu eröffnen. Nach dem Tode seines Partners übergab der Seniorchef 1895 seinen beiden Söhnen Ludwig und Adolf (Bild 5) das Unternehmen, welches ab 1901 als Gebr. Fahrion oHG, Baugeschäft firmierte.
In jener Zeit -bedingt durch die fortschreitende Industrialisierung- stieg die Bevölkerungszahl Feuerbachs stark an. Dieser für die größere Einwohnerzahl Feuerbachs kritischen Situation begeg­ne­te ein Kon­zept der  Gebrüder Fahrion, einen kostengünstigen, standardisierten Haustypus, das „Feuerbacher Haus“ der Bevölkerung anzubieten. Die entwickelten und in kurzer Zeit gefertigten Standardbauten eineinhalbstöckiger, giebelständiger Häuser in Ziegelbauweise ermöglich­ten mit dem günstigen Preis von 5900 RM einem größeren Bevöl­ke­rungskreis den Erwerb eines eigenen Hauses. Im ganzen Stadtgebiet Feuerbachs sind heute noch viele dieser Häuser (z.B. Burgenlandstraße 90) zu erkennen.
Ludwig Fahrion, der viele Jahre auch Vorsitzender des Gewerbevereins und Gemeinderat, Direktor der Gewerbebank und Vorsitzender der Deutschen Demokratischen Partei  gewesen ist, verließ 1919 wegen Krankheit das Unternehmen, wodurch sein Bruder Adolf als Alleininhaber die erfolgreiche Entwicklung der Firma fortsetzte.
Ludwig und Berta Fahrion sowie Adolf Fahrion hatten im Jahre 1906 das Gut Siegelberg (auch Gut Gaedertz) aus dem Besitz der Familie Gaedertz erworben.
Adolf Fahrion  verlegte 1927 den Geschäftsbetrieb in die Steiermärker Straße (Bild 6) und beauftragte nach schwierigen Jahren des Kapitalmangels in der Weltwirtschaftskrise seinen 1904 geborenen Sohn Alfred im Jahre 1932 mit der Geschäftsführung. Nach weiteren erfolgreichen Jahren dieser lange Jahre bedeutenden Feuerbacher Baufirma trat im Jahre 1978 Alfreds Sohn Joachim an die Spitze des Unternehmens. Nach Fehlentwicklungen musste im Jahre 2006 die Firmeninsolvenz erklärt werden. Das Firmengelände in der Steiermärker Straße (Bilder 6 und 7) wurde verkauft. Eine Nutzungsänderung ist geplant.
Rückblickend zeigte sich die Bedeutung der Firma Fahrion an der Errichtung vieler bedeutender Bauwerke im In- und Ausland, in Feuerbach war Fahrion u.a. am Bau der Objekte  Festhalle, Sporthalle, Burgenlandzentrum, Behr Verwaltungsgebäude, Krankenhaus 1952, Robert Bosch 1953 und 1956, Spedition Fritz 1954/55, Volksbank 1958 und CJD 1958 aktiv.

Ludwig Fahrion stellte im Jahre 1910 einen Antrag zum Bau der „Fahrion-Villa“ (Bilder 1 und 2), welche durch sein eigenes Unternehmen an der Ludwigstaffel 3 errichtet wurde. Die Immobilie wurde 1927 als Kapitalabfindung dem Direktor und Syndikus Dr. Hermann Ruland übereignet, der die Villa 1963 an die Familie Karl und Margarete Kritz weiterverkaufte. Die Postadresse hatte sich 1937 von Ludwigstaffel 3 zur Fahrionstaffel 3 und 1967 zur Fahrionstraße 27 geändert.
Die Villa, ein massives Bauwerk mit überdachtem Hauseingang, ist über eine längere Außentreppe erreichbar.
An dem den südwestlichen Treppeneingang (Bild 4) überwölbenden Bogen erkennt man das mit Zirkel, Winkel und Senkblei typische Symbol (Bild 3) der Freimaurer, ein „ethischer Bund freier Menschen mit der Überzeugung, dass die ständige Arbeit an sich selbst zu einem menschlichen Verhalten führt. Die fünf Grundideale der Freimaurerei sind Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität.“ Dieses Symbol lässt darauf schließen, dass der Bauherr Ludwig Fahrion –vielleicht auch sein Bruder Adolf-  zu den Freimaurern gehört hatte. Einen Nachweis dazu konnte jedoch aus den Freimaurer-Mitgliederlisten nicht erbracht werden.


Quellen: Wikipedia, Gebr. Fahrion, Grundbuchheft 1456, Adressbuch Feuerbach 1929, Die Stuttgarter Straßennamen, Gerhard Sonnabend